Rückerwerb durch den Nichtberechtigten 1

3. Juli 2025

29 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

V verkauft K eine Lampe, die im Eigentum des X steht. V weiß nicht, dass er nicht Eigentümer ist. K wird der Lampe überdrüssig und verkauft die Lampe auf einer Messe an A, der, wie K weiß, ein Angestellter des V ist und die Lampe für V und in dessen Namen erwirbt.

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Einordnung des Falls

Rückerwerb durch den Nichtberechtigten 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat von V Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. K und V haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. V hat K die Lampe übergeben. V und K waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an K übergehen soll. V war jedoch nicht verfügungsbefugt. Eigentümer war X.
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2. K hat von V Eigentum nach §§ 929 S. 1, 932 BGB erlangt.

Ja!

Der gutgläubige Eigentumserwerb nach §§ 929 S. 1, 932 BGB setzt voraus: (1)Übereignung nach § 929 S. 1 BGB durch Übergabe vom Veräußerer, (2) Fehlende Berechtigung des Veräußerers, (3) Verkehrsgeschäft, (4) Gutgläubigkeit des Erwerbers (§ 932 Abs. 2 BGB), (5) Kein Abhandenkommen der Sache (§ 935 BGB).Eine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB liegt vor. V war nicht verfügungsbefugt. K steht nicht zugleich auf der Veräußererseite (=Verkehrsgeschäft) und war gutgläubig (§ 932 Abs. 2 BGB). Wir haben auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Lampe dem X abhanden gekommen ist (§ 935 Abs. 1 S. 1 BGB).

3. A hat von K Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. Es liegt schon keine dingliche Einigung zwischen K und A vor: Die auf dingliche Einigung gerichtete Willenserklärung des A wirkt nach § 164 Abs. 1 BGB für und gegen V.

4. V hat Eigentum von K nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Ja, in der Tat!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers.Es liegt eine dingliche Einigung zwischen K und V vor: Die auf dingliche Einigung gerichtete Willenserklärung des A wirkt nach § 164 Abs. 1 BGB (unmittelbare Stellvertretung) für und gegen V. V erlangte durch die Übergabe der Lampe an A Besitz, da A als Angestellter Besitzdiener des V ist (§ 855 BGB). V und K waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an V übergehen soll. K war auch verfügungsbefugt. Obwohl V ursprünglich als Nichtberechtigter über die Lampe verfügt hat, kann er durch das Rechtsgeschäft mit K Eigentum erwerben. K war in der Zwischenzeit infolge seines gutgläubigen Erwerbs vollwertiger Eigentümer der Lampe.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TR

Tr(u)mpeltier

18.6.2020, 18:51:05

Um tatsächlich prüfen zu können, ob ein

gutgläubiger Erwerb

möglich ist, bedürfte es eigentlich noch genauerer Angaben im Sachverhalt, wie V in den Besitz der Lampe des X kam.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

18.6.2020, 21:56:25

Hm, Du meinst im Hinblick auf 935? Der greift ja nicht, wenn keine

Tatsachen

für ein

Abhandenkommen

bekannt sind.

TR

Tr(u)mpeltier

18.6.2020, 23:26:58

Guter Punkt! Ich hatte primär ein Störgefühl, da in Klausur Fällen meist klar gestellt wird, in welcher Beziehung der Veräußerer zum Eigentümer steht (Mieter/Entleiher vs Dieb) und man insoweit Klarheit hatte. Auch fällt es mir schwer mir einen tatsächlichen Fall in der geschilderten Konstellation auszumalen. Rein didaktisch funktioniert der Fall aber in der Tat, wie ihr ihn gebaut habt.

EL

Elisabeth

25.8.2020, 11:22:23

Danke für den Einwand @Christian Leupold-Wendling, der Dimension der

Beweislast

bin ich mir genauso wie Trumpeltier auch oft unbewusst, an der Universität wird das Bewusstsein hierfür kaum gelehrt und dann verzweifelt man immer an der Lösung des Problems, weil der Sachverhalt dazu schweigt oder begibt sich in

Gefahr

der gefürchteten Sachverhaltsquetsche. Auch lese ich das nicht zum ersten Mal in den Kommentaren ;) Deswegen wäre mein Vorschlag in einem Sachgebiet (z.b. ZPO oder schlicht „Rechtsgebietsübergreifend“) ein paar Fälle zur

