Zivilrecht

Sachenrecht

Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

Gutgläubiger Erwerb vom nichtberechtigten Minderjährigen

Gutgläubiger Erwerb vom nichtberechtigten Minderjährigen

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Der siebzehnjährige B ist aufgrund eines Leihvertrags mit V Besitzer eines Laptops. Diesen verkauft er an K. K weiß, dass B im örtlichen Fußballverein in der U-18 Juniorenmannschaft spielt. K hält B für den Eigentümer.

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Einordnung des Falls

Gutgläubiger Erwerb vom nichtberechtigten Minderjährigen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da B minderjährig ist, ist seine dingliche Einigungserklärung zur Übertragung des Eigentums an K schwebend unwirksam108 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Minderjährige bedarf für nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte der Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter (§§ 107, 108 BGB). Der Verkauf fremden Eigentums stellt sich für den Minderjährigen weder als vorteilhaft, noch als nachteilig dar. Man spricht daher vom rechtlich neutralen Geschäft. Nach herrschender Meinung bedarf der Minderjährige bei rechtlich neutralen Geschäften nicht der Zustimmung der Eltern.Begründet wird dies mit dem Rechtsgedanken des § 165 BGB: Auch hier ist die beschränkte Geschäftsfähigkeit des Vetreters für das Vertretergeschäft ohne Relevanz, da die rechtlichen Folgen nicht den Vertreter, sondern den Vetretenen treffen.
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2. K hat Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. B und K haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. B hat K den Laptop übergeben. B und K waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an G übergehen soll. B war jedoch nicht verfügungsbefugt.

3. Der gutgläubige Erwerb vom nichtberechtigten Minderjährigen ist nach hM ausgeschlossen.

Nein!

K muss gutgläubig bzgl. der Eigentümerstellung des B gewesen seinTeile der Literatur lehnen den gutgläubigen Erwerb vom nichtberechtigten Minderjährigen ab. Träfe die Vorstellung des Erwerbers -dass der Minderjährige Eigentümer ist - zu, so scheiterte die dingliche Einigung an der fehlenden Zustimmung der Eltern. Der Erwerber erhielte vom minderjährigen Nichtberechtigten also mehr, als vom minderjährigen Berechtigten. Nach herrschender Meinung kommt es aber auf die Rechtslage die bestünde, wenn der den Erwerber schützende Rechtsschein der Wirklichkeit entspräche, nicht an. Begründet wird dies mit den unterschiedlichen Schutzrichtungen der § 107 BGB und § 932 BGB.

4. K Hat Eigentum nach §§ 929 S. 1, 932 BGB erworben.

Genau, so ist das!

Der Eigentumserwerb nach §§ 929 S. 1, 932 BGB setzt voraus: (1) (1) Übereignung nach § 929 S. 1 BGB durch Übergabe vom Veräußerer, (2) Fehlende Berechtigung des Veräußerers, (3) Gutgläubigkeit des Erwerbers (§ 932 Abs. 2 BGB), (4) Kein Abhandenkommen der Sache (§ 935 BGB).B und K haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. B hat K den Laptop übergeben. B und K waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an K übergehen soll. B war nicht verfügungsbefugt. K war auch gutgläubig (§ 932 Abs. 2 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DO

DonQuiKong

10.3.2020, 08:45:39

Wieso ist es denn rechtlich neutral, fremdes Eigentum zu verkaufen? Dadurch verändern sich doch auch die Ansprüche des Eigentümers gegen den Minderjährigen. Wenn er jetzt aus geistiger Unreife Papas Porsche für 1€ verkauft, ist er danach trotzdem insolvent, oder nicht?

