Sachmangel: Vereinbarte Beschaffenheit, § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 – Vereinbarung "für Reitanfänger geeignet"
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft von V ein Reitpferd für €55.000. Sie vereinbaren, dass es sich bei dem Pferd um ein leicht umgängliches, für Anfänger geeignetes Lehrpferd handelt. Kurz nach Übergabe stellt sich heraus, dass das Pferd bereits bei Gefahrübergang scheu und nervös ist und sein Umgang besondere Erfahrung verlangt.
Einordnung des Falls
Sachmangel: Vereinbarte Beschaffenheit, § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 – Vereinbarung "für Reitanfänger geeignet"
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Sache hat einen Sachmangel, wenn sie bei Gefahrübergang von der „vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB).
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Ja!
2. Das von K gekaufte Pferd hat einen Sachmangel, da es bei Gefahrübergang von der vereinbarten Beschaffenheit als „leicht umgängliches Anfängerpferd“ abweicht (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 90a S. 3 BGB BGB).
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Genau, so ist das!
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🦊LEXDEROGANS
3.6.2020, 12:01:08
Wie wäre der Fall wohl zu beurteilen, wenn das Reitpferd zwar normalerweise ruhig und umgänglich ist, jedoch gerade und nur in Anwesenheit von K immer ganz verrückt spielt?
gelöscht
29.6.2020, 06:53:58
Dann dürfte eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit wohl kaum zu bejahen sein, da sie nicht dauerhaft, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen zu Tage tritt. Passiert dies nur bei einer bestimmten Person, kann man kaum von genereller Abweichung reden.

Marilena
29.6.2020, 08:22:39
Hallo Marcus, danke für Deine wertvolle Anmerkung und Reaktion auf den Kommentar von Lexderogans. Das sehen wir auch so.
matse
28.1.2022, 10:55:39
Ich bin ein wenig verwirrt, denn meine Professorin hat uns immer eingetrichtert dass ein Sachmangel bei Rittigkeitsproblemen nur in Ausnahmefällen zu bejahen sind. Es ist nicht eindeutig zu beweisen, dass sich die Rittigkeitsprobleme nicht auf den natürlichen Instinkt des Pferdes als Fluchttier zurückgeht. Darüber hinaus könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass das Pferd bei Gefahrübergang auch schon von den Beschaffenheitsvoraussetzungen abgewichen ist, da sich ausgebildete Charakterzüge auch erst danach bei der neuen Eigentümerin zeigen könne. Inwieweit könnte man in welchen Fällen die Verkäuferin zur Rechenschaft ziehen und wann überwiegt die Unbestimmtheit des tierischen Charakters/Verhaltens?
matse
28.1.2022, 11:19:29
Ergänzung: Viel mehr läge es in der Risikosphäre des Käufers, wenn er bestimmte Charakterzüge des Pferdes zum Kaufvertragsbestandteil macht, welche sich allerdings aus x-beliebigen Gründen ändern könnten oder auf unsachgemäßen Umgang mit dem Pferd durch die neue Eigentümerin zurückzuführen sein könnte.

Lukas_Mengestu
28.1.2022, 19:11:36
Hallo matse, für die Praxis mag das stimmen und als Faustformel auch geeignet sein. Dennoch würde ich dringend davon abraten, diese Faustformeln in der Klausur anzuwenden. Denn zumindest im ersten Examen kommt es nicht auf Beweisproblematiken an. Vielmehr stellst Du Dir - ob Pferd oder Auto - die immer gleichen zwei Fragen: 1. Erfüllt die Kaufsache die Anforderungen des § 434 Abs. 1 BGB (falls nein= Sachmangel). 2. Lag dieser Mangel schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor. Beide Fragen müssen durch den Sachverhalt beantwortet werden. Ist vereinbart, dass sich das Pferd leicht reiten lässt und steht im Sachverhalt, dass dies nicht der Fall ist, so liegt ein Mangel vor. Ob dies zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs so war, muss sich entweder klar aus dem Sachverhalt ergeben oder ggfs. aus

Lukas_Mengestu
28.1.2022, 19:14:12
der Beweislastumkehr des § 477 Abs. 1 S. 2 BGB. In dem hier zugrundeliegenden Originalfall hatte das Gericht tatsächlich sowohl den Sachmangel als auch ds Bestehen zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs als erwiesen erachtet. In der Praxis ist dies aber letztlich immer eine Frage des Einzelfalls. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team