Offenes Geschäft für den, den es angeht


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K bittet seinen Freund F, einen neuen Thermomix für ihn zu kaufen, der gerade bei V im Angebot ist. Als F mit dem Thermomix in der Hand zu V an die Kasse geht, sagt er: "Ich kaufe den Thermomix für meinen Freund." V ist dies gleichgültig.

Einordnung des Falls

Offenes Geschäft für den, den es angeht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. F hat eine eigene Willenserklärung abgegeben (§ 164 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Der Vertreter gibt eine eigene Willenserklärung ab, wenn er nicht lediglich eine fremde Willenserklärung übermittelt (Erklärungsbote, vgl. § 120 BGB). Die Abgrenzung erfolgt nach dem äußeren Erscheinungsbild. Ein Indiz für eine Stellvertretung liegt vor, wenn der Mittelsmann Entscheidungsspielraum eingeräumt bekommt, der bei Übermittlung einer fremden Willenserklärung nicht genutzt werden könnte. Hier hat K den F lediglich gebeten, ihm einen neuen Thermomix zu kaufen, ohne eine eigene Willenserklärung in Form eines Kaufangebots vorzuformulieren. Des Weiteren steht F ein (enger) Ermessensspielraum in Bezug auf die Auswahl des Geräts zu.

2. Wirksame Stellvertretung erfordert, dass der Vertreter die Willenserklärung im fremden Namen abgibt (§ 164 Abs. 1 BGB, Offenkundigkeitsprinzip).

Ja, in der Tat!

Die Voraussetzung für eine wirksame Stellvertretung sind: (1) die Zulässigkeit der Stellvertretung, (2) die Abgabe einer eigenen Willenserklärung des Vertreters, (3) im Namen des Vertretenen, (4) innerhalb seiner Vertretungsmacht. Die Voraussetzung, dass der Vertreter die Willenserklärung "in fremden Namen" abgibt (Offenkundigkeitsprinzip), soll den Geschäftspartner des Vertretenen in seiner Privatautonomie schützen.

3. F hätte die genaue Person, die er vertreten möchte (K), gegenüber V offenlegen müssen, um das Offenkundigkeitsprinzip zu wahren.

Nein!

Wirksame Stellvertretung setzt voraus, dass der Vertreter die Willenserklärung "in fremdem Namen" abgibt (Offenkundigkeitsprinzip). Dies soll den Geschäftspartner des Vertretenen in seiner Privatautonomie schützen. F macht deutlich, dass er "für einen Freund" handeln will, aber nicht für wen genau. Bei einem solchen offenen Geschäft für den, den es angeht ist das Offenkundigkeitsprinzips gewahrt, da die Stellvertretung erkennbar ist. Der Geschäftsgegner muss selbst entscheiden, ob er sich trotz der Unkenntnis vom Vertragspartner auf das Vertretergeschäft einlässt. Da V dennoch kontrahiert, ist er nicht schutzwürdig.

4. F hat die Willenserklärung im Rahmen seiner Vertretungsmacht abgegeben (§ 164 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Die Vertretungsmacht kann sich (1) aus Rechtsgeschäft (gewillkürten Vertretung), (2) aus Gesetz oder (3) aus organschaftlicher Stellung in einer Gesellschaft (gesetzliche und organschaftliche Vertretung) ergeben. K hat F rechtsgeschäftlich bevollmächtigt, das „Angebot“ über den Thermomix bei V wahrzunehmen. Damit handelt F im Rahmen seiner Vertretungsmacht.

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UNBE

UnbekannterNutzer

16.2.2021, 12:07:56

Wenn jemand Produkt x zu einem festen Preis kaufen soll, dann liegt mE keine eigene WE vor. Bzgl des im Lösungstext genannten Ermessensspielraum sehe ich keine Hinweise im SV. Das zu kaufende Produkt und der Preis sind schließlich bereits von K bestimmt.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

16.2.2021, 14:26:11

Hallo, interessante Anmerkung. In unserem Fall steht aber ganz klar, dass F erklärt, den Thermomix für jemand anderen zu kaufen. Mithin überbringt er keine fremde Erklärung (Bote), sondern gibt eine eigene Willenserklärung im fremden Namen ab (Stellvertreter). Ob die Kaufsache einen festen Preis hat, spielt dann eigentlich keine Rolle mehr.

UNBE

UnbekannterNutzer

16.2.2021, 16:18:34

Aber allein die Aussage, etwas für jemand anderes kaufen zu wollen, genügt doch nicht den Kriterien für eine eigene WE? Ich dachte immer, dass ein Ermessensspielraum eine zwingende Voraussetzung für eine eigene WE ist und dadurch der Bote vom Stellvertreter abgegrenzt wird.

JO

JohannesU

9.2.2022, 12:23:19

Ein Ermessensspielraum entsteht doch bereits dadurch, dass der Vertreter ein bestimmtes Gerät aussucht. Hier wurde dem Vertreter lediglich mitgeteilt, er solle einen Thermomix kaufen. Das konkrete Gerät im Geschäft hat der Vertreter ausgesucht.

HGWrepresent

HGWrepresent

22.3.2024, 12:22:35

@[JohannesU](158586) Naja… Es sind alles identische Thermomixe zu identischen Preisen, nicht? Wenn die Mutter ihr Kind zum Bäcker schickt, um für Preis X einen Laib Krustenking3000 zu kaufen, liegt auch eine Botenschaft vor, obwohl das Kind auch sagen kann, ich möchte diesen Laib Krustenking und nicht diesen… Ich finde das vorliegend auch sehr dünn formuliert für eine eigene WE

Easy Peasy

Easy Peasy

4.4.2024, 16:17:24

Ich habe mich nach dem SV auch etwas gewundert, warum hier keine Botenschaft vorliegt. Immerhin sollte ein Thermomix zum Preis X (= Gerät im Angebot) gekauft werden. Also ein konkreter Artikel zu einem konkreten Preis. Der Freund hätte hier nicht einfach ein anderes Modell zu einem anderen Preis kaufen dürfen. In meinen Augen ist er lediglich Bote, eigener Ermessensspielraum ist da nicht ersichtlich.

PAUL1

paul1ne

20.7.2024, 08:48:58

Er könnte ein Vertreter mit gebundener Marschroute sein. Dann ist das Argument, dass der Freund zwar sehr wenig Spielraum in Bezug auf die Abgabe der Willenserklärung hat, der Vertretene die Sache aber ja ganz aus der Hand gibt. Aber ich stimme zu, dass es hier sehr dünn ist.


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