Grundfall: Handlungsstörer
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Trompeter T übt nachts immer wieder für seine Konzerte. Nachbar N kann daher nicht vernünftig schlafen und bittet den T eines Nachts darum, mit dem nächtlichen Üben aufzuhören.
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Einordnung des Falls
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Musizieren stellt eine Beeinträchtigung iSd § 1004 Abs. 1 BGB dar.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. T ist auch Störer.
Ja!
3. N kann von T nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB die Beseitigung der Störung verlangen.
Genau, so ist das!
4. N kann von T aber keine Unterlassung nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jurapro
18.1.2023, 16:38:38
Mich irritiert ein bisschen der Aufbau von 1004. Rechtswidirgkeit der Eigentumsbeeinträchtigung und keine
Duldungspflicht sind als sparate Punkte aufgeführt. Ich dachte eine Eigentumsbeeinträchtigung ist rechtmäßig, wenn eine
Duldungspflicht besteht.
Lukas_Mengestu
18.1.2023, 17:18:27
Hallo Jur
apro, vielen Dank für die gute Nachfrage! Hinter diesem Prüfungsschemas, dass Du auch in der gängigen Ausbildungsliteratur findest (zB Wellenhofer, Sachenrecht, § 24 RdNr. 2, 25), steht eigentlich die Frage der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast der Parteien in einem Prozess. Grundsätzlich gilt im Zivilrecht der Grundsatz, dass der Anspruchsteller verpflichtet ist, sämtliche für ihn günstigen Tatsachen, die den Anspruch begründen, darzulegen und zu beweisen. Auch wenn dies nicht explizit in dem Gesetzestext des §
1004 BGBsteht, gehört der Umstand, dass die Eigentumsbeeinträchtigung rechtswidrig erfolgt, zu den Voraussetzungen, damit überhaupt ein Anspruch besteht. Ähnlich wie bei deliktischen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB indiziert die Eigentumsbeeinträchtigung allerdings grundsätzlich die Rechtswidrigkeit (Herrler, in: Grüneberg, BGB, § 1004 RdNr 12). Diesem Punkt kommt insoweit keine große eigenständige Relevanz zu. Grundsätzlich kannst Du die Rechtswidrigkeit des Zustandes also regelmäßig kurz feststellen. Hat der Anspruchsteller also die anspruchsbegründenden Tatsachen dargelegt ((1)Eigentümer, (2) Eigentumsbeeinträchtigung, (3)
AnspruchsgegnerStörereigenschaft hat, (4) die Eigentumsbeeinträchtigung ist rechtswidrig (wird indiziert)), so hat er seinen Job getan und kann sich zurücklehnen. Nun kann der
Anspruchsgegnerwiederum versuchen, dem Anspruch Einwendungen entgegenzuhalten. Zu diesen gehört das Bestehen einer entsprechenden
Duldungspflicht (5) (insofern ist es auch unpräzise, diese als "Voraussetzung des Beseitigungs-
Unterlassungsanspruchs" zu bezeichnen, vgl. Wellenhofer, Sachenrecht, § 24 RdNr. 2). Für das Bestehen einer solchen
Duldungspflicht ist der
Anspruchsgegnerdarlegungs- und beweispflichtig. Aus diesem Wechselspiel ergibt sich der Umstand, dass hier Rechtswidrigkeit und
Duldungspflicht getrennt dargestellt sind. In der Klausur kannst Du dies aber sehr gut auch zusammenfassen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jurapro
18.1.2023, 21:12:49
Danke für die ausführliche Antwort. :-)