Rückerwerb durch den Nichtberechtigten 1

3. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

V verkauft K eine Lampe, die im Eigentum des X steht. V weiß nicht, dass er nicht Eigentümer ist. K wird der Lampe überdrüssig und verkauft die Lampe auf einer Messe an A, der, wie K weiß, ein Angestellter des V ist und die Lampe für V erwirbt.

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Einordnung des Falls

Rückerwerb durch den Nichtberechtigten 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat von V Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. K und V haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. V hat K die Lampe übergeben. V und K waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an K übergehen soll. V war jedoch nicht verfügungsbefugt. Eigentümer war X.
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2. K hat von V Eigentum nach §§ 929 S. 1, 932 BGB erlangt.

Ja!

Der gutgläubige Eigentumserwerb nach §§ 929 S. 1, 932 BGB setzt voraus: (1)Übereignung nach § 929 S. 1 BGB durch Übergabe vom Veräußerer, (2) Fehlende Berechtigung des Veräußerers, (3) Verkehrsgeschäft, (4) Gutgläubigkeit des Erwerbers (§ 932 Abs. 2 BGB), (5) Kein Abhandenkommen der Sache (§ 935 BGB).Eine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB liegt vor. V war nicht verfügungsbefugt. K steht nicht zugleich auf der Veräußererseite (=Verkehrsgeschäft) und war gutgläubig (§ 932 Abs. 2 BGB). Die Lampe ist X auch nicht abhandengekommen.

3. A hat von K Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. Es liegt schon keine dingliche Einigung zwischen K und A vor: Die auf dingliche Einigung gerichtete Willenserklärung des A wirkt nach § 164 Abs. 1 BGB für und gegen V.

4. V hat Eigentum von K nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Ja, in der Tat!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers.Es liegt eine dingliche Einigung zwischen K und V vor: Die auf dingliche Einigung gerichtete Willenserklärung des A wirkt nach § 164 Abs. 1 BGB (unmittelbare Stellvertretung) für und gegen V. V erlangte durch die Übergabe der Lampe an A Besitz, da A als Angestellter Besitzdiener des V ist (§ 855 BGB). V und K waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an V übergehen soll. K war auch verfügungsbefugt. Obwohl V ursprünglich als Nichtberechtigter über die Lampe verfügt hat, kann er durch das Rechtsgeschäft mit K Eigentum erwerben. K war in der Zwischenzeit infolge seines gutgläubigen Erwerbs vollwertiger Eigentümer der Lampe.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TR

Tr(u)mpeltier

18.6.2020, 18:51:05

Um tatsächlich prüfen zu können, ob ein

gutgläubiger Erwerb

möglich ist, bedürfte es eigentlich noch genauerer Angaben im Sachverhalt, wie V in den Besitz der Lampe des X kam.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

18.6.2020, 21:56:25

Hm, Du meinst im Hinblick auf 935? Der greift ja nicht, wenn keine Tatsachen für ein

Abhandenkommen

bekannt sind.

TR

Tr(u)mpeltier

18.6.2020, 23:26:58

Guter Punkt! Ich hatte primär ein Störgefühl, da in Klausur Fällen meist klar gestellt wird, in welcher Beziehung der Veräußerer zum Eigentümer steht (Mieter/Ent

leihe

r vs Dieb) und man insoweit Klarheit hatte. Auch fällt es mir schwer mir einen tatsächlichen Fall in der geschilderten Konstellation auszumalen. Rein didaktisch funktioniert der Fall aber in der Tat, wie ihr ihn gebaut habt.

EL

Elisabeth

25.8.2020, 11:22:23

Danke für den Einwand @Christian Leupold-Wendling, der Dimension der Beweislast bin ich mir genauso wie Trumpeltier auch oft unbewusst, an der Universität wird das Bewusstsein hierfür kaum gelehrt und dann verzweifelt man immer an der Lösung des Problems, weil der Sachverhalt dazu schweigt oder begibt sich in Gefahr der gefürchteten Sachverhaltsquetsche. Auch lese ich das nicht zum ersten Mal in den Kommentaren ;) Deswegen wäre mein Vorschlag in einem Sachgebiet (z.b. ZPO oder schlicht „Rechtsgebietsübergreifend“) ein paar Fälle zur Beweislast oder auch zu gesetzlichen Fiktionen/

