Zivilrecht

Sachenrecht

Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

Garten-Öltank als wesentlicher Wohnhausbestandteil

Garten-Öltank als wesentlicher Wohnhausbestandteil

22. November 2024

4,9(14.614 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E und A sind Nachbarinnen. Nach Absprache erlaubt E der A, ihren Öltank auf dem Grundstück der E zu vergraben. Der Öltank ist mit der Heizung im Haus der A verbunden. E glaubt nun, sie sei Eigentümerin des Öltanks.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Garten-Öltank als wesentlicher Wohnhausbestandteil

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E hat Eigentum an dem Öltank nach § 929 S. 1 BGB erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB setzt (1) die Einigung darüber voraus, dass das Eigentum an der Sache übergehen soll, (2) die Übergabe der Sache, (3) das Einigsein bei Übergabe und (4) die Verfügungsbefugnis des Veräußerers. E hat A nur erlaubt, ihren Öltank auf dem Grundstück der E zu vergraben. Daraus lässt sich nicht schließen, dass A und E vereinbaren wollten, dass E Eigentümerin werden soll.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. E könnte Eigentum aber kraft Gesetzes durch das Eingraben des Öltanks in ihrem Grundstück erworben haben (§ 946 BGB).

Ja!

Neben dem rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb kann Eigentum auch kraft Gesetzes erworben werden. Vorliegend kommt der Eigentumserwerb durch Verbindung mit einem Grundstück (§ 946 BGB) in Betracht. Dies setzt voraus, dass eine bewegliche Sache, dergestalt mit dem Grundstück verbunden worden ist, dass sie wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) des Grundstücks wird.

3. Der Öltank ist wesentlicher Bestandteil von As Haus (§ 94 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes zählen die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen (§ 94 Abs. 2 BGB). Das sind sämtliche Sachen, die dem Gebäude sein spezifisches Gepräge geben. Dazu gehört auch die Heizungsanlage. Nach der Rechtsprechung des BGH sei es dabei unschädlich, wenn sich die Heizungsanlage außerhalb des Gebäudes befindet. Der Öltank gehört hier zur Ölheizung der A. Diese wiederum ist wesentlicher Bestandteil von As Villa. Damit ist auch der Öltank ein wesentlicher Bestandteil (§ 94 Abs. 2 BGB) der Villa von A.

4. Der Öltank ist fest mit Es Grundstück verbunden und damit wesentlicher Bestandteil des Grundstücks der E (§ 94 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

BGH: § 94 Abs. 2 BGB gehe als speziellere Norm den Vorschriften des § 94 Abs. 1 BGB vor. Ist etwas also wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes, das auf einem Grundstück steht, könne es nicht gleichzeitig wesentlicher Bestandteil des Nachbargrundstücks sein. Der Öltank ist wesentlicher Bestandteil von As Villa (und damit auch As Grundstück. Er kann damit nicht zugleich wesentlicher Bestandteil von Es Grundstück sein.Es kommt hier also nicht auf die Frage an, ob der Öltank ohne Beschädigung wieder aus der Erde ausgebaut werden kann.

5. Ist E Eigentümerin des Öltanks durch Verbindung mit ihrem Grundstück geworden?

Nein!

Der Eigentumserwerb durch Verbindung mit einem Grundstück (§ 946 BGB) setzt voraus, dass eine bewegliche Sache, dergestalt mit dem Grundstück verbunden worden ist, dass sie wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) des Grundstücks wird. Der Öltank ist nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks der E, sondern ist wesentlicher Bestandteil von As Villa. Mithin hat E nicht nach § 946 BGB Eigentum an dem Öltank erworben. Weitere Erwerbstatbestände kommen hier nicht in Betracht.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PH

Philippe

5.6.2022, 22:45:03

Hm, ich denke, dass es eher richtig wäre, von einem

Scheinbestandteil

auszugehen, da der Öltank aufgrund einer Gestattung verbaut wurde und dementsprechend nicht anzunehmen ist, dass dieser dauerhaft auf dem Grundstück verbleiben sollte. Der Wortlaut spricht dagegen, jede Verbindung für § 94 II BGB ausreichen zu lassen. Ebenso das Publizitätsprinzip. Ein wie auch immer gearteter Vorrang von § 94 II gegenüber § 94 I BGB ist für mich nicht erkennbar; vielmehr kollidieren auch hier Gebäude- und Grundstücksakzession, weil sich der Tank gerade auf einem anderen Grundstück befindet.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

23.6.2022, 18:00:21

Hallo Philippe, du hast Recht, dass nicht jegliche Verbindung ausreichen kann. Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Gegenstand Bestandteil eines Gebäudes, wenn nach der Verkehrsanschauung das Gebäude ohne als unfertig anzusehen ist. Insbesondere zu Heizungsanlagen besteht eine seit Jahrzehnten gefestigte Rechtsprechung, wonach eine Heizungsanlage

wesentlicher Bestandteil

eines Gebäudes ist. Ein Rangverhältnis lässt sich nicht ablesen. Allerdings gebietet die Rechtssicherheit keinen Vorrang des § 94 Abs. 1 BGB. Vielmehr entspricht es der Verkehrssicherheit, dass Gegenstände, ohne die ein Gebäude als unfertig einzustufen ist vom Eigentum umfasst sind. Zudem können Öltanks in der Regel ohne größere Beschädigung desselben oder des Erdreichs wieder entfernt werden. Viele Grüße, Nora – für das Jurafuchs-Team

Edward Hopper

Edward Hopper

19.11.2022, 18:54:49

Heißt kein Eigentum an dem Tanker? Aber ist doch

wesentlicher Bestandteil

des Hauses geworden und somit auch automatisch Eigentums erwerb des Grundstückeigentümers?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.11.2022, 14:56:12

Hallo Edward, schau Dir hier gerne noch einmal den Sachverhalt und die Hinweise an. Richtig ist, dass der Tanker

wesentlicher Bestandteil

von As (!) Haus ist. Obwohl er also auf dem Grundstück des E eingegraben wird, geht er nicht in Es Eigentum über, sondern bleibt als

wesentlicher Bestandteil

von As Haus ein Bestandteil von As Grundstück (§ 94 Abs. 1 BGB) und damit As Eigentum. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

15.9.2023, 12:17:58

Wie sähe es denn bei nicht physisch verbundenen Sachen aus, die zur Herstellung des Gebäudes eingefügt werden, z.B. ein Funkmast auf dem Grundstück der E, der für die Steuerung der Smarthome-Elemente des Hauses der A erforderlich ist :D. Ich vermute, bei so Sachen wie Satellitenschüsseln oder Solarpanelen hätte man ja in jedem Fall eine irgendwie geartete physische Verbindung (Kabel), sodass hier derjenige in der Rolle der A Eigentümer wäre.

BRSA

BrSa

4.8.2024, 12:41:33

Um den Sachverhalt etwas zu vereinfachen, wäre es schön die Geschlechter zu unterscheiden oder durchgängig die Buchstaben zu nutzen. Teilweise ist es unklar, wer mit sie gemeint ist.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen