Nr. 3: In erheblicher Weise dauernd entstellt - Schönheits-OP
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T greift O mit einem Baseball-Schläger an. Dabei zertrümmert T Os Unterkiefer, sodass Os Gesicht schwerwiegend deformiert wird. O hat bereits einen Termin zur Rekonstruktion seines Gesichtes bei einem Chirurgen. Die Erfolgsaussichten sind gut.
Einordnung des Falls
Nr. 3: In erheblicher Weise dauernd entstellt - Schönheits-OP
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Mit der Körperverletzung hat T den O "erheblich entstellt" (§ 226 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB).
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Ja, in der Tat!
2. O ist auch "dauerhaft" entstellt (§ 226 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB).
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Nein!
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Prokurist
30.11.2022, 00:50:43
Ist das bei § 226 I Nr. 3 und der „dauernden Entstellung“ auch die Ansicht der Rspr.? Denn in den Fällen des § 226 I Nr. 2 soll das Opferverhalten laut BGH ja explizit keine Berücksichtigung für das Merkmal „dauernd nicht mehr gebrauchen“ finden. Eine kurze Rückmeldung wäre sehr hilfreich :)

Lukas_Mengestu
1.12.2022, 11:19:26
Hallo Alexander, die Eigenschaft der Langwierigkeit ist gesetzliche Voraussetzung aller schweren Folgen und damit Bestandteil des Erfolgsmerkmals in § 226 (MüKoStGB/Hardtung, 4. Aufl. 2021, StGB § 226 Rn. 6). Die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Beeinträchtigung bedarf einer Prognoseentscheidung des Tatgerichts. Die konkrete Möglichkeit und im Urteilszeitpunkt gegebene Wahrscheinlichkeit der operativen Beseitigung des Schadens ohne unzumutbares Risiko oder untragbare Kostenlast schließt einen Dauerschaden nach Ansicht der Literatur jedenfalls aus (BeckOK StGB/Eschelbach, 55. Ed. 1.11.2022, StGB § 226 Rn. 3). Die Rechtsprechung betont demgegenüber, dass ein Dauerschaden grds. anzunehmen sei, wenn er nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Urteils vorliegt und jedenfalls nicht sicher ist, dass er mit zumutbaren Heilmaßnahmen in näherer Zukunft behoben werden wird (BeckOK StGB/Eschelbach, 55. Ed. 1.11.2022, StGB § 226 Rn. 3 mwN). Richtig ist, dass gerade die jüngere Rechtsprechung es dem Opfer freistellt, sich behandeln zu lassen (BGHSt 62, 36 (40)). Hat sich das Opfer aber für die Behandlung entschieden und ist in näherer Zukunft mit der Beseitigung des Schadens zu rechnen, so dürfte auch die Rechtsprechung in einem solchen Fall dazu kommen, die Langwierigkeit - und damit die schwere Körperverletzung - abzulehnen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team