Beweislast

oder auch zu gesetzlichen Fiktionen/Vermutungen einzubauen, bzw. welche

Tatsachen

brauche ich nicht um eine bestimmte rechtliche Voraussetzung festzustellen. Zum Beispiel auch in Bezug auf das

Vertretenmüssen

wäre da ein paar Fälle genial :)

Dolusdave

Dolusdave

3.1.2022, 00:32:03

Handelt es sich bei dieser Konstellation um den Rückerwerb vom Berechtigten? Falls ja, hatte ich im Kopf, dass dies streitig ist und eine teleologische Reduktion des 932 in der Literatur diskutiert wird

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.1.2022, 18:02:45

Hallo Dolusdave, schau Dir hierzu gerne auch noch den darauffolgenden Fall an. In der Tat handelt es sich hier um die Konstellation des Rückerwerb des Eigentums durch den nichtberechtigten Verkäufert (hier: V). Dabei wird aber auch in der Literatur überwiegend zwischen sogenannten Außen

verkehrsgeschäft

en (=Erwerb in Erfüllung eines neuen

schuld

rechtlichen Vertrages) und Innen

verkehrsgeschäft

en (=Rückabwicklung des Verpflichtungsgeschäfts, das dem gutgläubigen Eigentumsübergang zu Grunde gelegen hat) unterschieden. Während bei Außen

verkehrsgeschäft

en (dieser Fall) der Eigentumserwerb des Nichtberechtigten bejaht wird, geht die hL davon aus, dass bei Innen

verkehrsgeschäft

en (nächster Fall, zB. Rücktritt wegen Mangel; Anfechtung des Vertrages) der Nichtberechtigte kein Eigentümer wird.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.1.2022, 18:04:52

Begründet wird die Unterscheidung damit, dass der Nichtberechtigte dem neuen Eigentümer beim Außen

verkehrsgeschäft

wirtschaftlich und interessengemäß wie ein beliebiger Dritter gegenügbertritt. Es dürfe insoweit keinen Unterschied machen, ob der Eigentümer die Sache an einen Dritten oder den ursprünglichen Nichtberechtigten verkaufe. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Major Tom(as)

Major Tom(as)

21.1.2025, 17:43:34

Genau dazu wollte ich gerade einen Kommentar schreiben @[Lukas_Mengestu](136780). Zwar ist es in diesem Fall wohl Konsens, dass V die Sache zurückerwerben kann. Dass man aber überhaupt unterscheiden kann zwischen Außen- und Innen

verkehrsgeschäft

und, dass dieser Fall hier im Grundsatz schon problematisch ist, letztendlich aber aufgelöst werden kann, ist mE erwähnenswert. Hier wird etwas "drübergebügelt", das würde in Klausuren auch nicht gut kommen. Ich wäre also dafür, etwas genauere Infos schon in der Falllösung anzugeben :)

FUCH

Fuchsfrauchen

7.11.2022, 21:47:01

Verstehe ich das richtig, dass V Eigentum erwirbt, sobald A die Lampe in Händen hält? Wenn ja, ist V dann solange

mittelbarer Besitzer

, bis er die Lampe quasi selbst in Händen hält?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

10.11.2022, 12:33:01

Hallo Fuchsfrauchen, ist vorher schon die

dingliche Einigung

erfolgt reicht die Übergabe des Besitzes (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen) aus damit es zum Eigentumsübergang kommt. Angestellte sind oft

Besitzdiener

des Geschäftsherrn, sodass sie selber zwar die Gewalt über die Sache ausüben aber nicht selbst Besitz haben sondern V

unmittelbarer Besitzer

ist. Wäre A z.B. nur bei Gelegenheit beauftragt worden eine Lampe zu kaufen ließe sich argumentieren, dass es zu einem

Besitzmittlungsverhältnis

gekommen ist und A tatsächlich den unmittelbaren Besitz an der Sache hat. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

ISA

Isa

13.10.2024, 17:40:10

Der Sachverhalt scheint nicht ganz schlüssig mit der Fallbearbeitung zu sein.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

21.6.2025, 17:09:18

Hallo @Isa, vielen Dank für den Hinweis. Der ist so allerdings reichlich pauschal und nicht leicht umzusetzen, was stört Dich denn konkret und was genau fehlt Dir in der Sachverhaltsdarstellung? Geht es evtl um das

Abhandenkommen

und § 935 BGB? Dann schau dazu gerne mal in die Nachbarthreads, zB hier: https://applink.jurafuchs.de/sEhQXX4OnUb. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Kathi

Kathi

20.11.2024, 14:50:32

Hi Zusammen, ich bin irritiert darüber, dass der A den V wirksam vertreten konnte. Im SV steht, dass K wusste, dass A Angestellter des V ist und V die Lampe nicht mehr haben wollte. A wusste davon ja scheinbar nichts. Aber muss dieser Wissensvorsprung dem K nicht irgendwie zugerechnet werden? Das fühlt sich so falsch an.

