Scheinbestandteile

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

P pachtet von V ein leeres Grundstück, das im Eigentum der V steht. Dabei ist P berechtigt, während der Dauer des Pachtvertrags eine Scheune auf dem Grundstück zu errichten, um dort seine Werkzeuge zu verstauen. P errichtet die Scheune.

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Einordnung des Falls

Scheinbestandteile

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat kraft Gesetzes Eigentum an der Scheune erworben, wenn sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden ist (§ 946 BGB).

Genau, so ist das!

Nach § 946 BGB erwirbt der Eigentümer eines Grundstücks das Eigentum an beweglichen Sachen, die mit dem Grundstück so verbunden werden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden.
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2. Ein Gebäude, das auf einem Grundstück errichtet wird, ist immer wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Grundsätzlich sind Gebäude wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks, wenn diese fest mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB). Etwas anderes kann sich aber ergeben, wenn das Gebäude nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Boden verbunden worden ist (§ 95 Abs. 1 S. 1 BGB) oder das Gebäude von einem Berechtigten in Ausübung eines Rechts an dem fremden Grundstück mit dem Grundstück verbunden worden ist (§ 95 Abs. 1 S. 2 BGB). Dann handelt es sich bloß um ein Scheinbestandteil.

3. Die Vereinbarung zwischen P und V, wonach P die Scheune errichten darf, ist rein schuldrechtlicher Natur und hat keinen Einfluss auf § 946 BGB.

Nein!

Die schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen einem Eigentümer und z.B. dem Pächter, wonach der Pächter ein Gebäude auf dem Grundstück errichten darf, begründet die Vermutung, dass der Pächter das Gebäude nur für die Laufzeit des Vertrags und damit nur vorübergehend errichtet.

4. Die von P errichtete Scheune ist wesentlicher Bestandteil des Grundstücks von V.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 95 Abs. 1 S. 2 BGB sind solche Gebäude, die in Ausübung eines fremden Rechts an einem Grundstück mit dem Grundstück verbunden worden sind, nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. P hat die Scheune hier in Ausübung seines Rechts aus dem Pachtvertrag errichtet. Die Scheune ist dabei auch nur vorübergehend für die Laufzeit des Pachtvertrags errichtet worden und damit lediglich ein Scheinbestandteil .

5. V hat durch den Bau der Scheune Eigentum an der Scheune erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 946 BGB erwirbt der Eigentümer eines Grundstücks das Eigentum an beweglichen Sachen, die mit dem Grundstück so verbunden werden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden. Die Scheune ist kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, sondern lediglich ein Scheinbestandteil. V hat damit kein Eigentum nach § 946 BGB an der Scheune erworben.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Blan

Blan

31.8.2023, 15:06:34

Kann hier die Vermutung der nur vorübergehenden Verbindung nicht sowieso auf §§581 II, 539II BGB gestützt werden?

PAUL

Paulinski99

30.11.2023, 13:16:56

Hallo, ich habe mal eine Frage: Was ist der Unterschied zwischen dem S. 1 und dem S. 2 des § 95 BGB? Ich dachte bisher immer, dass sich der Satz 1 auf Scheinbestandteile bezieht, die aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrags (§ 581, § 535) mit dem Grund und Boden verbunden sind, während Satz 2 dingliche Rechtsgeschäfte meint (§ 1018, 1030). Beim genauerem Durchlesen verwirrt mich jetzt aber die unterschiedliche Formulierung, da Satz 1 von "Sachen" spricht und Satz 2 von "Gebäuden oder anderen Werk".

Nora Mommsen

Nora Mommsen

30.11.2023, 17:55:00

Hallo Paulinski, danke für deine Frage! Bei Satz 1 ist der Zweck des vorübergehenden Einbaus entscheidend. Es ist allerdings nicht auf bewegliche Sachen beschränkt. Die objektiven Gegebenheiten, zB vertragliche Vereinbarungen, sind nicht als solche entscheidend, sondern dienen nur der Ermittlung bzw. Bestätigung des Willens des Einfügenden. Verbindet ein Mieter, Pächter oder ähnlich schuldrechtlich Berechtigter Sachen mit dem Grund und Boden, spricht regelmäßig eine Vermutung dafür, dass dies nur zu einem vorübergehenden Zweck geschieht. Bei Satz 2 steht im Vordergrund, dass in Ausübung eines Rechts gehandelt wird, wie du schon gesagt hast. Dabei hast du absolut Recht, dass es sich um dingliche Rechte handeln muss nach dem Wille des Gesetzgebers. § 95 Abs. 1 S. 2 BGB trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, dass derjenige, der in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück eine Sache mit dem Grundstück oder einem wesentlichen Bestandteil des Grundstücks verbindet, in der Regel nicht das Grundstück auf Dauer verbessern, sondern nur seinem Recht dienen will. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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