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

31.3.2020, 17:35:59

Hi, herzlichen Dank für die Frage! Du hast den Knackpunkt genau erfasst. Ob es rechtlich neutral ist, fremdes Eigentum zu verkaufen, ist umstritten. Die herrschende Meinung sieht das so, weil auf der rein dinglichen Ebene keine unmittelbar nachteilige Veränderung für den beschränkt Geschäftsfähigen eintritt. Man liest das aus dem Rechtsgedanken des § 165 BGB. Andere vertreten - wie Du - die Ansicht, dass auch die mittelbar nachteiligen Folgen gegen den beschränkt Geschäftsfähigen zu berücksichtigen seien, etwa Ersatzansprüche aus §§ 280, 816, 823 BGB. In der Klausur kommt es - wie immer - auf die Argumentation an. Beide Ansichten sind vertretbar. Ich hoffe, die Frage damit beantwortet zu haben! Viele Grüße Für das Jurafuchs-Team - Stefan

Vulpes

Vulpes

23.1.2021, 09:34:36

Ich fande die Argumente der hL hier nicht nachvollziehbar. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe wurde hier behauptet, dass nur die Nachteile relevant sein sollen, die unmittelbar wirken. Anders beurteilt dir hM den gleichen SV aber wenn es um den mittelbar nachteilhaften Erwerb von Grundstücken geht, etwa wenn das Haus vermietet wird. Da waren die mittelbaren Nachteile auf einmal doch relevant...

Tigerwitsch

Tigerwitsch

4.2.2021, 23:21:42

Welche Meinung vertritt denn die Rechtsprechung (insbesondere BGH) zu dieser Frage (ob es sich um eine rechtlich neutrales oder nachteiliges Geschäft handelt)?

Sambajamba10

Sambajamba10

25.11.2023, 12:44:07

@[Vulpes](105843) Du bist mE im Unrecht. Es sind unmittelbar (und nicht nur mittelbar) wirkende Nachteile, weil der Mj sodann in die Rechtsstellung des Vermieters tritt (§ 566).

Falsus Prokuristor

Falsus Prokuristor

29.5.2024, 10:42:23

Ich finde die Argumentation des BGH dieser Stelle ebenfalls konsequent. Bei Erwerb eines vermieteten Grundstücks treten die Folgen tatsächlich unmittelbar ein, weil der minderjährige Vertragspartei wird, unter die Pflichten daraus zu erfüllen hat. Im Falle der hier genannten Verfügung handelt es sich um Sekundäransprüche, insofern nur unmittelbare Folgen. Bei Schadensersatzansprüchen müsste ein Verschulden vorliegen, so dass unbillige Ansprüche gegen den minderjährigen ausgeschlossen werden können. Die verschuldensunabhängigen, bereicherungsrechtlichen Ansprüche sind auf die Herausgabe des Erlangten und zusätzlich durch die

Entreicherung

beschränkt, so dass der Minderjährige nicht schlechter stehen kann als ohne die Verfügung über fremdes Eigentum. Ich denke, so wird die Argumentation der h.M. klar.

Falsus Prokuristor

Falsus Prokuristor

29.5.2024, 10:44:15

Tippfehler: Sekundäransprüche sind natürlich mittelbare Folgen. 

N00B

n00b

10.8.2022, 08:07:09

In der einen Frage kommt es auf die Zustimmung der Eltern nicht an, während es in der nächsten (neutral gestellten Frage) aber genau daran scheitern soll...

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.8.2022, 16:21:19

Hallo n00b, hier müsstest Du mir noch einmal auf die Sprünge helfen. Insgesamt werden 4 Fragen gestellt: In Frage 1 geht es um die Frage, ob die

dingliche Einigung

mangels Zustimmung der Eltern unwirksam ist --|> dies ist nicht der Fall, da es ein

rechtlich neutrales Geschäft

ist. Frage 2 behandelt den Eigentumserwerb nach § 929 S.1 BGB. -->|Da B nicht Eigentümer, sondern nur Besitzer des Laptops ist, fehlt es ihm hierfür an der

Verfügungsbefugnis

. Frage 3 behandelt die Frage, ob ein gutgläubiger Erwerb (§ 929 S. 1,

932 BGB

) vom Minderjährigen ausgeschlossen ist --|> Nein, man kann vom Minderjährigen gutgläubig erwerben, sofern es nicht um dessen EIgentum geht. In Frage 4 folgt dann die konkrete Subsumtion im Fall. Einen Fehler kann ich insoweit nicht erkennen :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

