Nachbürgschaft - Grundfall

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B will seine Kunstkarriere endlich entfachen. Da er zu schlechte Darlehenskonditionen bei G bekommen würde, nimmt S für B das Darlehen auf. B bürgt für S. Aufgrund von Bs schlechter finanzieller Lage bürgt wiederum Bs Nichte N für B. Bei Fälligkeit der Forderung können weder B noch S zahlen.

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Einordnung des Falls

Nachbürgschaft - Grundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B und N haften gesamtschuldnerisch als Mitbürgen für die Hauptforderung, die G gegen S hat (§ 769 BGB).

Nein!

Bei der Mitbürgschaft verbürgen sich mehrere für dieselbe Verbindlichkeit des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger. Mitbürgen haften gesamtschuldnerisch (§ 769 BGB). Der zahlende Bürge erhält bei Zahlung nicht die gesamte Hauptforderung, sondern nur den entsprechend dem bestehenden Ausgleichsverhältnis ausgleichspflichtigen Teil (§§ 774 Abs. 2, 426 BGB). B und N haften nicht gemeinsam für dieselbe Verbindlichkeit. N haftet für die Bürgenschuld, die B gegenüber G eingegangen ist und nicht für die Schuld, die S gegenüber G hat. B und N sind also keine Mitbürgen.
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2. Hier staffeln sich mehrere Bürgschaftsverpflichtungen. Liegt eine Teilbürgschaft zwischen B und N vor?

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei einer Teilbürgschaft staffeln sich mehrere Bürgschaftsverpflichtungen. Die einzelnen Bürgen haften nicht gleichberechtigt nebeneinander, sondern unabhängig. Jeder Bürge haftet dabei nur für einen Teilbetrag der Hauptforderung und nicht alle für dieselbe Verbindlichkeit (wie bei der Mitbürgschaft). Da die Bürgen nicht gesamtschuldnerisch (§ 769 BGB) haften, findet auch kein interner Regress zwischen den Bürgen statt. B und N haften nicht für unterschiedliche Teile derselben Hauptverbindlichkeit, sondern für unterschiedliche Verbindlichkeiten. B haftet für die Verbindlichkeit der S, N für die des B. Es liegt keine Teilbürgschaft vor.

3. Bei Ns Bürgschaft handelt es sich vielmehr um eine Nachbürgschaft.

Ja, in der Tat!

Es gibt neben der bereits kennengelernten, „normalen“ Form der Bürgschaft eines Bürgen auch besondere Formen. Dazu zählt auch die Nachbürgschaft. Bei der Nachbürgschaft sichert der Nachbürge gegenüber dem Gläubiger die Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung des Vorbürgen. Der Gläubiger kann sich erst an den Nachbürgen wenden, wenn der Vorbürge seine Verpflichtung nicht erfüllt. Für den Nachbürgen ist der Vorbürge der Hauptschuldner. Wie bei der normalen Bürgschaft ist auch diese Verpflichtung streng akzessorisch zur Hauptverbindlichkeit, also der Schuld des Vorbürgen. N haftet für B gegenüber G. B haftet für S gegenüber G. Es liegt eine Nachbürgschaft vor.

4. G durfte N aus ihrer Bürgenverpflichtung in Anspruch nehmen.

Ja!

Bei der Nachbürgschaft sichert der Nachbürge gegenüber dem Gläubiger die Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung des Vorbürgen. Der Gläubiger kann sich erst an den Nachbürgen wenden, wenn der Vorbürge seine Verpflichtung nicht erfüllt. N haftet nachrangig. S konnte die Verpflichtung gegenüber G nicht erfüllen. Für S sollte B einspringen. B war aber ebenfalls zahlungsunfähig. Nun haftet N. G durfte N in Anspruch nehmen.

5. Ist die Schuld, die S gegenüber G hatte, im Wege der Legalzession direkt nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB auf N übergegangen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Zahlt ein Bürge auf die Hauptverbindlichkeit des Schuldners, geht diese im Wege der Legalzession samt Nebenrechten auf den zahlenden Bürgen über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Bürge kann aber nur die Forderung erhalten, für die er sich verbürgt hat. N hat nicht aufgrund der Hauptverbindlichkeit des S gezahlt, sondern wegen der Bürgschaftsverbindlichkeit des B gegen G. Nur die Schuld des B ist somit direkt auf N übergegangen.

6. Nach h.M. geht die Schuld der S gegenüber G aber nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB analog auf N über.

Ja, in der Tat!

Eine analoge Anwendung kommt in Betracht, wenn (1) eine vergleichbare Interessenlage und eine (2) planwidrige Regelungslücke vorliegt. Nach h.M. ist dies bei der Nachbürgschaft der Fall. Obwohl der Nachbürge sich nicht direkt für die Schuld des Hauptschuldners des Vorbürgen verbürgt, ist seine Zahlungspflicht doch von der Zahlungsfähigkeit von beiden abhängig. Es wäre unbillig, wenn der Hauptschuldner (zufällig) doch noch an Geld kommt, aber aus der Zahlungsverpflichtung, die sich ja gegen ihn richtete, entlassen wäre. Es liegt also eine vergleichbare Interessenlage vor. Auch ist von der Planwidrigkeit der Regelungslücke auszugehen. Die Schuld der S geht mit Zahlung der Nachbürgin N auf N über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB analog). N kann somit S und B in Regress nehmen.
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