Windkraftanlage

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E verpachtet sein Grundstück für 20 Jahre an P. P errichtet auf dem Grundstück eine Windkraftanlage, die eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von 20 Jahren hat. Nach 10 Jahren will P die Windkraftanlage veräußern. E behauptet, er sei Eigentümer der Anlage.

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Einordnung des Falls

Windkraftanlage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E könnte Eigentum an der Windkraftanlage durch Verbindung mit seinem Grundstück erworben haben (§ 946 BGB).

Ja!

Neben dem Eigentumserwerb kraft Rechtsgeschäft besteht auch die Möglichkeit, Eigentum kraft Gesetzes zu erwerben. Hierzu zählt die Verbindung mit einem Grundstück (§ 946 BGB). Voraussetzung hierfür ist, dass eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden wird, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird.
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2. Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück verbunden, ist die Sache immer wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundsätzlich werden bewegliche Sachen wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks, wenn diese fest mit dem Grund und Boden verbunden werden (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB). Etwas anderes kann sich aber ergeben, wenn die Sache nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Boden verbunden worden ist (§ 95 Abs. 1 S. 1 BGB). Dann handelt es sich bloß um einen Scheinbestandteil. Eine solche Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck liegt vor, wenn die spätere Entfernung der Sache von Anfang an beabsichtigt wurde.

3. Es greift eine tatsächliche Vermutung, dass P die Windkraftanlage nur 20 Jahre mit dem Grundstück verbinden wollte.

Ja, in der Tat!

BGH: Verbindet ein Pächter eine Sache mit dem gepachteten Grundstück, greife eine tatsächliche Vermutung, dass er die Sache lediglich für die Dauer des Pachtverhältnisses mit dem Grundstück verbinden und nicht den Eigentümer des Grundstücks über das Pachtende hinaus "bereichern" wolle (RdNr. 8). P hat das Grundstück für 20 Jahre gepachtet. Es greift daher die Vermutung, dass er die Windkraftanlage nach Ablauf dieser Zeit wieder entfernen wollte und damit lediglich eine Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck vorliegt.

4. Gegen die Einordnung der Anlage als Scheinbestandteil, könnte man einwenden, dass sie dort für ihre gesamte wirtschaftliche Lebensdauer verbleiben sollte.

Ja!

Teilweise wird vertreten, dass bei einer Sache, die zur Erzielung eines wirtschaftlichen Ertrages mit einem Grundstück verbunden werde, der Zweck anhand der wirtschaftlichen Nutzungsdauer zu bestimmen sei. Soll sie für die gesamte wirtschaftliche Lebensdauer mit dem Grundstück verbunden bleiben, sei dies kein „vorübergehender“ Zweck mehr. Die Windkraftanlage hat eine wirtschaftliche Lebensdauer von 20 Jahren und gerade für diesen Zeitraum soll sie auch mit dem Grundstück verbunden werden. Nach dieser Ansicht wurde die Anlage nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden.

5. Ist die Windkraftanlage nach h.M. wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die h.M. und insbesondere der BGH gehen hingegen davon aus, dass die wirtschaftliche Nutzungsdauer nicht ausschlaggebend dafür sei, ob ein Gegenstand zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden ist. Es komme alleine auf die (nach außen in Erscheinung tretende) Willensrichtung zur Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck an. P war nur Pächter des Grundstücks, auf dem er die Windkraftanlage errichtet hat. Damit spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er die Windkraftanlage nur für den Pachtzeitraum (20 Jahre) mit dem Grundstück verbinden wollte. Danach handelt es sich um ein Scheinbestandteil.

6. Dafür, dass es auf die Lebensdauer nicht ankommt, spricht die Rechtssicherheit.

Ja, in der Tat!

Würde P den Pachtvertrag bereits nach 15 Jahren kündigen, hätte er die Sache gerade nicht für die gesamte wirtschaftliche Nutzungsdauer der Sache mit dem Grundstück verbunden. Dies würde zu Wertungswidersprüchen führen. So wäre die Windkraftanlage bei einem Pachtvertrag, der (zunächst) nur für 15 Jahre geschlossen wurde, nicht wesentlicher Bestandteil und würde daher im Eigentum des P verbleiben, während er bei einem Pachtvertrag, der 20 Jahre besteht, Eigentum des E würde. Ferner könne die wirtschaftliche Lebensdauer der Windkraftanlage auch nur schwer im Vorhinein bestimmt werden, was zu zusätzlicher Rechtsunsicherheit führen würde.

7. Kann P die Windkraftanlage nach der h.M. nach 10 Jahren veräußern?

Ja!

Der Eigentümer einer Sache kann diese grundsätzlich auch veräußern (§ 903 BGB). P könnte das Eigentum allerdings nach § 946 BGB an E verloren haben, wenn die Windkraftanlage als bewegliche Sache wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) der Sache geworden ist. P hat die Windkraftanlage ursprünglich nur für die Dauer des Pachtverhältnisses mit dem Grundstück verbunden. Mithin erfolgte die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck. Dass die Pachtzeit mit der wirtschaftlichen Nutzungsdauer zusammenfällt, ist unbeachtlich. Die Windkraftanlage ist also nur Scheinbestandteil (§ 95 BGB) des Grundstücks. E hat somit nicht Eigentum an der Windkraftanlage nach § 946 BGB erworben.
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