§ 316 StGB: Fahrlässigkeit - keine Zäsur - Vorsatz
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T weist eine BAK von 1,1‰ auf, hält sich aber sorgfaltswidrig für fahrtüchtig. Daher unternimmt er mit seinem Pkw eine „Spritztour“. Als er bei einer Pinkelpause ins Schwanken gerät, wird ihm seine Fahruntüchtigkeit bewusst. Dennoch setzt er die Fahrt fort.
Einordnung des Falls
§ 316 StGB: Fahrlässigkeit - keine Zäsur - Vorsatz
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den objektiven Tatbestand der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB) verwirklicht.
Ja!
2. T hat die Trunkenheit im Verkehr vorsätzlich verwirklicht (§ 316 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
3. Durch die Pinkelpause wird die „Trunkenheitsfahrt“ in einen fahrlässigen (§ 316 Abs. 2 StGB) und einen vorsätzlichen (§ 316 Abs. 1 StGB) Teil aufgespalten (§ 53 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fahrradfischlein
13.11.2020, 10:16:33
Das heißt dann also es bleibt im Ergebnis bei einer fahrlässigen Begehung? Letztlich kann man doch nicht wenn die Pinkelpause keine
Zäsurwirkunghat den danach entstandenen Vorsatz auf die ganze Tat erstrecken. Das ginge doch zu Lasten des Täters.
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Eigentum verpflichtet 🏔️
13.11.2020, 14:55:56
Hallo Fahrradfischlein, nein es liegt vorsätzliche Begehungsweise vor. Zunächst hat T den Tatbestand des § 316 Abs. 2, 1 StGB (fahrlässig) begangen. Da die Pinkelpause aber nur eine Pause war und danach kein neuer Entschluss entstand loszufahren, sondern der alte fortgesetzt wurde, liegt keine Zäsur vor. Allerdings hatte er in diesem Moment Vorsatz. Dieser Motivwechsel führt dann zu einer Strafbarkeit wegen vorsätzlichen Delikts, allerdings nicht zu einer zusätzlichen Strafbarkeit wegen der vorangegangenen fahrlässigen Begehung. Von daher ist es für den Täter ja vorteilhaft, dass hier keine Zäsur angenommen wird, da sonst Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Abs. 1 StGB in Tatmehrheit (§ 53 StGB) mit Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Abs. 2, 1 StGB (fahrlässig) vorliegen würde.
Nickname
14.1.2023, 18:03:22
Aber der Vorsatz lag doch nicht zum Zeitpunkt der Begehung der Tat vor, diese Wertung verstößt doch gegen das Koinzidenzprinzip, wenn ich den gefassten Vorsatz der Pinkelpause auf die fahrlässige Tatbegehung „vorverlagere“
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Larzed
24.2.2023, 12:57:45
Doch, das Koinzidenzprinzip ist gewahrt. Es sagt lediglich aus, dass der Vorsatz bei Begehung der Tat vorliegen muss. D.h. ja nicht, dass der Vorsatz zwingend am Anfang der ersten Tatausführung vorgelegen haben muss. Vielmehr ist bei Dauerdelikten ausreichend, dass der Vorsatz während der Begehung gebildet wird. Er darf nur nicht nach Abschluss der Deliktsverwirklichung gebildet werden.