Zivilrecht
Sachenrecht
Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Rückerwerb durch den Nichtberechtigten 1
Rückerwerb durch den Nichtberechtigten 1
3. Juli 2025
29 Kommentare
4,7 ★ (37.387 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft K eine Lampe, die im Eigentum des X steht. V weiß nicht, dass er nicht Eigentümer ist. K wird der Lampe überdrüssig und verkauft die Lampe auf einer Messe an A, der, wie K weiß, ein Angestellter des V ist und die Lampe für V und in dessen Namen erwirbt.
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Einordnung des Falls
Rückerwerb durch den Nichtberechtigten 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat von V Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.
Nein, das trifft nicht zu!
2. K hat von V Eigentum nach §§ 929 S. 1, 932 BGB erlangt.
Ja!
3. A hat von K Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. V hat Eigentum von K nach § 929 S. 1 BGB erlangt.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Tr(u)mpeltier
18.6.2020, 18:51:05
Um tatsächlich prüfen zu können, ob ein
gutgläubiger Erwerbmöglich ist, bedürfte es eigentlich noch genauerer Angaben im Sachverhalt, wie V in den Besitz der Lampe des X kam.

Christian Leupold-Wendling
18.6.2020, 21:56:25
Hm, Du meinst im Hinblick auf 935? Der greift ja nicht, wenn keine
Tatsachenfür ein
Abhandenkommenbekannt sind.
Tr(u)mpeltier
18.6.2020, 23:26:58
Guter Punkt! Ich hatte primär ein Störgefühl, da in Klausur Fällen meist klar gestellt wird, in welcher Beziehung der Veräußerer zum Eigentümer steht (Mieter/Entleiher vs Dieb) und man insoweit Klarheit hatte. Auch fällt es mir schwer mir einen tatsächlichen Fall in der geschilderten Konstellation auszumalen. Rein didaktisch funktioniert der Fall aber in der Tat, wie ihr ihn gebaut habt.
Elisabeth
25.8.2020, 11:22:23
Danke für den Einwand @Christian Leupold-Wendling, der Dimension der
Beweislastbin ich mir genauso wie Trumpeltier auch oft unbewusst, an der Universität wird das Bewusstsein hierfür kaum gelehrt und dann verzweifelt man immer an der Lösung des Problems, weil der Sachverhalt dazu schweigt oder begibt sich in
Gefahrder gefürchteten Sachverhaltsquetsche. Auch lese ich das nicht zum ersten Mal in den Kommentaren ;) Deswegen wäre mein Vorschlag in einem Sachgebiet (z.b. ZPO oder schlicht „Rechtsgebietsübergreifend“) ein paar Fälle zur
Beweislastoder auch zu gesetzlichen Fiktionen/Vermutungen einzubauen, bzw. welche
Tatsachenbrauche ich nicht um eine bestimmte rechtliche Voraussetzung festzustellen. Zum Beispiel auch in Bezug auf das
Vertretenmüssenwäre da ein paar Fälle genial :)
Dolusdave
3.1.2022, 00:32:03
Handelt es sich bei dieser Konstellation um den Rückerwerb vom Berechtigten? Falls ja, hatte ich im Kopf, dass dies streitig ist und eine teleologische Reduktion des 932 in der Literatur diskutiert wird

Lukas_Mengestu
3.1.2022, 18:02:45
Hallo Dolusdave, schau Dir hierzu gerne auch noch den darauffolgenden Fall an. In der Tat handelt es sich hier um die Konstellation des Rückerwerb des Eigentums durch den nichtberechtigten Verkäufert (hier: V). Dabei wird aber auch in der Literatur überwiegend zwischen sogenannten Außen
verkehrsgeschäften (=Erwerb in Erfüllung eines neuen
schuldrechtlichen Vertrages) und Innen
verkehrsgeschäften (=Rückabwicklung des Verpflichtungsgeschäfts, das dem gutgläubigen Eigentumsübergang zu Grunde gelegen hat) unterschieden. Während bei Außen
verkehrsgeschäften (dieser Fall) der Eigentumserwerb des Nichtberechtigten bejaht wird, geht die hL davon aus, dass bei Innen
verkehrsgeschäften (nächster Fall, zB. Rücktritt wegen Mangel; Anfechtung des Vertrages) der Nichtberechtigte kein Eigentümer wird.

Lukas_Mengestu
3.1.2022, 18:04:52
Begründet wird die Unterscheidung damit, dass der Nichtberechtigte dem neuen Eigentümer beim Außen
verkehrsgeschäftwirtschaftlich und interessengemäß wie ein beliebiger Dritter gegenügbertritt. Es dürfe insoweit keinen Unterschied machen, ob der Eigentümer die Sache an einen Dritten oder den ursprünglichen Nichtberechtigten verkaufe. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Major Tom(as)
21.1.2025, 17:43:34
Genau dazu wollte ich gerade einen Kommentar schreiben @[Lukas_Mengestu](136780). Zwar ist es in diesem Fall wohl Konsens, dass V die Sache zurückerwerben kann. Dass man aber überhaupt unterscheiden kann zwischen Außen- und Innen
verkehrsgeschäftund, dass dieser Fall hier im Grundsatz schon problematisch ist, letztendlich aber aufgelöst werden kann, ist mE erwähnenswert. Hier wird etwas "drübergebügelt", das würde in Klausuren auch nicht gut kommen. Ich wäre also dafür, etwas genauere Infos schon in der Falllösung anzugeben :)
Fuchsfrauchen
7.11.2022, 21:47:01
Verstehe ich das richtig, dass V Eigentum erwirbt, sobald A die Lampe in Händen hält? Wenn ja, ist V dann solange
mittelbarer Besitzer, bis er die Lampe quasi selbst in Händen hält?