FUCH

Fuchsfrauchen

7.11.2022, 22:20:45

Hi Lukas, ich bin tatsächlich über die gleiche Stelle wie n00b gestolpert. Das dingliche Geschäft ist für den Minderjährigen rechtlich neutral. In Frage 3 heißt es dann, "Träfe die Vorstellung des Erwerbers - dass der Minderjährige Eigentümer ist - zu, so scheitert die

dingliche Einigung

an der fehlenden Zustimmung der Eltern." Ich bringe das irgendwie noch nicht zusammen, warum er dann die Zustimmung der Eltern bräuchte. 🤔 Oder sind das einfach die unterschiedlichen Perspektiven: Der Minderjährige darf verkaufen - aber der Erwerber darf nichts von einem Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern erwerben!?

LexSuperior

LexSuperior

1.1.2023, 13:56:56

@[Fuchsfrauchen](89264)en Träfe die Vorstellung des Erwerbers zu, so wäre der Minderjährige ja nicht Nichtberechtigter Veräußerer, sondern im Gegenteil ein berechtigter Veräußerer. Dann braucht er natürlich die Zustimmung der Eltern (gibt sein eigenes Eigentum weg - rechtlich nicht lediglich vorteilhaft / bzw. neutral). Wenn die Vorstellung aber falsch ist, ist der Minderjährige ein nichtberechtigter Veräußerer. Er veräußert also praktisch fremdes Eigentum. Infolgedessen ist es ein neutrales RG. Das bedeutet dann in der Folge auch, dass er keine Zustimmung der Eltern benötigt. Hoffe das ist richtig und auch verständlich geschrieben:D

FUCH

Fuchsfrauchen

1.1.2023, 18:34:06

Danke LexSuperior! Jetzt macht es Sinn! ;)

LO2

Lo2te

1.2.2023, 14:35:50

Hallo, ich finde es schwierig, dass die Frage ob der gutgläubigen Erwerb von Minderjährigen ausgeschlossen ist überhaupt in der Ja\Nein Fragestellung beantwortet werden muss. Wie bereits in der Erklärung gesagt wird gibt es hier Vertretende für beide Meinungen. Ich fände schön, wenn hier die Frage konkretisiert wird auf hL oder Rechtsprechung

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.2.2023, 17:06:38

Vielen Dank für den Hinweis, Lo2te! Unsere Aufgaben folgen grundsätzlich der herrschenden Meinung, da an dieser in der Regel auch die Lösungsskizzen der Klausuren im Examen ausgerichtet sind. Um dies hier noch deutlicher zu machen, haben wir dies auch entsprechend in die Fragestellung mit aufgenommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

PET

Petrus

13.3.2023, 10:42:22

Hier wird die Argumentation teilweise darauf gestützt, dass K ein „Mehr“ bekommt, als wenn seine Vorstellung, dass der Minderjährige Berechtigter ist, zutreffen würde. Es wäre schön, wenn aus dem Sachverhalt abzulesen wäre, dass K auch weiß, dass B minderjährig ist. Ansonsten wäre seine Vorstellung ja nur, dass er von einem berechtigten Erwachsenen Eigentum erwirbt.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

14.3.2023, 12:41:45

Hallo Petrus, danke dir. Wir haben eine entsprechende Info im Sachverhalt ergänzt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

14.9.2023, 17:55:36

Kann man sagen, dass die §§ 107 ff. einfach keine Rechtsscheinsvorschriften sind und der Minderjährigenschutz auf tatsächlichen Umständen aufbaut und nicht auf hypothetischen, die Stoßrichtung also eine ganz andere ist als beim Gutglaubensschutz?

