Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Tenor

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (drei Beklagte)

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (drei Beklagte)

8. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Dagobert (D) verklagt, Tick (T1), Trick (T2) und Track (T3). Der Hauptsachetenor lautet: „T1, T2, T3 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an D €3.000 zu zahlen.“

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Einordnung des Falls

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (drei Beklagte)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T1, T2, und T3 sind einfache Streitgenossen.

Ja, in der Tat!

Streitgenossenschaft liegt vor, wenn in einem Verfahren entweder mehr als ein Kläger oder mehr als ein Beklagter auftreten. Streitgenossen sind diejenigen, die auf derselben Parteiseite stehen. Bei Streitgenossenschaft bestehen mehrere Prozessrechtsverhältnisse und Prozesse, die in einem Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung verbunden sind. Es handelt sich aber der Sache nach um selbstständige Verfahren.T1, T2 und T3 stehen gemeinsam auf Beklagtenseite und sind damit Streitgenossen.Für die Kostenentscheidung ist nicht maßgeblich, ob es sich um eine einfache oder notwendige (§ 62 ZPO) Streigenossenschaft handelt.
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2. D kann von T1, T2 und T3 jeweils nur €1.000 verlangen.

Nein!

Anders als bei der Teilschuld (§ 420 BGB) ist es wesentliches Merkmal der „Gesamtschuld“, dass der Gläubiger von einem Gesamtschuldner die gesamte Leistung und nicht bloß einen Teil fordern kann. Insgesamt kann er die Leistung aber nur einmal verlangen.D kann also von T1, T2 oder T 3 jeweils auch die volle Summe verlangen (€3.000), insgesamt aber nur einmal.

3. T1, T2, und T3 haften auch im Hinblick auf die Kosten gesamtschuldnerisch (§ 100 Abs. 4 ZPO).

Genau, so ist das!

Enthält die Entscheidung nur den Ausspruch, dass die Kläger oder die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits tragen, so haften sie im Grundsatz für die Kostenerstattung nach Kopfteilen, d.h. zu gleichen Teilen (§ 100 Abs. 1 ZPO). Erfolgt dagegen eine gesamtschuldnerische Verurteilung im Hauptsachetenor, so sind auch die Kosten gesamtschuldnerisch zu tragen (§ 100 Abs. 4 ZPO).Da T1, T2 und T3 als Gesamtschuldner verurteilt wurden, haften sie entsprechend auch für die Kosten des Rechtstreits.Denk daran: Eine gesamtschuldnerische Haftung für die Kosten des Rechtsstreits ist stets nur auf Beklagtenseite möglich.

4. Der Kostentenor lautet: "Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu je 1/3."

Nein, das trifft nicht zu!

Unterliegt eine Seite vollständig, so trägt sie die Kosten des Rechtsstreits (§ 91 Abs. 1 Hs. 1 ZPO). Werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, so trifft § 100 Abs. 4 ZPO eine von § 100 Abs. 1 ZPO abweichende Regelung. Die Beklagten haften in diesem Fall nicht nach Kopfteilen, sondern auch im Hinblick auf die Kosten als Gesamtschuldner.Da die Beklagten hier als Gesamtschuldner verurteilt wurden, dürfen die Kosten nicht nach Kopfteilen aufgeteilt werden. Vielmehr heißt es dann lediglich: „Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.“Dass die Beklagten die Kosten als Gesamtschuldner tragen, muss nicht gesondert tenoriert werden. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es wäre allerdings auch nicht falsch zu tenorieren: „Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.“
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ZHE

Zhene4ka

29.5.2023, 16:05:08

Hallo :) Würde man in diesem Fall am Ende des Urteils schreiben, dass sich die Kostenentscheidung aus §100 IV ZPO ergibt?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.6.2023, 15:23:05

Hallo Zhene4ka, du würdest dort dann § 91 Abs. 1 iVm § 100 Abs. 4 ZPO zitieren. Denn die Kostengrundentscheidung (komplette Kostentragung) ergibt sich aus § 91 ZPO, die Verteilung auf die Gesamtschuldner aus § 100 Abs. 4 ZPO. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EN

Entenpulli

6.12.2023, 17:20:52

Wie funktioniert das dann in der Praxis, wenn keiner alleine in der Lage ist, die volle Summe, jeder aber in der Lage ist, seinen Anteil zu begleichen? Darf der Kläger dann trotzdem nur gegen einen der Gesamtschuldner vorgehen, wohl wissend, dass selbst im Wege der Zwangsvollstreckung nur ein Teil bei ihm zu holen wäre? Danke im Voraus

Nocebo

Nocebo

8.7.2024, 16:45:24

Hier ist in der Antwort richtig, dass sich de Rechtsfolge bereits aus dem Gesetz ergibt - das ist bei der Frage zu § 100 Abs. 1 ZPO leider falsch und könnte einfach von hier übernommen werden.


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