Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Diebstahl (§ 242 StGB)
Eigentumsfähigkeit menschlicher Leichen
Eigentumsfähigkeit menschlicher Leichen
31. Mai 2025
26 Kommentare
4,6 ★ (40.951 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T entwendet den zur Bestattung vorgesehenen Leichnam des O, um die Organe des O im Ausland zu verkaufen.
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Einordnung des Falls
Eigentumsfähigkeit menschlicher Leichen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Leichnam des O ist nach h.M. eine "Sache" (§ 242 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Leichnam des O ist eigentumsfähig und war daher für T "fremd" (§ 242 Abs. 1 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Paulis
7.11.2019, 18:21:55
Worin läge dann eine Strafbarkeit? Ginge 246?


Notorious P.M.S.
8.7.2021, 23:08:41
Wenn es sich bei der Täterin um eine Angestellte bspw. des Friedhofs handelt, käme auch Verwahrungsbruch (§ 133 StGB) in Betracht, denke ich.
DeusImperatus
22.7.2020, 23:14:36
Wie verhält es sich, wenn aus einem toten Menschen ein Exponat (Körperwelten) wird? Meiner Meinung nach, kann hier Eigentum begründet werden. Womöglich ebenfalls, wenn man seinen Körper für die Wissenschaft an eine Uni spendet.

Fräulein Cowds
23.7.2020, 05:25:29
Das stimmt. Eigentum kann erworben werden weil durch den Tod des Menschen seine „Einzelteile“ eigentumsfähig werden. Körperwelten begründet dann Eigentum an den Exponaten. Entwendest du ein solches handelt es sich dann um Diebstahl. Habe ich dir Frage richtig verstanden? Oder ging es darum, dass der Mensch von vornherein seinen Leichnam zu Forschungszwecken spenden möchte und dieser dann von dem oben genannten Täter entwendet wird?

Eigentum verpflichtet 🏔️
23.7.2020, 14:25:22
Hallo ihr beiden. Die Eigentumsfähigkeit eines Leichnams ist umstritten. Die wohl herrschende Ansicht geht davon aus, dass Leichnahme per se
herrenlose Sachensind, also auch insbesondere nicht den Erben gehören. Allerdings verhält es sich, wie ihr richtig gesagt habt anders, wenn der Leichnam zulässigerweise der Bestattung entzogen und einer (populär-)wissenschaftlichen Einrichtung (bspw. Körperspende zur Plastination) überlassen wurde. Dann kann daran ein Diebstahl begangen werden.

eichhörnchen II
2.6.2024, 14:56:13
Wäre es möglich hier in der Lösung genauer darauf einzugehen wie ausnahmsweise doch Eigentum an Leichen erworben werden kann? Nachdem in der ersten Frage explizit das Beispiel der Museumsexponate angebracht wird, verwirrt die Aussage, dass Leichen nicht eigentumsfähig sein können, hier auf den ersten Blick.

Isabell
20.10.2020, 17:29:30
Wo ist denn die
Pietätsbindungrechtlich verankert?

Eigentum verpflichtet 🏔️
20.10.2020, 17:52:31
Hallo Isabell, danke für deine Frage. Die Peitätsbindung geht auf das Pietätsgefühl der Allgemeinheit zurück. Dieses ist nach BGH Schutzgut des § 168 Abs. 1 StGB. Vgl. dazu insb. BGHSt 60, 302. Die ganze Thematik ist allerdings äußerst umstritten, vgl. nur den Aufsatz von Prof. Dr. Stephan Stübinger; ZIS 2016, 373-381, online frei abrufbar unter: http://www.zis-online.com/dat/artikel/2016_6_1022.pdf

Isabell
20.10.2020, 17:57:13
Spannend. Da werde ich bei Zeiten mal nachlesen. Danke für die Fundstellen!
ehemalige:r Nutzer:in
15.9.2022, 11:35:29
Fliege ich bei der Subsumtion dann bei „Alleineigentum“ oder „
herrenlos“ raus? Eigentumsähigkeit klingt ja dann eher wie ein „ungeschriebenes“ Definitionsmerkmal…

Nora Mommsen
16.9.2022, 19:41:06
Hallo eiskaltengel, um die
Wegnahmezu bejahen müssen ja beide Merkmale quasi "negativ" ausfallen, also die Sache darf weder im Alleineigentum des Täters stehen noch darf sie
herrenlossein. Da sie eigentumsunfähig ist kann sie nicht im Eigentum des T stehen und auch nicht
herrenlossein. Denn
herrenlossind Sachen, die zur Zeit keinen Eigentümer haben aber grundsätzlich eigentumsfähig sind. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
SM2206
24.9.2024, 15:33:50
Ich hätte eine Frage betreffend das Verhältnis eigentumsunfähig und
herrenlos. Wenn
herrenlosbedeutet „in niemandes Eigentum stehend“ und eigentumsfähig bedeutet „kann in niemandes Eigentum stehen“, ist Eigentumsunfähigkeit dann nicht einfach ein Unterfall von
Herrenlosigkeit? Oder bedeutet
herrenlos„kann in jemandes Eigentum stehen, steht aber aktuell in niemandes Eigentum“, so dass eigentumsunfähig als „kann in niemandes Eigentum stehen“ dann gerade kein Unterfall von
herrenloswäre? Zahlreiche Kommentare haben mir da auch nicht weitergeholfen, deuten aber meines Erachtens eher in Richtung Alt. 1, weil dort
herrenlosimmer nur in diesem Sinne definiert wird und jede
Fremdheitsdefinition zu
§ 242 StGBimmer nur von „ nicht
herrenlosund nicht im Alleineigentum des Täters stehend“ spricht. Was ist nun richtig? Hat jemand eine Idee?

schwemmely
4.12.2024, 10:05:29
Hei @[SM2206](200598), ich finde deinen Gedankengang sehr interessant! Schau mal, das habe ich dazu gefunden: "Eigentum kann kraft Gesetzes an
herrenlosen Sachen erworben werden (I). Dazu muss eine bewegliche Sache entweder niemals im Eigentum einer Person gestanden haben (zB wilde Tiere iSv § 960) oder die Sache muss vom Eigentümer aufgegeben und damit
herrenlosgeworden sein (§ 959)." ( https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/pruettingwegenweinreich-bgb-kommentar-bgb-958-bgb-eigentumserwerb-an-beweglichen-
herrenlosen-sachen_idesk_PI17574_HI16542331.html#:~:text=Eigentum%20kann%20kraft%20Gesetzes%20an,geworden%20sein%20(§%20959). ) Wenn man also sagt, dass Eigentum an
herrenlosen Sachen erworben werden kann, dann bedeutet das auch, dass die fehlende Eigentumsfähigkeit kein wirklicher Unterfall der
Herrenlosigkeitdarstellen kann. Als Argument dagegen kann man m.M.n. durchaus anbringen, dass aber der Zustand der
Herrenlosigkeitdoch durchaus vergleichbar mit der der fehlenden Eigentumsfähigkeit ist und dahingehend ein Unterfall zu bejahen wäre, mit der Einschränkung, dass dieser konkrete Unterfall eben nicht in Eigentum "umgewandelt" werden kann. Ich persönlich würde aber ein Unterfall verneinen, einfach weil dieses Detail, dass Eigentum eben nicht erworben werden KANN, durchaus ausschlaggebend ist für die
Rechtsverhältnisse :)) Falls jemand noch was handfesteres findet oder weiß, gerne kommentieren :))! LG
SM2206
10.5.2025, 03:03:54
Ist ein guter Gedanke, würde dir zustimmen, dass man aus dieser Formulierung deine Annahme schließen kann. Es könnte aber auch eine bloße sprachliche Verkürzung sein, und zwar in dem Sinne, dass eben die Unterkategorie „kann in jemandes Eigentum stehen, steht aber aktuell in niemandes Eigentum“ und nicht „steht in niemandes Eigentum, kann auch in niemandes Eigentum stehen“ gemeint ist. V. a. weil gesagt wird, dass an
herrenlosen Sachen Eigentum erworben werden kann. Das sagt ja nicht, dass immer Eigentum erworben werden kann, sondern dass es nur möglich ist. Das wird jetzt natürlich arge Wortklauberei, aber ich habe immer noch nichts zu diesem Thema finden können und auch schon unzählige Leute gefragt, ohne eine Antwort erhalten zu haben.
Leau
4.1.2025, 18:57:07
Hallo:) ich hätte bei der Lösung eigentlich vermutet, dass die Leiche
fremdist, denn das Bestattungsinstitut begründet doch Aneignungsrechte…Oder werden nur Aneignungsrechte begründet, wenn die Leiche einem neuen Zweck (Ausstellung) zugeführt wird? Schon einmal Danke für die Antwort!
Florian
3.5.2025, 23:56:32
Push:) @[Tim Gottschalk](287974) @[Sebastian Schmitt](263562)