LO

Lorenz

20.11.2024, 15:16:50

Ich glaube das ist zu viel interpretiert ;) von Missbrauch o.ä. steht hier ja nichts.

NAT

Nathalie

3.1.2025, 13:11:21

Es wäre aufschlussreich zu erwähnen, dass X die Lampe, scheinbar willentlich, in den unmittelbaren Besitz des V gegeben hat, sodass man ein

Abhandenkommen

ausschließen und einen gutgläubigen Erwerb bejahen kann.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

21.6.2025, 17:11:57

Hallo @Nathalie, vielen Dank für den Hinweis. Den gutgläubigen Erwerb wird man sogar dann bejahen müssen, wenn wir über diese Hintergründe nichts wissen. Ich finde den Fall hier recht gut geeignet dafür, das zu verdeutlichen. Schau dazu gerne mal in den Nachbarthread, wo ich das näher erläutert habe: https://applink.jurafuchs.de/09QhtsgPnUb. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Sam Vader I

Sam Vader I

17.1.2025, 13:39:07

kann mir einer erklären wieso die Sache x nicht abhandengekommen ist? da steht nicht, dass X z.B. die Sache verliehen hat und V dies vergessen hat oder iwas. hätte daher gesagt die Sache ist abhandengekommen….

LUC1502

luc1502

17.1.2025, 23:06:33

Hi @[Sam Vader I](84978), das wurde in einem anderen Feed auch schon erwähnt…, aber ich würde dir recht geben; es wäre hilfreich, wenn man Anhaltspunkte dafür hätte, dass der X den unmittelbaren Besitz nichz unfreiwillig verloren hat. LG

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

21.6.2025, 17:04:36

Hallo @[Sam Vader I](84978), vielen Dank für den Hinweis. Ich verstehe das Problem und natürlich sind die Sachverhaltsdarstellungen auf dem Weg zum 1. Examen in Bezug auf solche Punkte üblicherweise vollständig, @[luc1502](95177). Ich finde

diesen Fall

hier aber eigentlich recht geeignet dafür, das Bewusstsein für den Umgang mit (teilweise) offenen Sachverhaltsdarstellungen, die praktische Bedeutung der

Beweislast

verteilung und auch dafür zu schärfen,

was m

an denn "annehmen"/"unterstellen" darf und was nicht. Interessanterweise scheint es einige doch sehr zu irritieren (s auch die anderen Threads), wenn man mit einem Fall konfrontiert ist, bei dem man zu bestimmten, durchaus wichtigen Punkten eben einfach nichts weiß, hier zum

Abhandenkommen

bzw zur Folge des § 935 I 1 BGB. In der Praxis kommt das natürlich durchaus ab und zu mal vor. Wenn wir in unserem Fall nicht wissen, wie V an die Sache gekommen ist, dann hat er sie eben einfach und fertig. Wir können dann weder ein

Abhandenkommen

annehmen, weil wir das nicht wissen. Wir können auch keinen wirksamen Leihvertrag und kein wirksames

Besitzmittlungsverhältnis

oder ähnliches zu X annehmen, weil wir darüber ebenfalls nichts wissen. Weil wir kein

Abhandenkommen

annehmen können und uns § 935 I 1 BGB sehr deutlich sagt, dass wir ohnehin den entsprechenden Nachweis erbringen müss(t)en ("es sei denn, [...]"), scheitert auch der gutgläubige Erwerb nicht. Natürlich würde man in der Praxis versuchen, das Ganze irgendwie aufzuklären. Manchmal geht das aber nicht und dann muss man mit der Situation arbeiten, die man eben vorfindet. Vor diesem Hintergrund würde ich die Sachverhaltsdarstellung für den Moment bewusst offen lassen, weil ich das für ein recht lehrreiches Beispiel halte. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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