Zivilrecht

Sachenrecht

Negatorischer Abwehr- und Unterlassungsanspruch

Besteht eine Duldungspflicht bei wesentlicher, aber ortsüblicher Einwirkung (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB)?

Besteht eine Duldungspflicht bei wesentlicher, aber ortsüblicher Einwirkung (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB)?

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft sich ein Haus in einem Dorf, obwohl sie weiß, dass dort 15 Taubenzüchter ansässig sind. Sie fühlt sich schnell von der unmittelbar benachbarten Taubenzucht gestört, weil die 40 Tauben täglich von 6-9 Uhr sowie mittags eine Stunde über ihr Grundstück kreisen.

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Einordnung des Falls

Besteht eine Duldungspflicht bei wesentlicher, aber ortsüblicher Einwirkung (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB)?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Duldungspflicht der Beeinträchtigung durch die Tauben könnte sich aus § 906 BGB ergeben.

Genau, so ist das!

Eine Duldungspflicht nach § 906 BGB besteht, wenn (1) die Störung nur unwesentlich ist (Abs. 1) oder (2) die Störung zwar wesentlich, aber ortsüblich ist und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (Abs. 2).
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2. Liegt hier eine bloß unwesentliche Beeinträchtigung von Ks Eigentum vor (§ 906 Abs. 1 BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Beeinträchtigung ist wesentlich, wenn sie auch unter Würdigung öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist. Dies ist anhand Empfindens eines verständigen Durchschnittsmenschen zu ermitteln. LG Itzehoe: Die Geräuschbelästigung bei fortdauernder Wiederholung des Flugvorganges könne ungeachtet der zeitlich begrenzten Flugdauer für das Empfinden eines „normalen Durchschnittsmenschen" eine Störung begründen, die die Wesentlichkeitsgrenze des § 906 Abs.1 BGB übersteigt

3. Es handelt sich aber um eine ortsübliche Beeinträchtigung.

Ja!

Ortsüblich ist die Benutzung, wenn im gesamten Gemeindegebiet als Vergleichsbezirk eine Vielzahl von Grundstücken mit einer nach Art und Umfang annähernd gleich beeinträchtigenden Wirkung auf andere Grundstücke benutzt werden. Laut Sachverhalt gibt es im Dorf neben der unmittelbar benachbarten Taubenzucht noch 14 weitere Taubenzuchten. Selbst, wenn in unmittelbarerer Nähe innerhalb des Wohngebiets keine weitere Zucht betrieben wird, ist trotzdem das Merkmal der gleichen Beeinträchtigung auf andere Grundstücke im Dorf erfüllt. Im Originalfall gab es auch keine zumutbaren Möglichkeiten den Fluglärm zu reduzieren, sodass eine Duldungspflicht bejaht wurde. Mit Blick auf das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis ist eine die Duldung allerdings auf eine bestimmte Anzahl der Zuchttiere beschränkt (Rspr: 20-160 Tauben).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Peter

Peter

20.12.2023, 15:12:36

Ich finde, dass die Beeinträchtigung im SV präziser beschrieben werden muss. Würde es nur um die Tauben an sich gehen, wären diese als Grobimmission anzusehen und

§906

daher abzulehnen. Es scheint aber um den Fluglärm durch die Tauben zu gehen, was durch den SV zunächst nicht deutlich wird.


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