Zivilrecht

Kreditsicherungsrecht

Rückgriff des Sicherungsgebers

Nachbürgschaft - Einwendung des Hauptschuldners gegen Vorbürgen

Nachbürgschaft - Einwendung des Hauptschuldners gegen Vorbürgen

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S und B wollen gemeinsam ein Darlehen aufnehmen. Da S bessere Konditionen bekommt, nimmt S das Darlehen bei G auf. B bürgt für sie. Im Innenverhältnis tragen beide das Darlehen zu gleichen Teilen. Für B bürgt wiederum N. Bei Fälligkeit können weder S noch B zahlen. ‌

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Einordnung des Falls

Nachbürgschaft - Einwendung des Hauptschuldners gegen Vorbürgen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. N ist Nachbürge.

Genau, so ist das!

Bei der Nachbürgschaft sichert der Nachbürge gegenüber dem Gläubiger die Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung des Vorbürgen. Der Gläubiger kann sich erst an den Nachbürgen wenden, wenn der Vorbürge seine Verpflichtung nicht erfüllt. Für den Nachbürgen ist der Vorbürge der Hauptschuldner. Wie bei der „normalen“ Bürgschaft ist auch diese Verpflichtung streng akzessorisch zur Hauptverbindlichkeit, also der Schuld des Vorbürgen. N haftet für B gegenüber G. B haftet für S gegenüber G. Es liegt eine Nachbürgschaft vor.
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2. N kann ausschließlich B in Regress nehmen, nicht S (vgl. § 774 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Bei Zahlung des Nachbürgen geht die Verbindlichkeit seines Hauptschuldners – des Vorbürgen – auf ihn über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB). Nach h.M. wird jedoch § 774 BGB analog auf die Nachbürgschaft angewandt. Obwohl der Nachbürge sich nicht direkt für die Schuld des Hauptschuldners des Vorbürgen verbürgt, ist er doch von der Zahlungsfähigkeit von beiden abhängig. Es wäre unbillig, wenn der Hauptschuldner (zufällig) doch noch an Geld kommt, aber aus der Zahlungsverpflichtung, die sich ja gegen ihn richtete, entlassen wäre. Die Schuld des S geht mit Zahlung des Nachbürgen N auf N über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB analog). N kann somit S und B in Regress nehmen.

3. S hatte gegen B eine Einwendung aus dem Innenverhältnis.

Ja!

Zwischen dem Hauptschuldner und dem Vorbürgen besteht in aller Regel eine vertragliche Beziehung. Der Bürge wird nicht spontan und von sich aus die Bürgschaft für irgendjemanden übernommen haben. Häufig gibt es zwischen den beiden Abreden (sog. Innenverhältnis). Zahlt der (Vor-)Bürge, kann sein Hauptschuldner ihm diese Einreden aus dem Innenverhältnis immer noch entgegenhalten (§ 774 Abs. 1 S. 3 BGB).B und S haben im Innenverhältnis vereinbart, das Darlehen zu gleichen Teilen, gemeinsam zu verwenden und auch die Darlehenslast zu gleichen Teilen zu tragen. Hätte B gezahlt, müsste S dem B deshalb auch nur die Hälfte der erworbenen Hauptforderung zurückzahlen. Dies haben sie schließlich so im Innenverhältnis vereinbart.

4. Es ist einhellig anerkannt, dass der Hauptschuldner auch dem Nachbürgen die Einwendungen aus dem Innenverhältnis mit dem Vorbürgen entgegenhalten kann (§ 774 Abs. 1 S. 3 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ob der Hauptschuldner dem Nachbürgen die Einwendungen aus dem Innenverhältnis mit dem Vorbürgen entgegenhalten kann, ist umstritten. Die Argumente für und gegen diese Möglichkeiten lernst Du im Folgendenkennen. Was denkst Du? Sind Dir schon Argumente eingefallen? Dieses (exotische) Problem solltest Du nicht auswendiglernen! Eine systematische Erarbeitung der Argumente anhand des Gesetzes und anhand von Zweckgedanken ist in der Klausur essenziell. Mit etwas Übung kannst Du Dir die nachfolgenden Ansichten einfach selbst erarbeiten.

5. Der Umstand, dass keine schuldrechtliche Verbindung zwischen Nachbürgen und Hauptschuldner besteht, spricht dafür, dass der Schuldner dem Nachbürgen die Einwendungen entgegenhalten kann.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Ansicht vertritt, dass der Hauptschuldner die Einwendungen aus dem Innenverhältnis nicht gegenüber dem Nachbürgen geltend machen kann. Für diese Ansicht spricht, dass der Nachbürge nichts mit dem Verhältnis zwischen Vorbürgen und Hauptschuldner zu tun hat. Interne Abreden würden einem Vertrag zu Lasten Dritter gleichkommen. § 774 Abs. 1 S. 3 BGB solle nicht ermöglichen, dass sich der Hauptschuldner gegenüber einem Dritten (dem Nachbürgen) besser stellt. Der Rechtsgedanke der Abtretung (§ 404 BGB) sei dabei nicht anwendbar. Denn die Forderung gegen S erhält der Vorbürge durch den Gläubiger. Die Einwendungen bestehen aber gegenüber den Vorbürgen. Anders als bei der Abtretung können also die Einwendungen nicht „weitergegeben“ werden. ‌

6. Die herrschende Meinung ist für die Möglichkeit, die Einwendungen aus dem Innenverhältnis auch dem Nachbürgen entgegenzuhalten.

Ja!

Für diese Möglichkeit spricht, dass der Hauptschuldner so zu stellen ist, wie wenn der Vorbürge geleistet hätte. Durch den verkürzten Regressweg ist der Nachbürge dem Vorbürgen gleichgestellt. Zudem hat der Nachbürge bewusst das Insolvenzrisiko des B übernommen. Nimmt er aber den völligen Zahlungsausfall in Kauf, muss der Nachbürge erst recht auch die „Altlasten“, die gegenüber Vorbürgen und Hauptschuldner bestehen, mitübernehmen. Zuletzt wird für die h.M. angebracht, dass § 404 BGB analog angewandt werden soll. Der Schuldner soll Einwendungen auch gegenüber dem neuen Forderungsinhaber – dem Nachbürgen – geltend machen können. ‌

7. Nach h.M. muss S nur die Hälfte an N zahlen (vgl. § 774 Abs. 1 S. 3 BGB).

Genau, so ist das!

Nach h.M. hat der Hauptschuldner die Möglichkeit, die Einwendungen aus dem Innenverhältnis, die er gegenüber den Vorbürgen hatte, auch dem Nachbürgen entgegenzuhalten. S und B hatten vereinbart, dass beide das Darlehen im Innenverhältnis hälftig tragen. Mit Zahlung des N ist die Hauptforderung gegen S auf N übergegangen (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB analog). Nach h.M. kann S dem N nun entgegenhalten, dass S gegenüber B nur die Hälfte des Regressanspruchs hätte zahlen müssen.
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