LELEE

Leo Lee

16.9.2023, 16:51:32

Hallo evanici, das ist an sich kein schlechtes Argument; beachte jedoch, dass hier der Streitpunkt nicht die §§ 107 ff., sondern die §§

932

ff. sind. Deshalb müsstest du eher mit den §§

932

ff. argumentieren :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

der unerkannt geisteskranke E

der unerkannt geisteskranke E

30.11.2023, 20:10:11

Im Streit, ob von Minderjährigen gutgläubiger Eigentumserwerb möglich ist, ist doch auch zu berücksichtigen, dass die erforderliche Zustimmung auch gem. § 183 BGB als Einwilligung, also bereits vor Vornahme des Rechtsgeschäfts dem Minderjährigen gegenüber hätte erklärt werden können. Der gutgläubige Erwerber wird also nur potentiell besser gestellt also der nicht gutgläubige Erwerber, da durchaus auch bei diesem möglich ist, dass das

Verfügungsgeschäft

sofort wirksam, also nicht gem. § 108 I BGB

schwebend unwirksam

ist.

LELEE

Leo Lee

2.12.2023, 20:21:24

Hallo der

unerkannt geisteskrank

e E, es stimmt zwar völlig, dass – wie du sagst – bei einer möglichen Einwilligung gem. § 183 BGB der Erwerber nur potentiell besser gestellt wird als der nicht gutgläubige Erwerber. Beachte allerdings, dass die h.M. einen anderen Ansatz verfolgt: Hier kommt es nicht darauf an, was hätte sein können, sondern WIE ES IST/WAR für den Erwerber. Somit ist es für die h.M. i.E. egal, ob eine Einwilligung hätte erfolgen können oder nicht, da es nur darauf ankommt, ob der Erwerber gutgläubig war oder nicht gem. §

932

II BGB :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

JO

Joseph

23.3.2024, 14:02:16

Wo Vororte ich den Streit, ob gutgläubiger Erwerb vm MJ möglich ist oder nicht? Das wäre schön, wenn ihr das mit in das "Schema" am Ende aufnehmt.

LELEE

Leo Lee

29.3.2024, 06:40:32

Hallo Joseph, vielen Dank für die sehr gute Frage! Da dieser Problemkreis die Frage betrifft, inwiefern der Erwerber vor dem „falschen“ minderjährigen Eigentümer schutzwürdig ist, ist der Streit auch beim Punkt „Gutgläubigkeit“ i.R.d.

932

anzusprechen. Wir haben nochmal als Maßstab diesen Punkt ergänzt! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Soergel 14. Auflage, Höfpner §

932

Rn. 36 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Paulah

Paulah

26.5.2024, 09:52:16

Mir ist nicht klar, warum K gutgläubig sein soll. Er wusste doch, dass B in der U-18 spielt!

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.5.2024, 11:17:08

Hallo Paulah, in der Tat ist die in dem Fall behandelte Konstellation durchaus etwas komplizierter. Um das Ganze gedanklich zu entwirren, hilft es sich nochmal den Bezugspunkt und Zweck der §

932

ff. BGB vor Augen zu führen. Die Gutgläubigkeit muss sich auf die Verfügungsberechtigung hinsichtlich des Eigentums beziehen, d.h. auf die Eigentümerstellung oder eine anderweitige Verfügungsmacht des Verfügenden. Zweck des §

932

ff. BGB ist nicht der Schutz des Minderjährigen, daher ist irrelevant, wenn sich der Rechtsschein auf einen - durch die Minderjährigkeit - in seiner Verfügungsmacht eingeschränkten Eigentümer bezieht. Der Minderjährige selber wird durch die Minderjährigenvorschriften hinreichend geschützt nach herrschender Meinung. Es kann somit außer Acht bleiben, dass der K von der Minderjährigkeit des B wusste, dies ist weder Bezugspunkt noch Schutzzweck des §

932

Abs. 2 BGB. Wenn du dir die Problematik - insbesondere die Verwicklungen würde man den Schutzzweck der §§

932

ff. BGB auf die Minderjährigkeit ausdehnen - nochmal anhand eines Klausurfalles erarbeiten möchtest, findest du eine schöne Aufbereitung in JuS 2003, 769. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Paulah

Paulah

26.5.2024, 20:43:35

Danke, Nora, sowohl für die Erklärung als auch den Literaturhinweis! Da lohnt sich das JUS-Abo doch endlich mal.

