Vertreter sagt "für den Vertretenen" § 164 Abs. 1 S. 2 A. 1


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V schickt Mittelsmann M zur Privatauktion des A, um ein Bild für maximal €10.000 zu ersteigern. Während der Auktion ruft M: „Ich biete €5.000 im Namen des V!“. Die €5.000 bleiben das Höchstgebot. A erteilt den Zuschlag.

Einordnung des Falls

Vertreter sagt "für den Vertretenen" § 164 Abs. 1 S. 2 A. 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M hat eine eigene Willenserklärung abgegeben (§ 164 Abs. 1 BGB).

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Ja, in der Tat!

Die Voraussetzungen der Stellvertretung sind: (1) die Zulässigkeit der Stellvertretung, (2) die Abgabe einer eigenen Willenserklärung des Vertreters, (3) im Namen des Vertretenen, (4) innerhalb seiner Vertretungsmacht. Zu 2: Der Vertreter gibt eine eigene Willenserklärung ab, wenn er nicht lediglich eine fremde Willenserklärung übermittelt (Erklärungsbote, vgl. § 120 BGB). Die Abgrenzung erfolgt nach dem äußeren Erscheinungsbild. Hier hat M deutlich gemacht, dass er selbst das Gebot abgibt. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er eine eigene Willenserklärung abgeben und nicht bloß eine fremde Willenserklärung übermitteln möchte.

2. M hat diese Erklärung in fremdem Namen abgegeben (§ 164 Abs. 1 BGB).

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Ja!

Nach dem Offenkundigkeitsprinzip muss der Geschäftspartner des Vertretenen (hier: Privatauktionär A) in seiner Privatautonomie geschützt werden, indem der Vertreter entweder ausdrücklich (§ 164 Abs. 1 S. 2. Alt. 1 BGB) oder konkludent (§ 164 Ab. 1 S. 2 Alt. 2 BGB) beim Handeln gegenüber dem Erklärungsempfänger erkennen lässt, dass das Rechtsgeschäft Fremdwirkung entfalten soll. Hier hat M ausdrücklich gesagt, dass er sein Gebot im Namen des V abgibt.

3. M hat die Willenserklärung im Rahmen seiner Vertretungsmacht abgegeben (§ 164 Abs. 1 BGB).

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Genau, so ist das!

Die Vertretungsmacht kann sich (1) aus Rechtsgeschäft (gewillkürte Vertretung), aus Gesetz oder aus organschaftlicher Stellung in einer Gesellschaft (gesetzliche und organschaftliche Vertretung) ergeben. Hier hat V den M bevollmächtigt, ein Bild bis zum Preis von €10.000 zu erwerben. M hat eine Willenserklärung zum Kauf des Bildes über €5.000 abgegeben. Er handelte damit im Rahmen seiner Vertretungsmacht.

4. Zwischen V und A ist ein Kaufvertrag zustande gekommen.

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Ja, in der Tat!

Ein Kaufvertrag besteht aus zwei übereinstimmenden Willenserklärungen. Bei Versteigerungen ist das Gebot der Vertragsantrags des Bieters, der Zuschlag die Annahme des Versteigerers (§ 156 S. 1 BGB). V hat, wirksam vertreten durch M (§ 164 Abs. 1 BGB), ein Angebot über €5.000 gemacht. A hat das Angebot durch Zuschlag angenommen.

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QU

QuiGonTim

18.9.2023, 14:44:22

Ich verstehe nicht ganz, welchen Sinn dieser Fall an dieser Stelle haben sollte. Wurde darin im Vergleich zu den vorangegangenen Fällen irgendein neues Problem aufgeworfen?


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