§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB - Negative Beschaffenheitsvereinbarung


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Klassisches Klausurproblem
Neues Kaufrecht 2022

Anwältin A kauft für ihre Kanzlei von Händlerin H ein Dienstfahrrad. Beim Abschluss des Kaufvertrags vereinbaren sie mündlich, dass die Bremsen des Fahrrads defekt sind und eigenhändig von A ausgetauscht werden müssten, damit das Fahrrad betriebsbereit ist.

Einordnung des Falls

§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB - Negative Beschaffenheitsvereinbarung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Fahrrad ist frei von Sachmängeln, wenn es bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen genügt (§ 434 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Das seit dem 1.1.2022 geltende Kaufrecht sieht einen Gleichrang von subjektivem und objektivem Fehlerbegriff vor. Die subjektiven Anforderungen ergeben sich detailliert aus § 434 Abs. 2 BGB, die objektiven aus § 434 Abs. 3 BGB. Die Montageanforderungen regelt § 434 Abs. 4 BGB. Nach § 434 Abs. 1 BGB a.F. war die Sache „frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit“ hatte. Danach hatte der subjektive Fehlerbegriff Vorrang.

2. Entspricht eine Sache den subjektiven Anforderungen, wenn sie bei Gefahrübergang von der „vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Kaufsache muss zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs den subjektiven Anforderungen entsprechen (§ 434 Abs. 1 BGB). Hierzu gehört die vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Anhaltspunkte zur Bestimmung der Beschaffenheit ergeben sich aus § 434 Abs. 2 S. 2 BGB. Eine Vereinbarung liegt vor, wenn der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen.§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.

3. Parteien können die Beschaffenheit nicht nur positiv vereinbaren, sondern auch regeln, dass einer Sache bestimmte Eigenschaften fehlen (negative Beschaffenheitsvereinbarung).

Ja!

Die Parteien können die Beschaffenheit sowohl positiv (Bestehen bestimmter Eigenschaften) als auch negativ (Fehlen bestimmter Eigenschaften) vereinbaren. Haben die Parteien das Fehlen von Eigenschaften vereinbart, so ist es unerheblich, dass die Sache insoweit nicht den objektiven Anforderungen entspricht. Denn aus § 434 Abs. 3 S. 1 BGB ergibt sich, dass die Sache sich an den objektiven Anforderungen nur zu messen hat, soweit nicht etwas anderes wirksam vereinbart wurde.Trotz des in § 434 Abs. 1 BGB normierten Gleichrangs der objektiven und subjektiven Anforderungen, geht im Ergebnis die subjektive Vereinbarung vor.Negative Beschaffenheitsvereinbarung zwischen Verbraucher und Unternehmer sind nur noch unter den strengen Voraussetzungen des § 476 Abs. 1 S. 2 BGB wirksam.

4. Das Fahrrad hat die vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Zwischen Verbrauchern (§ 13 BGB) sowie zwischen Unternehmern (§ 14 BGB) werden keine Anforderungen an die Ausgestaltung der Beschaffenheitsvereinbarung gestellt. Sie ist also auch mündlich und konkludent möglich. A und H sind beide Unternehmer (§ 14 BGB). A und H haben vereinbart, dass das Fahrrad zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwar nicht fahrtüchtig ist, die Fahrtüchtigkeit aber durch eine Nachrüstung der Bremsen einfach erreicht werden kann. Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung war auch nach altem Recht genauso möglich.

5. Das Fahrrad eignet sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung.

Ja, in der Tat!

Vertraglich vorausgesetzt ist die nicht vereinbarte, aber beiderseits unterstellte konkrete Verwendung der Kaufsache, die von der gewöhnlichen Verwendung abweichen kann. A und H haben vereinbart, dass die Bremse am Fahrrad nachgerüstet werden muss. Weitere Mängel soll das Fahrrad nicht haben. Die vom Vertrag vorausgesetzte Verwendung ist also, dass das Fahrrad nach der Nachrüstung der Bremse fahrtüchtig ist. Mangels entgegenstehender Angaben im Sachverhalt ist davon auszugehen, dass dies der Fall ist.

6. Die subjektiven Anforderungen an die Kaufsache sind erfüllt (§ 434 Abs. 2 BGB).

Ja!

Wie bereits festgestellt, entspricht das Fahrrad der vereinbarten Beschaffenheit und der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung. Anhaltspunkte für Zubehör bzw. Anleitungen ergeben sich nicht aus dem Sachverhalt. Somit sind alle subjektiven Anforderungen des § 434 Abs. 2 BGB erfüllt.

7. Sofern das Fahrrad mit Ausnahme der Bremsen den objektiven Anforderungen entspricht, ist es frei von Sachmängeln.

Genau, so ist das!

Eine Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen genügt (§ 434 Abs. 1 BGB).Wie festgestellt, entspricht das Fahrrad den subjektiven Anforderungen. Bezüglich der Bremsen hat die subjektive Vereinbarung Vorrang vor den objektiven Anforderungen. Im Übrigen liegen die objektiven Anforderungen vor. Eine Montage war nicht vereinbart. Das Fahrrad ist somit frei von Sachmängeln.

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