Zivilrecht

Sachenrecht

Negatorischer Abwehr- und Unterlassungsanspruch

Abwandlung: Störer - Naturereignis verschuldet

Abwandlung: Störer - Naturereignis verschuldet

4. Juli 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Eigentümerin E gehört ein Haus unterhalb eines von B betriebenen Staudamms. Bei einem Erdbeben wird die Mauer des Staudamms beschädigt, da dieser nicht fachgerecht errichtet war. Dadurch entweicht Wasser aus dem See und das Haus des E wird unter Wasser gesetzt.

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Einordnung des Falls

Abwandlung: Störer - Naturereignis verschuldet

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E kann von B die Beseitigung der Beeinträchtigung, also das Abpumpen des Wassers, nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen.

Ja!

Der Anspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer ist, (2) eine Eigentumsbeeinträchtigung vorliegt, (3) der Anspruchsgegner Störereigenschaft hat und (4) keine Pflicht zur Duldung der Störung besteht.
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2. Es liegt nach h.M. eine Eigentumsbeeinträchtigung bei E vor (§ 1004 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Unter die Eigentumsbeeinträchtigung fällt jede rechtliche oder tatsächliche, von außen kommende Einwirkung auf die Sache. Die Überflutung des Hauses mit dem Wasser aus dem Stausee stellt nach hM eine solche tatsächliche Einwirkung auf die Sache dar. Die genaue Reichweite des Begriffs ist umstritten. Nach einem Teil der Literatur wird lediglich der fortdauernde Zufluss des Wassers als Beeinträchtigung gesehen. Bereits mit dem Stoppen des Zuflusses läge dann keine weitere Beeinträchtigung mehr vor. Näheres hierzu findest Du in der Einheit "RF: Beseitigungsanspruch".

3. B ist allerdings kein Störer (§ 1004 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Störer ist derjenige, auf wessen Willensbetätigung die Beeinträchtigung unmittelbar oder adäquat mittelbar zurückzuführen ist. Dabei wird unterschieden zwischen dem Handlungsstörer, der durch sein Verhalten die Beeinträchtigung herbeiführt und dem Zustandsstörer, bei dem Beeinträchtigungen vom Zustand einer Sache in seinem Herrschaftsbereich ausgehen. Ausgenommen sind Einwirkungen die primär durch ein zusätzliches, von außen einwirkendes besonderes Naturereignis ausgelöst werden (BGH NJW 1993, 1855). Zwar wurde die Eigentumsbeeinträchtigung letztlich durch das Erdbeben verursacht. Allerdings hat B den beeinträchtigenden Zustand dadurch geschaffen, dass der Staudamm hier nicht fachgerecht errichtet war. Ob ihn dabei ein Verschulden trifft, ist für § 1004 BGB unerheblich. Daher ist er Zustandsstörer.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraddicted

Juraddicted

9.1.2025, 11:22:46

„Unter die Eigentumsbeeinträchtigung fällt jede rechtliche oder tatsächliche, von außen kommende Einwirkung auf die Sache.“ was wären Beispiele für rechtlichen Einwirkungen? Meint es etwas in die Richtung (nur öffentliche) Verbote? Oder Gesetzesänderungen? Vielen Dank :)

Sarinodino

Sarinodino

15.1.2025, 17:40:01

Eine rechtliche Beeinträchtigung bezieht sich auf die rechtlichen Verhältnisse an einer Sache. Gemäß § 903 S.1 BGB ist nur der Eigentümer zur rechtlichen Verfügung berechtigt. Wenn ein Dritter eine solche vornimmt, dann kann eine Beeinträchtigung vorliegen. Aber Achtung: Eine wirksame Verfügung eines Nichtberechtigten stellt keine Eigentumsbeeinträchtigung nach §

1004 BGB

dar, sondern einen

Schaden

!

Juraddicted

Juraddicted

16.1.2025, 15:10:10

Vielen Dank für die Erklärung und deine Mühe :)! Wie würden denn öffentlich-rechtliche Regelungen ebenfalls solche Beeinträchtigungen darstellen (Können)? Geht es hier nur um privatrechtliche Eingriffe oder können auch staatliche Maßnahmen relevant sein? Liebe Grüße

LMA

Lt. Maverick

20.5.2025, 12:46:36

@[Juraddicted](96780) Bei staatlichen Maßnahmen wären wir im öffentlichen Recht. z.B. Folgenbeseitigungsansprüche (öffentlicher Grillplatz von dem erhebliche Immissionen ausgehen). Die Herleitung dieses Anspruchs erfolgt auch aus dem Rechtsgedanken der §§ 12, 862,

1004 BGB

. Dabei handelt es sich gerade nicht um privatrechtliches, sondern

hoheitliches Handeln

, welches durchaus gerechtfertigt sein kann und geduldet werden muss. Auch gibt es besondere Verfahren bei Verwaltungsakten (auf die sich bspw. Vollzugsfolgenbeseitigungsansprüche beziehen), die entsprechende Berücksichtigung finden müssten.


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