Nora Mommsen
10.11.2022, 12:33:01
Hallo Fuchsfrauchen, ist vorher schon die
dingliche Einigungerfolgt reicht die Übergabe des Besitzes (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen) aus damit es zum Eigentumsübergang kommt. Angestellte sind oft
Besitzdienerdes Geschäftsherrn, sodass sie selber zwar die Gewalt über die Sache ausüben aber nicht selbst Besitz haben sondern V
unmittelbarer Besitzerist. Wäre A z.B. nur bei Gelegenheit beauftragt worden eine Lampe zu kaufen ließe sich argumentieren, dass es zu einem
Besitzmittlungsverhältnisgekommen ist und A tatsächlich den unmittelbaren Besitz an der Sache hat. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Isa
13.10.2024, 17:40:10
Der Sachverhalt scheint nicht ganz schlüssig mit der Fallbearbeitung zu sein.

Sebastian Schmitt
21.6.2025, 17:09:18
Hallo @Isa, vielen Dank für den Hinweis. Der ist so allerdings reichlich pauschal und nicht leicht umzusetzen, was stört Dich denn konkret und was genau fehlt Dir in der Sachverhaltsdarstellung? Geht es evtl um das
Abhandenkommenund § 935 BGB? Dann schau dazu gerne mal in die Nachbarthreads, zB hier: https://applink.jurafuchs.de/sEhQXX4OnUb. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Kathi
20.11.2024, 14:50:32
Hi Zusammen, ich bin irritiert darüber, dass der A den V wirksam vertreten konnte. Im SV steht, dass K wusste, dass A Angestellter des V ist und V die Lampe nicht mehr haben wollte. A wusste davon ja scheinbar nichts. Aber muss dieser Wissensvorsprung dem K nicht irgendwie zugerechnet werden? Das fühlt sich so falsch an.
Lorenz
20.11.2024, 15:16:50
Ich glaube das ist zu viel interpretiert ;) von Missbrauch o.ä. steht hier ja nichts.
Nathalie
3.1.2025, 13:11:21
Es wäre aufschlussreich zu erwähnen, dass X die Lampe, scheinbar willentlich, in den unmittelbaren Besitz des V gegeben hat, sodass man ein
Abhandenkommenausschließen und einen gutgläubigen Erwerb bejahen kann.

Sebastian Schmitt
21.6.2025, 17:11:57
Hallo @Nathalie, vielen Dank für den Hinweis. Den gutgläubigen Erwerb wird man sogar dann bejahen müssen, wenn wir über diese Hintergründe nichts wissen. Ich finde den Fall hier recht gut geeignet dafür, das zu verdeutlichen. Schau dazu gerne mal in den Nachbarthread, wo ich das näher erläutert habe: https://applink.jurafuchs.de/09QhtsgPnUb. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Sam Vader I
17.1.2025, 13:39:07
kann mir einer erklären wieso die Sache x nicht abhandengekommen ist? da steht nicht, dass X z.B. die Sache verliehen hat und V dies vergessen hat oder iwas. hätte daher gesagt die Sache ist abhandengekommen….
luc1502
17.1.2025, 23:06:33
Hi @[Sam Vader I](84978), das wurde in einem anderen Feed auch schon erwähnt…, aber ich würde dir recht geben; es wäre hilfreich, wenn man Anhaltspunkte dafür hätte, dass der X den unmittelbaren Besitz nichz unfreiwillig verloren hat. LG

Sebastian Schmitt
21.6.2025, 17:04:36
Hallo @[Sam Vader I](84978), vielen Dank für den Hinweis. Ich verstehe das Problem und natürlich sind die Sachverhaltsdarstellungen auf dem Weg zum 1. Examen in Bezug auf solche Punkte üblicherweise vollständig, @[luc1502](95177). Ich finde
diesen Fallhier aber eigentlich recht geeignet dafür, das Bewusstsein für den Umgang mit (teilweise) offenen Sachverhaltsdarstellungen, die praktische Bedeutung der
Beweislastverteilung und auch dafür zu schärfen,
was man denn "annehmen"/"unterstellen" darf und was nicht. Interessanterweise scheint es einige doch sehr zu irritieren (s auch die anderen Threads), wenn man mit einem Fall konfrontiert ist, bei dem man zu bestimmten, durchaus wichtigen Punkten eben einfach nichts weiß, hier zum
Abhandenkommenbzw zur Folge des § 935 I 1 BGB. In der Praxis kommt das natürlich durchaus ab und zu mal vor. Wenn wir in unserem Fall nicht wissen, wie V an die Sache gekommen ist, dann hat er sie eben einfach und fertig. Wir können dann weder ein
Abhandenkommenannehmen, weil wir das nicht wissen. Wir können auch keinen wirksamen Leihvertrag und kein wirksames
Besitzmittlungsverhältnisoder ähnliches zu X annehmen, weil wir darüber ebenfalls nichts wissen. Weil wir kein
Abhandenkommenannehmen können und uns § 935 I 1 BGB sehr deutlich sagt, dass wir ohnehin den entsprechenden Nachweis erbringen müss(t)en ("es sei denn, [...]"), scheitert auch der gutgläubige Erwerb nicht. Natürlich würde man in der Praxis versuchen, das Ganze irgendwie aufzuklären. Manchmal geht das aber nicht und dann muss man mit der Situation arbeiten, die man eben vorfindet. Vor diesem Hintergrund würde ich die Sachverhaltsdarstellung für den Moment bewusst offen lassen, weil ich das für ein recht lehrreiches Beispiel halte. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team