konstitutives negatives Schuldanerkenntnis

4. Juli 2025

16 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A klagt gegen B ein Gewährleistungsrecht aus Kaufvertrag ein. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist nur schwer zu beweisen. B steht zugleich ein Kaufpreisanspruch gegen A zu. Es kommt zu einem Vergleich unter „Abgeltung sämtlicher wechselseitigen Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis“.

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Einordnung des Falls

konstitutives negatives Schuldanerkenntnis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei der Abgeltungsklausel handelt es sich um ein negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Das negative Schuldanerkenntnis ist ein Vertrag zwischen dem Gläubiger und Schuldner darüber, dass eine Forderung jedenfalls jetzt nicht mehr besteht (§ 397 Abs. 2 BGB). Da das Anerkenntnis dem Erlass gleichgestellt ist, sind auch die Voraussetzungen des Erlasses notwendig – also die Verfügungsbefugnis des Gläubigers. Hier liegt ein wechselseitiges negatives Schuldanerkenntnis vor. Die Parteien (A und B) erklären beide, dass gegenseitige Forderungen aus dem Rechtsverhältnis (Kaufvertrag) nicht mehr bestehen.Anders als das positive Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB), ist das negative formfrei möglich.
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2. Das negative Schuldanerkenntnis erfasst auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannte Ansprüche.

Ja, in der Tat!

Das negative Schuldanerkenntnis bewirkt den Ausschluss von allen Ansprüchen, die nach Auslegung der Vereinbarung vom negativen Schuldanerkenntnis umfasst sein sollen. Vorliegend handelt es sich um eine typische Ausgleichsklausel in einem Prozessvergleich. Da die Parteien willentlich eine so weite Formulierung wählten, ist davon auszugehen, dass sie auch potenziell noch bestehende Forderungen ausschließen wollten. Sie hat konstitutiven Charakter. Den Parteien ist es also grundsätzlich verwehrt, Forderungen aus dem Rechtsverhältnis geltend zu machen. Wenn der Gläubiger nicht mit dem Bestehen der Forderung gerechnet hat und dies auch nicht musste, besteht ein Kondiktionsanspruch aus § 812 Abs. 2, 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

juramen

juramen

15.5.2023, 11:43:50

Toll, wie ihr die Probleme hier herausgearbeitet habt. Ich würde mir noch ein paar Aufgaben mehr wünschen, um das erlernte Wissen auch festigen zu können. Liebe Grüße

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.5.2023, 13:25:54

Vielen Dank, Juramen! Freut uns sehr, dass es Dir gefällt. Gerne nehmen wir Deinen Vorschlag auf, hier noch weitere Fälle zu ergänzen :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Eli8

Eli8

17.10.2023, 09:51:24

Was wäre denn beim Kondiktionsanspruch hier das erlangte Etwas?

WO

Wolli

29.1.2024, 09:36:36

Das wäre einfach die Befreiung von der Verbindlichkeit, über die das negative

Schuldanerkenntnis

geschlossen wurde

QUIG

QuiGonTim

4.12.2023, 23:26:56

Verstehe ich es richtig, dass der Unterschied zum Aufhebungsvertrag darin besteht, dass im Falle eines derart weitgehenden negativen

Schuldanerkenntnis

ses das Schulverhältnis im weiteren Sinne (hier: der

Kaufvertrag

) noch besteht, während beim Aufhebungsvertrag das

Schuldverhältnis im weiteren Sinne

aufgehoben wird?

STE

Stella2244

24.4.2024, 16:34:41

Das würde mich auch interessieren

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

17.5.2025, 12:52:09

Hallo @[QuiGonTim](133054) und @[Stella2244](227540), das ist grundsätzlich richtig. Insbesondere hier macht das auch einen essenziellen Unterschied, da mit der Aufhebung des

Kaufvertrag

s der Rechtsgrund für die

Übereignung

entfallen würde und die Leistungen zurückverlangt werden könnte. Durch das negative

Schuldanerkenntnis

werden jedoch lediglich wechselseitige Ansprüche ausgeschlossen. Das wäre mit einem Aufhebungsvertrag auch in der Form nicht möglich, da es ja um gesetzliche Gewährleistungsansprüche geht und nicht um vertragliche begründete

Primärleistungspflicht

en. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

STE

Stella2244

24.4.2024, 16:42:01

könntet ihr euren Maßstab bitte noch einmal erklären?

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

17.5.2025, 12:53:40

Hallo @[Stella2244](227540), wir haben unseren Maßstab jetzt korrigiert. Falls du noch Fragen hast, sag gerne noch einmal Bescheid. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

5.1.2025, 00:54:31

Wie grenze ich § 780 von § 781 BGB ab? Ich habe gesehen, dass diese teilweise zusammen zitiert werden,

was m

ich verwirrt hat.

LELEE

Leo Lee

6.1.2025, 11:00:05

Hallo Artimes, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Um dir vorab mal die Sorge zu nehmen: Du bist nicht alleine mit diesem Gefühl, da der MüKo und die Ruhr-Uni-Bochum dir ebenfalls zustimmt. Diese unterscheiden ebenfalls nicht wirklich zw. 780 und 781; vielmehr ist hier wichtig, dass du zw. dem abstrakten und

deklaratorisch

en

Anerkenntnis

unterscheidest. Die RUB sagt sogar, dass die 780 und 781 kaum zu unterscheiden seien (findest du hier: https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://homepage.ruhr-uni-bochum.de/karsten.hake/

Schuld

R%2520BT_Sachenrecht/Wintersemester/Vertiefung/

Schuld

recht%2520BT/10_Vergleich,%2520

Schuldversprechen

%2520und%2520

Schuldanerkenntnis

,%)! Dies hat den folgenden Grund: Bereits in den Motiven wird klar, dass 780 und 781 ursp. unter "§ 683 BGB" zusammengefasst waren. Folglich standen sich die beiden Normen schon immer nahe. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Habersack § 780 Rn. 8 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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