Gesonderter Verjährungsbeginn
19. Februar 2025
16 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und B werden im Januar 2019 wegen eines am 01.07.2013 gemeinsam begangenen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) verurteilt, der erst am 15.07.2013 beendet war. A wird auch wegen eines tateinheitlichen Diebstahls verurteilt. Am 05.07.2018 war ein Durchsuchungsbeschluss gegen A ergangen.
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Einordnung des Falls
Gesonderter Verjährungsbeginn
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Sowohl die Verjährungsfrist des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB), als auch die des Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) betragen fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Da Diebstahl und Betrug tateinheitlich begangen wurden, beginnt die Verjährungsfrist für beide Taten erst mit Beendigung des Betruges (§ 78a S. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Soweit der Diebstahl betroffen ist, muss das Revisionsgericht das Urteil wegen Verjährung aufheben und das Verfahren einstellen (§ 354 Abs. 1 StPO).
Ja, in der Tat!
4. Die Verjährung des Betruges kann durch den gegen A gerichteten Durchsuchungsbeschluss nur mit Wirkung gegen A, nicht auch gegen B, unterbrochen werden (§ 78c Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StGB).
Nein!
5. Erfolgt eine Maßnahme der Verjährungsunterbrechung (§ 78 Abs. 1 StGB), wird nach h.M. die Verjährung nur für das Delikt unterbrochen, auf das sich die Maßnahme bezieht.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
jurafuchsles
16.1.2024, 10:01:16
das gilt aber für den Diebstahl hier nicht oder? Da dieser zum Zeitpunkt der Durchsuchung schon verjährt war?
Niro95
14.1.2025, 08:56:12
Ja, so würde ich das sehen. Eine Verjährung, die schon eingetreten ist, kann nicht unterbrochen werden.

Sebastian Schmitt
7.2.2025, 10:41:41
Hallo @[jurafuchsles](108594), hallo @[Niro95](239383), es kann definitiv so sein, wie Ihr sagt! Letztlich hängt das davon ab, wann genau der
tateinheitliche Diebstahl begangen wurde. Wir sagen ja in der Sachverhaltsdarstellung, dass der Betrug erst am 15.7.2013 beendet war. Geht man davon aus, dass der Diebstahl sofort beendet war (also schon am 1.7.2013), ist er verjährt und die Verjährung kann in der Tat nicht mehr unterbrochen werden. War der Diebstahl dagegen ebenfalls erst am 15.7.2013 (oder zumindest nach der Durchsuchungsanordnung am 5.7.2013) beendet, kann sich die Unterbrechung nach hM auch auf den Diebstahl erstrecken. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Sebastian Schmitt
7.2.2025, 11:04:20
Hallo @[jurafuchsles](108594), hallo @[Niro95](239383), es kann definitiv gut so sein, wir Ihr sagt! Letztlich hängt das davon ab, wann genau der Diebstahl beendet war. Wir sagen ja in unserer Sachverhaltsdarstellung, dass der Betrug erst am 15.7.2013 beendet war. Schließt man daraus im Umkehrschluss, dass der Diebstahl sofort, also am 1.7.2013, beendet war, ist er in der Tat verjährt und kann weder verfolgt noch kann die Verjährungsfrist noch unterbrochen werden. Geht man dagegen davon aus, dass der Diebstahl ebenfalls erst am 15.7.2023 bzw zumindest weniger als 5 Jahre vor der Durchsuchungsanordnung am 5.7.2018 beendet war, kann er nach hM noch unterbrochen werden. Dass Diebstahl und Betrug hier
tateinheitlich zusammentreffen, ändert daran grds nichts, weil sich die Verjährung separat für jede Gesetzesverletzung bestimmt (s nur BGH NStZ-RR 2009, 43). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
flosch
17.3.2024, 15:59:46
Ausweislich Fischer § 78c Rn. 14a StGB und Kaiserskript "Die Staatsanwaltklausur im Assessorexamen" Rn. 57k unterbrechen
Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnung grundsätzlich die Verjährung gegenüber allen bekannten Tatverdächtigen.
juravulpes
25.3.2024, 22:57:18
Der BGH sieht das auch so, vgl. NStZ 2011, 711.
Geithombre
14.6.2024, 17:54:42
Bin da ganz bei Euch! Eine Anpassung der Passage wäre super, das scheint mir eher eine Meinung aus der (Kommentar)Literatur zu sein. Der MüKo vertritt das in Rn. 5 aE und verweist u.a. auf Schönke/Schröder Rn. 24, der dort wiederum dies genau nicht sagt, sondern explizit für
Beschlagnahmeund Durchsuchung eine Unterbrechung ggü. allen Tatverdächtigen annimmt, solange keine Einschränkungen ersichtlich sind.
Florian
3.10.2024, 10:23:21
Push: Es wäre schön, wenn sich bei der Darstellung zur S2-Klausur an der Rspr orientiert würde :)