Ala

Ala

29.8.2024, 15:22:56

Hi Nora, vielen Dank auch von mir für die hilfreiche Ausführung! :) Ich glaube es hat sich jedoch ein kleiner Fehler eingeschlichen (,der in der Klausur blöd kommen könnte, daher hier die Anmerkung): §

932 BGB

schützt nur den guten Glauben an die Eigentümerstellung, nicht an eine anderweitige Verfügungsmacht. Lieben Gruß, Ala

0815jurafuchs

0815jurafuchs

19.6.2024, 21:42:16

Ich verstehe nicht ganz, warum das Verfügen über fremdes Eigentum nicht nachteilig sein soll für den Minderjährigen. Dieser verliert dadurch doch zumindest den unmittelbaren Besitz.

EFECA

Efecan

1.7.2024, 13:48:35

Ich gehe davon aus, dass es damit zutun hat, dass der unmittelbare Besitz nicht als Rechtsposition sondern nur als tatsächlicher Zustand angesehen wird. Ein Geschäft ist aber nachteilhaft, wenn der Minderjährige eine Rechtsposition besitzt.

0815jurafuchs

0815jurafuchs

4.7.2024, 20:33:49

Ich weiß ja nicht. 986 BGB spricht vom Recht zum Besitz. 854 ff. regeln Befugnisse und Rechte des Besitzers. Von daher würde ich Besitz als Rechtsposition ansehen.

EFECA

Efecan

4.7.2024, 22:11:49

Falsch, der Recht zum Besitz ist eine Rechtsposition welche auch geschützt wird, aber lediglich der Besitz ist keine Rechtsposition. Vielmehr bedarf es für den Besitz auch den tatsächlichen und keinen rechtsgeschäftlichen Willen. B verliert auch nicht sein rechtmäßiges

Besitzrecht

, dieses besteht aufgrund des unwirksamen Leihvertrages nicht.

0815jurafuchs

0815jurafuchs

8.7.2024, 21:15:56

Woraus ergibt sich die Unwirksamkeit des Leihvertrages? Ich ging bei diesem SV davon aus, dass der Leihvertrag wirksam ist. Entsprechend gibt B durch die Eigentumsübertragung seine

Besitzrecht

e auf.

CR7

CR7

21.8.2024, 14:22:28

Der Leihvertrag ist unwirksam, weil der Minderjährige als beschränkt geschäftsfähiger Person nach §§ 106,

108 BGB

die Zustimmung seiner Eltern benötigt hätte. Der LV ist nicht

lediglich rechtlich vorteilhaft

, da er Pflichten wie die Rückgabe und Erhaltung des Laptops (§§ 601, 604 BGB) übernehmen musste...

HGWrepresent

HGWrepresent

30.9.2024, 22:52:34

Aber ob der Leihvertrag wirksam ist oder nicht, steht nicht im Sachverhalt. Wir können beide Szenarien durchspielen: 1. Wenn er wirksam wäre, würde B durch die

Übereignung

und Übergabe gem. §§ 929 I,

932

seinen Besitz verlieren. Fraglich ist, ob Besitz eine geschützte Rechtsposition ist. Besitz ist zwar kein Recht, aber wird teils (bspw. 823 I) wie ein Recht geschützt. Sein Recht zum Besitz verliert B aber meines Erachtens nach nicht durch die Übergabe, sondern durch den Kaufvertrag (Abstraktions- und

Trennungsprinzip

). Folglich lässt sich über das dingliche Geschäft streiten. Der Kaufvertrag ist auf jeden Fall unwirksam. 2. Ob ein Leihvertrag unwirksam ist, weil B beschränkt geschäftsfähig ist, müsste man recherchieren, denn B verpflichtet sich lediglich, die Leihsache zurückzugeben, also nur über das, was er erlangt hat. Könnte also auch rechtlich neutral sein. Aber wenn er, aus welche Gründen auch immer, unwirksam ist, dann verliert B durch die

