+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A klagt gegen B ein Gewährleistungsrecht aus Kaufvertrag ein. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist nur schwer zu beweisen. B steht zugleich ein Kaufpreisanspruch gegen A zu. Es kommt zu einem Vergleich unter „Abgeltung sämtlicher wechselseitigen Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis“.

Einordnung des Falls

konstitutives negatives Schuldanerkenntnis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei der Abgeltungsklausel handelt es sich um ein negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB).

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Genau, so ist das!

Das negative Schuldanerkenntnis ist ein Vertrag zwischen dem Gläubiger und Schuldner darüber, dass eine Forderung jedenfalls jetzt nicht mehr besteht (§ 397 Abs. 2 BGB). Da das Anerkenntnis dem Erlass gleichgestellt ist, sind auch die Voraussetzungen des Erlasses notwendig – also die Verfügungsbefugnis des Gläubigers. Hier liegt ein wechselseitiges negatives Schuldanerkenntnis vor. Die Parteien (A und B) erklären beide, dass gegenseitige Forderungen aus dem Rechtsverhältnis (Kaufvertrag) nicht mehr bestehen.Anders als das positive Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB), ist das negative formfrei möglich.

2. Das negative Schuldanerkenntnis erfasst auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannte Ansprüche.

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Ja, in der Tat!

Das negative Schuldanerkenntnis bewirkt den Ausschluss von tatsächlichen und rechtlichen Einwendungen gegen die Forderung, die der Gläubiger bei Abgabe des Anerkenntnisses kannte oder mit denen er rechnen musste. Vorliegend handelt es sich um eine typische Ausgleichsklausel in einem Prozessvergleich. Da die Parteien willentlich eine so weite Formulierung wählten, ist davon auszugehen, dass sie auch potenziell noch bestehende Forderungen ausschließen wollten. Sie hat konstitutiven Charakter. Den Parteien ist es also verwehrt, Forderungen geltend zu machen, von denen sie bei Abschluss der Klausel Kenntnis haben konnten. Wenn der Gläubiger nicht mit dem Bestehen der Forderung gerechnet hat und dies auch nicht musste, besteht ein Kondiktionsanspruch aus § 812 Abs. 2, 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

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