vulpes iuris
22.12.2024, 15:31:42
Das ist einer von vielen (!) Fällen, in denen Nutzer:innen mit guten Argumenten auf etwaige Fehler/Ungenauigkeiten hinweisen, um dann einfach monatelang vom Jurafuchs-Team ignoriert zu werden.
Niro95
3.2.2025, 07:28:52
Ja, und es wäre so leicht zu beheben…

2cool4lawschool
4.2.2025, 17:18:15
@[Sebastian Schmitt](263562) @[Linne_Karlotta_](243622) @[Lukas_Mengestu](136780) könntet ihr das bitte anpassen / ergänzen? In dem Modul sind solche Kommentare vermehrt aufgetaucht. :(

Sebastian Schmitt
7.2.2025, 10:26:15
Hallo @[flosch](217904), hallo @Florian, hallo @[2cool4lawschool](265024), vielen Dank für den Hinweis. Ihr habt in der Sache nicht Unrecht und wir sollten die Aufgabe hier präzisieren. Die Lage scheint mir aber doch etwas komplexer, als sie hier diskutiert wird. Zunächst zum Hinweis von flosch: Auf das Kaiser-Skript habe ich gerade keinen Zugriff, vermute aber, dass es dort kaum anders stehen wird als im Fischer. Dort heißt es: "Die Anordnung richtet sich idR gegen jeden bekannten Tatverdächtigen, auch wenn im
Rubrumnur ein bestimmter Be
schuldigter genannt worden ist." (Rn 14a) Entscheidend ist nach § 78c IV StGB, ob sich die Durchsuchung(sanordnung) auch auf Mittäter "bezieht". Das soll eben bei der Durchsuchung regelmäßig der Fall sein, setzt allerdings voraus, dass der Mittäter überhaupt schon konkret bekannt ist und nicht später überhaupt erst ermittelt wird (insoweit haben wir jetzt einen Hinweis hinzugefügt, weil wir das nach der Sachverhaltsdarstellung bewusst offen lassen wollen). Nichts anderes sagt BGH NStZ 2011, 711, @[juravulpes](240712). Nach meinem Eindruck sieht das die Lit ebenfalls nicht grundlegend anders, @[Geithombre](138034). MüKoStGB/Mitsch, aaO betont schlicht, dass es eben keinen Automatismus gibt und wir für jeden Be
schuldigten vor dem Hintergrund des § 78c IV StGB genau hinschauen müssen. Unterscheiden sollten wir insbesondere zwischen subjektbezogenen (zB Vernehmung) und breiter bezogenen Ermittlungsmaßnahmen (zB Durchsuchung) (dazu auch Schönke/Schröder/Bosch, aaO; Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Saliger, StGB, 6. Aufl 2023, § 78c Rn 18). Und @[vulpes iuris](261497) und @[Niro95](239383): Wir können Eure Frustration gut verstehen. Ihr könnt Euch aber sicher sein, wir ignorieren hier niemanden bewusst. Das Problem ist nur, dass wir mittlerweile so viele Hinweise und Fragen im Forum bekommen, dass wir nicht mehr zeitnah auf alles antworten können. Fähige Leute können wir uns leider nicht backen und sie müssen auch bezahlt werden, wobei wir natürlich die Kosten und dann evtl nötige Anpassungen der Abo-Preise im Blick behalten müssen. Dazu kommt, dass nicht alle Hinweise so gut und detailliert sind wie Eure, sondern manche viel Zeit zum Durchschauen der konkreten Aufgabe brauchen. Und auch diese Antwort hier schreibt sich nicht in 5 Minuten, gerade weil es inhaltlich etwas mehr ins Detail geht. Sorry deshalb, falls es mal länger dauert! Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

2cool4lawschool
12.2.2025, 12:41:25
Vielen Dank!!! :) @[Sebastian Schmitt](263562)

Sinan
10.10.2024, 17:29:51
Das zweite Datum im Bild ist falsch. Es müsste 15.07.2013 (wie in der Aufgabe) heißen.

Linne_Karlotta_
30.10.2024, 15:23:21
Hallo Sinan, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team