Übereignung

und Übergabe ebenfalls nur den Besitz. Unabhängig vom Leihvertrag bleibt also strittig, ob der Gutglaubenserwerb vom beschränkt geschäftsfähigen für diesen rechtlich neutral oder nachteilhaft ist. Der Rechtsgrund, also der Kaufvertrag, ist so oder so weggefallen, sodass der Eigentümer einen Anspruch aus 812 I S. 1 Var. 1 haben müsste.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

5.11.2024, 21:26:54

Hallo @[0815jurafuchs](237790), hier kamen schon einige gute Wortmeldungen. Ich werde mal versuchen, das Ganze noch etwas zu präzisieren, auch wenn wir iRe Forumspost nicht alles aufklären können. Zum Verlust des unmittelbaren Besitzes findet sich in der Lit explizit tatsächlich kaum etwas, er scheint aber nicht als rechtlich nachteilhaft angesehen zu werden. Meine Vermutung (!) dahingehend ist dieselbe wie die von @[Efecan](245034): Der unmittelbare Besitz als solcher ist etwas rein Tatsächliches, darauf kommt es iRd rechtlichen Vorteils/Nachteils §

107 BGB

nicht an. Interessant wäre höchstens das Recht zum Besitz (RzB). Das verlöre unser B aber ohnehin nicht durch die tatsächliche Hergabe der Sache, sondern höchstens infolge des Vertragsschlusses mit K - der ja ohnehin

schwebend unwirksam

ist. Ich stimme Efecan und @[CR7](145419) (ebenfalls) dahingehend zu, dass der Leihvertrag zwischen V und B nach § 108 I BGB

schwebend unwirksam

ist, B also schon gar kein RzB hat. Als unvollkommen zweiseitiger Vertrag begründet die

Leihe

für B zB nicht nur eine rechtlich nachteilhafte

Rückgabepflicht

nach § 604 I BGB, sondern auch die ebenfalls rechtlich nachteilhafte Pflicht, nach § 601 I BGB die Kosten der gewöhnlichen Erhaltung zu tragen (näher BeckOGK-BGB/Duden, Stand 1.5.2024, § 107 Rn 54). Ob die

Übereignung

einer fremden Sache rechtlich neutral ist, kann man diskutieren, hM sagt ja (näher zu den Argumenten BeckOGK-BGB/Duden, Stand 1.5.2024, § 107 Rn 84 ff). Das Eigentum des V ist danach also weg (gutgläubiger Erwerb; kein

Abhandenkommen

iSd § 935 I 1 BGB). Welche Rechte hat nun V? Hier wirds kompliziert und man kann man vieles anprüfen. Evtl schon cic,

angemaßte Eigengeschäftsführung

des B nach § 687 II BGB (wegen bewusster Veräußerung fremder Sache), Ansprüche aus EBV gegen B (kein RzB wegen schwebender Unwirksamkeit des Leihvertrags, s oben) und vor allem bereicherungsrechtlich wirds knifflig (sofern nicht ohnehin gesperrt?): Eigentlich haben wir einen klassischen Fall von § 816 I BGB, aber wegen der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrags hat B gegen K möglicherweise auch einen Kondiktionsanspruch (aber: gerichtet auf was? B selbst hatte ja weder Eigentum noch Recht zum Besitz...). Und kann V evtl von B diesen Kondiktionsanspruch kondizieren? Keine einfachen Fragen, auf die man in einer Prüfungsaufgabe näher eingehen müsste, wobei sich im wertungsabhängigen BereicherungsR mit entsprechender Argumentation sicher einiges vertreten ließe. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

0815jurafuchs

0815jurafuchs

6.11.2024, 07:30:45

Hallo @[Sebastian Schmitt](263562) danke für die Einordnung.

SI

Simge

7.11.2024, 00:26:24

Bei der letzten Aussage fände ich es gut, wenn stehen würde, nach welcher Ansicht (hier: h.M.) gutgläubig erworben wurde, zumal der

gutgläubiger Erwerb vom Minderjährigen

doch strittig ist.


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