Vermutung

en einzubauen, bzw. welche Tatsachen brauche ich nicht um eine bestimmte rechtliche Voraussetzung festzustellen. Zum Beispiel auch in Bezug auf das Vertretenmüssen wäre da ein paar Fälle genial :)

Dolusdave

Dolusdave

3.1.2022, 00:32:03

Handelt es sich bei dieser Konstellation um den Rückerwerb vom Berechtigten? Falls ja, hatte ich im Kopf, dass dies streitig ist und eine

teleologisch

e Reduktion des

932

in der Literatur diskutiert wird

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.1.2022, 18:02:45

Hallo Dolusdave, schau Dir hierzu gerne auch noch den darauffolgenden Fall an. In der Tat handelt es sich hier um die Konstellation des Rückerwerb des Eigentums durch den nichtberechtigten Verkäufert (hier: V). Dabei wird aber auch in der Literatur überwiegend zwischen sogenannten Außen

verkehrsgeschäft

en (=Erwerb in Erfüllung eines neuen schuldrechtlichen Vertrages) und Innen

verkehrsgeschäft

en (=Rückabwicklung des

Verpflichtungsgeschäft

s, das dem gutgläubigen Eigentumsübergang zu Grunde gelegen hat) unterschieden. Während bei Außen

verkehrsgeschäft

en (dieser Fall) der Eigentumserwerb des Nichtberechtigten bejaht wird, geht die hL davon aus, dass bei Innen

verkehrsgeschäft

en (nächster Fall, zB. Rücktritt wegen Mangel; Anfechtung des Vertrages) der Nichtberechtigte kein Eigentümer wird.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.1.2022, 18:04:52

Begründet wird die Unterscheidung damit, dass der Nichtberechtigte dem neuen Eigentümer beim Außen

verkehrsgeschäft

wirtschaftlich und interessengemäß wie ein beliebiger Dritter gegenügbertritt. Es dürfe insoweit keinen Unterschied machen, ob der Eigentümer die Sache an einen Dritten oder den ursprünglichen Nichtberechtigten verkaufe. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

FUCH

Fuchsfrauchen

7.11.2022, 21:47:01

Verstehe ich das richtig, dass V Eigentum erwirbt, sobald A die Lampe in Händen hält? Wenn ja, ist V dann solange

mittelbarer Besitz

er, bis er die Lampe quasi selbst in Händen hält?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

10.11.2022, 12:33:01

Hallo Fuchsfrauchen, ist vorher schon die

dingliche Einigung

erfolgt reicht die Übergabe des Besitzes (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen) aus damit es zum Eigentumsübergang kommt. Angestellte sind oft

Besitzdiener

des Geschäftsherrn, sodass sie selber zwar die Gewalt über die Sache ausüben aber nicht selbst Besitz haben sondern V un

mittelbarer Besitz

er ist. Wäre A z.B. nur bei Gelegenheit beauftragt worden eine Lampe zu kaufen ließe sich argumentieren, dass es zu einem

Besitzmittlungsverhältnis

gekommen ist und A tatsächlich den unmittelbaren Besitz an der Sache hat. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Dogu

Dogu

10.11.2023, 12:47:58

Vielleicht könnte im SV noch klarer dargestellt werden, dass es sich um eine unmittelbare/offenkundige Stellvertretung handelt. "Für jemanden" erwerben kann ich auch als mittelbarer Stellvertreter.

LELEE

Leo Lee

11.11.2023, 17:20:33

Hallo Dogu, vielen Dank für den Hinweis! Wir haben diesen Begriff als Klammerzusatz ergänzt :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

ISA

Isa

13.10.2024, 17:40:10

Der Sachverhalt scheint nicht ganz schlüssig mit der Fallbearbeitung zu sein.

Kathi

Kathi

20.11.2024, 14:50:32

Hi Zusammen, ich bin irritiert darüber, dass der A den V wirksam vertreten konnte. Im SV steht, dass K wusste, dass A Angestellter des V ist und V die Lampe nicht mehr haben wollte. A wusste davon ja scheinbar nichts. Aber muss dieser Wissensvorsprung dem K nicht irgendwie zugerechnet werden? Das fühlt sich so falsch an.

LO

Lorenz

20.11.2024, 15:16:50

Ich glaube das ist zu viel interpretiert ;) von Missbrauch o.ä. steht hier ja nichts.


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