Spezifische Tiergefahr / schlafender Hund


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die A und die B matchen sich auf Tinder und vereinbaren ein Date bei der B. Während sich die beiden dort auf der Couch unterhalten, legt sich der Dackel der B neben der Couch auf den Boden und döst vor sich hin. Als A aufsteht und zur Toilette gehen will, stolpert sie über den Hund und bricht sich das Genick.

Einordnung des Falls

Spezifische Tiergefahr / schlafender Hund

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat einen Personen- oder Sachschaden erlitten (§ 833 S. 1 BGB).

Ja!

§ 833 S. 1 BGB verlangt (1) einen Personen- oder Sachschaden, der (2) durch ein Tier verursacht wurde, wobei der (3) Anspruchsgegner Tierhalter und (4) das Tier ein Luxustier sein muss. Personen- oder Sachschaden meint die Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder Eigentum. Insoweit gilt das gleiche Verständnis wie bei § 823 Abs. 1 BGB. A wurde an ihrem Körper verletzt. As Genickbruch ist eine Verletzung des Körpers.

2. Das Verhalten des Dackels war äquivalent kausal für die Körperverletzung der A.

Genau, so ist das!

Die Verletzung muss "durch ein Tier" verursacht werden. Dies setzt voraus, dass (1) das Tierverhalten äquivalent kausal war und (2) sich in der Verletzung die spezifische Tiergefahr verwirklicht hat. Hätte der Dackel nicht auf dem Boden gelegen, wäre A nicht gestolpert und hätte sich nicht das Genick gebrochen.

3. Die Verletzung beruht nur dann auf der spezifischen Tiergefahr, wenn sich das Tier unberechenbar verhält.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Verletzung "durch ein Tier" setzt voraus, dass sie auf einer Verwirklichung der spezifischen Tiergefahr beruht, d.h. auf einem unberechenbaren, selbstständigen Verhalten des Tieres. Weil auch "normales" oder "natürliches" tierisches Verhalten gefährlich sein kann, gehört auch dieses zur spezifischen Tiergefahr. Die Verletzung ist aber immer dann nicht durch die spezifische Tiergefahr verursacht, wenn das Tier ausschließlich dem Willen und der Leitung einer Person folgt.

4. Die Verletzung der A beruht auf der spezifischen Tiergefahr des Dackels, obwohl sich der Dackel nicht bewegt hat.

Ja!

OLG Hamm: Die Verletzung beruhe auch dann auf der spezifischen Tiergefahr, wenn ein Tier ein gefährliches Verkehrshindernis bildet, weil es sich eigenmächtig ohne Rücksicht auf den Verkehr in den Verkehrsraum begeben hat und dort ruht. Ein solches unbekümmertes Verhalten entspreche der tierischen Natur. Es sei nicht darauf abzustellen, dass der Hund regungslos auf dem Boden lag und schlief, sondern darauf, wie das Tier in seine Lage gelangt sei. Hier hat sich der Hund nicht etwa auf Grund irgendeiner Einwirkung durch B, die ihm keine andere Freiheit ließ, sondern frei und von selbst neben der Couch schlafen gelegt.

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TJU

Tr(u)mpeltier junior

31.1.2021, 16:50:24

Etwas drastisch, dass A sich gleich das Genick bricht. Ein Arm hätte es vielleicht auch getan bzw das verletzte Knie des ausgangsfalls ;-)

Fahrradfischlein

Fahrradfischlein

3.2.2021, 12:06:29

Das erspart mir jetzt das Lesen der Originalentscheidung, danke 😂 kam mir auch etwas drastisch vor, dass sie sich das Genick bricht. Wobei es natürlich stimmt, je krasser der Fall desto besser die Speicherfähigkeit im Gehirn.

Daniel

Daniel

2.2.2021, 15:40:10

Habe mal von einem Gedächtnissportler gehört, dass je drastischer die Bilder sind (Gewalt, Sex etc.), desto "MERKWÜRDIGER" für das Gehirn und umso besser behält man es sich 😉

Daniel

Daniel

2.2.2021, 15:42:42

Hiermit bezweckte ich die Antwort auf den Kommentar von T(r)umpeltier Hunior, ist aber jetzt blöderweise ein eigener Thread🙊

Daniel

Daniel

2.2.2021, 15:43:10

*Junior (sorry)

TJU

Tr(u)mpeltier junior

2.2.2021, 16:43:54

Finde ich vom Grundsatz her plausibel :) nur muss man ein wenig aufpassen, dass man sich keine unerwünschten folgeprobleme schafft. Konkret in dem Fall stellt sich mir zumindest die Frage, welcher Schaden entstanden ist und wer diese geltend machen soll. In Betracht kommt nur ein anspruchsübergang auf mögliche erben. Über die gibt es aber im SV keine Angaben. Auch kommen wohl nur Schadenspositionen nach § 844 bgb in Betracht, da mangels leiden des A ein Schmerzensgeld nach 253 bgb nicht in Betracht kommt. Zu 844 fehlen indes wieder Hinweise im SV :) long story short, durch As tod wird alles etwas komplizierter..

t o m m y

t o m m y

5.2.2021, 16:46:39

ein genickbruch muss ja nicht tödlich sein :p

Denislav Tersiski

Denislav Tersiski

15.8.2023, 10:56:23

Würde man Mitverschulden von A annehmen?

CitiesOfJudah

CitiesOfJudah

14.9.2023, 15:55:34

Das kommt wohl auf die genauen Umständen an, die zu der Verletzung von A geführt haben, diesbezüglich ist der Sachverhalt etwas dünn. Im Originalfall hat das OLG Hamm ein Mitverschulden abgelehnt, denn die Verletzte habe "die Sorgfalt gewahrt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch in der Situation zu beachten hatte, um eigenen Schaden zu vermeiden. [...] Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht in einer derartigen Situation nach der Rechtsprechung keine Pflicht, den Blick ohne einen Anhaltspunkt sofort nach unten zu richten und den Boden vor sich auf etwaige Hindernisse zu kontrollieren"


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