Strafrecht
BT 6: Urkundsdelikte u.a.
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Abgewandelter Grundfall: Examenszeugnis
Abgewandelter Grundfall: Examenszeugnis
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Referendar T ist durch die zweite juristische Staatsprüfung gefallen. Er hat nun genug von der juristischen Ausbildung und will lieber direkt als Anwalt in der Großkanzlei durchstarten. Daher erstellt er sich ein - als Fälschung nicht erkennbares - Examenszeugnis mit 14 Punkten.
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Einordnung des Falls
Abgewandelter Grundfall: Examenszeugnis
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Examenszeugnis stellt ein taugliches Tatobjekt im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB dar.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Taugliche Tathandlung der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) kann nur das Verfälschen einer echten Urkunde sein.
Nein!
3. Indem T das Examenszeugnis erstellte, hat er eine echte Urkunde verfälscht (§ 267 Abs. 1 Var. 2 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
4. T hat jedoch eine unechte Urkunde hergestellt (§ 267 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Tinki
8.11.2024, 20:51:50
bzgl. der Echtheit kommt es doch gerade nicht darauf an, dass T nicht sein 2. Examen abgelegt hat, sondern nur darauf ob Aussteller tatsächlich der ist, der aus der Urkunde als solcher hervorgeht, oder? Weil das nicht der Fall ist, ist die Urkunde nicht echt würde ich sagen.
Leo Lee
10.11.2024, 05:13:43
Hallo Tinki, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ist 267 einer der schwierigeren Tatbestände, weshalb es völlig normal ist, Probleme damit zu haben. Deshalb: Nicht verzagen! Der Fälschung wird die Beweisfunktion u.a. deshalb attestiert, weil sie vor allem - wie du völlig zutreffend angemerkt hat - sich wie eine "echte" Urkunde geriert. Bei Vervielfältigungen und Abschriften kannst du dir es wie folgt merken: Wenn eine bestimmte Schrift ein bestimmtes Exemplar GERADE auch aus Urkunde dienen soll (etwa bei Durchschriften der Fall), dann liegt eine Beweisfunktion vor. Wenn hingegen der Inhaltlich lediglich reproduziert wird, ohne dass anderweitig erkennbar ist, dass dieser Abschrift gerade eine Beweisfunktion zukommen soll, dann liegt KEINE Beweisfunktion vor. Hier ist dann weiterhin eine Beglaubigung nötig. Hierzu kann ich die frei zugängliche und wirklich sehr schön und übersichtlich gestaltete Seite von Juracademy empfehlen (findest du hier: https://www.juracademy.de/strafrecht-bt3/urkundenfaelschung.html). Außerdem kann ich auch die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Erb § 267 Rn. 92 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Tinki
8.11.2024, 20:59:57
Hier wird der Fälschung die Beweisfunktion attestiert. Ist das der Fall, weil sie als solche nicht erkennbar ist? Ist das der entscheidende Punkt? Ich habe Schwierigkeiten damit, zu bestimmen, wann zB Vervielfältigungen und Abschriften die Beweisfunktion haben oder nicht haben. Kommt es darauf an, dass der Rechtsverkehr das Stück als Beweis akzeptiert? In vorherigen Fällen wird auf den Willen des Ausstellers abgestellt... Ich bin verwirrt und würde mich über eine Antwort sehr freuen. LG
Leo Lee
10.11.2024, 05:14:38
Hallo Tinki, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Genauso ist es. Bei der Echtheit ist einzig entscheidend, ob derjenige, der als Aussteller hervorgeht (er muss dabei NICHT derjenige sein, der die Urkunde verfasst - sog. Geistigkeitstheorie), nicht mit dem tatsächlichen Aussteller übereinstimmt. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Erb § 267 Rn. 26 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo