Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Diebstahl (§ 242 StGB)
Eigentumsfähigkeit menschlicher Leichen
Eigentumsfähigkeit menschlicher Leichen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T entwendet den zur Bestattung vorgesehenen Leichnam des O, um die Organe des O im Ausland zu verkaufen.
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Einordnung des Falls
Eigentumsfähigkeit menschlicher Leichen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Leichnam des O ist nach h.M. eine "Sache" (§ 242 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Leichnam des O ist eigentumsfähig und war daher für T "fremd" (§ 242 Abs. 1 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Paulis
7.11.2019, 18:21:55
Worin läge dann eine Strafbarkeit? Ginge 246?
Christian Leupold-Wendling
13.11.2019, 10:23:58
@Paulis, gute Frage! § 246 StGB (Unterschlagung) setzt gleichermaßen eine fremde, bewegliche Sache voraus. Die Wegnahme menschlicher Leichen ist aber als Störung der Totenruhe strafbar (§ 168 StGB).
Notorious P.M.S.
8.7.2021, 23:08:41
Wenn es sich bei der Täterin um eine Angestellte bspw. des Friedhofs handelt, käme auch Verwahrungsbruch (§ 133 StGB) in Betracht, denke ich.
DeusImperatus
22.7.2020, 23:14:36
Wie verhält es sich, wenn aus einem toten Menschen ein Exponat (Körperwelten) wird? Meiner Meinung nach, kann hier Eigentum begründet werden. Womöglich ebenfalls, wenn man seinen Körper für die Wissenschaft an eine Uni spendet.
Fräulein Cowds
23.7.2020, 05:25:29
Das stimmt. Eigentum kann erworben werden weil durch den Tod des Menschen seine „Einzelteile“ eigentumsfähig werden. Körperwelten begründet dann Eigentum an den Exponaten. Entwendest du ein solches handelt es sich dann um Diebstahl. Habe ich dir Frage richtig verstanden? Oder ging es darum, dass der Mensch von vornherein seinen Leichnam zu Forschungszwecken spenden möchte und dieser dann von dem oben genannten Täter entwendet wird?
Eigentum verpflichtet 🏔️
23.7.2020, 14:25:22
Hallo ihr beiden. Die Eigentumsfähigkeit eines Leichnams ist umstritten. Die wohl herrschende Ansicht geht davon aus, dass Leichnahme per se herrenlose Sachen sind, also auch insbesondere nicht den Erben gehören. Allerdings verhält es sich, wie ihr richtig gesagt habt anders, wenn der Leichnam zulässigerweise der Bestattung entzogen und einer (populär-)wissenschaftlichen Einrichtung (bspw. Körperspende zur Plastination)
überlassenwurde. Dann kann daran ein Diebstahl begangen werden.
eichhörnchen II
2.6.2024, 14:56:13
Wäre es möglich hier in der Lösung genauer darauf einzugehen wie ausnahmsweise doch Eigentum an Leichen erworben werden kann? Nachdem in der ersten Frage explizit das Beispiel der Museumsexponate angebracht wird, verwirrt die Aussage, dass Leichen nicht eigentumsfähig sein können, hier auf den ersten Blick.
Isabell
20.10.2020, 17:29:30
Wo ist denn die
Pietätsbindungrechtlich verankert?
Eigentum verpflichtet 🏔️
20.10.2020, 17:52:31
Hallo Isabell, danke für deine Frage. Die Peitätsbindung geht auf das Pietätsgefühl der Allgemeinheit zurück. Dieses ist nach BGH Schutzgut des § 168 Abs. 1 StGB. Vgl. dazu insb. BGHSt 60, 302. Die ganze Thematik ist allerdings äußerst umstritten, vgl. nur den Aufsatz von Prof. Dr. Stephan Stübinger; ZIS 2016, 373-381, online frei abrufbar unter: http://www.zis-online.com/dat/artikel/2016_6_1022.pdf
Isabell
20.10.2020, 17:57:13
Spannend. Da werde ich bei Zeiten mal nachlesen. Danke für die Fundstellen!
ehemalige:r Nutzer:in
15.9.2022, 11:35:29
Fliege ich bei der Subsumtion dann bei „Alleineigentum“ oder „herrenlos“ raus? Eigentumsähigkeit klingt ja dann eher wie ein „ungeschriebenes“ Definitionsmerkmal…
Nora Mommsen
16.9.2022, 19:41:06
Hallo eiskaltengel, um die Wegnahme zu bejahen müssen ja beide Merkmale quasi "negativ" ausfallen, also die Sache darf weder im Alleineigentum des Täters stehen noch darf sie herrenlos sein. Da sie eigentumsunfähig ist kann sie nicht im Eigentum des T stehen und auch nicht herrenlos sein. Denn herrenlos sind Sachen, die zur Zeit keinen Eigentümer haben aber grundsätzlich eigentumsfähig sind. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
SM2206
24.9.2024, 15:33:50
Ich hätte eine Frage betreffend das Verhältnis eigentumsunfähig und herrenlos. Wenn herrenlos bedeutet „in niemandes Eigentum stehend“ und eigentumsfähig bedeutet „kann in niemandes Eigentum stehen“, ist Eigentumsunfähigkeit dann nicht einfach ein Unterfall von Herrenlosigkeit? Oder bedeutet herrenlos „kann in jemandes Eigentum stehen, steht aber aktuell in niemandes Eigentum“, so dass eigentumsunfähig als „kann in niemandes Eigentum stehen“ dann gerade kein Unterfall von herrenlos wäre? Zahlreiche Kommentare haben mir da auch nicht weitergeholfen, deuten aber meines Erachtens eher in Richtung Alt. 1, weil dort herrenlos immer nur in diesem Sinne definiert wird und jede Fremdheitsdefinition zu §
242 StGBimmer nur von „ nicht herrenlos und nicht im Alleineigentum des Täters stehend“ spricht. Was ist nun richtig? Hat jemand eine Idee?