Prozessrecht & Klausurtypen

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Tenor

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (drei Beklagte)

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (drei Beklagte)

4. Juli 2025

13 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Dagobert (D) verklagt Tick (T1), Trick (T2) und Track (T3). Der Hauptsachetenor lautet: „T1, T2, T3 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an D €3.000 zu zahlen.“

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Einordnung des Falls

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (drei Beklagte)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T1, T2, und T3 sind einfache Streitgenossen.

Ja, in der Tat!

Streitgenossenschaft liegt vor, wenn in einem Verfahren entweder mehr als ein Kläger oder mehr als ein Beklagter auftreten. Streitgenossen sind diejenigen, die auf derselben Parteiseite stehen. Bei Streitgenossenschaft bestehen mehrere Prozessrechtsverhältnisse und Prozesse, die in einem Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung verbunden sind. Es handelt sich aber der Sache nach um selbstständige Verfahren.T1, T2 und T3 stehen gemeinsam auf Beklagtenseite und sind damit Streitgenossen.Für die Kostenentscheidung ist nicht maßgeblich, ob es sich um eine einfache oder notwendige (§ 62 ZPO) Streitgenossenschaft handelt.
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2. D kann von T1, T2 und T3 jeweils nur €1.000 verlangen.

Nein!

Anders als bei der Teilschuld (§ 420 BGB) ist es wesentliches Merkmal der „Gesamtschuld“, dass der Gläubiger von einem Gesamtschuldner die gesamte Leistung und nicht bloß einen Teil fordern kann. Insgesamt kann er die Leistung aber nur einmal verlangen.D kann also von T1, T2 oder T 3 jeweils auch die volle Summe verlangen (€3.000), insgesamt aber nur einmal.

3. T1, T2 und T3 haften auch im Hinblick auf die Kosten gesamtschuldnerisch (§ 100 Abs. 4 ZPO).

Genau, so ist das!

Enthält die Entscheidung nur den Ausspruch, dass die Kläger oder die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits tragen, so haften sie im Grundsatz für die Kostenerstattung nach Kopfteilen, d.h. zu gleichen Teilen (§ 100 Abs. 1 ZPO). Erfolgt dagegen eine gesamtschuldnerische Verurteilung im Hauptsachetenor, so sind auch die Kosten gesamtschuldnerisch zu tragen (§ 100 Abs. 4 ZPO).Da T1, T2 und T3 als Gesamtschuldner verurteilt wurden, haften sie entsprechend auch für die Kosten des Rechtsstreits.Denk daran: Eine gesamtschuldnerische Haftung für die Kosten des Rechtsstreits ist stets nur auf Beklagtenseite möglich.

4. Der Kostentenor lautet: "Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu je 1/3."

Nein, das trifft nicht zu!

Unterliegt eine Seite vollständig, so trägt sie die Kosten des Rechtsstreits (§ 91 Abs. 1 Hs. 1 ZPO). Werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, so trifft § 100 Abs. 4 ZPO eine von § 100 Abs. 1 ZPO abweichende Regelung. Die Beklagten haften in diesem Fall nicht nach Kopfteilen, sondern auch im Hinblick auf die Kosten als Gesamtschuldner.Da die Beklagten hier als Gesamtschuldner verurteilt wurden, dürfen die Kosten nicht nach Kopfteilen aufgeteilt werden. Vielmehr heißt es dann: „Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.“Dass die Beklagten die Kosten als Gesamtschuldner tragen, muss nicht gesondert tenoriert werden. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 100 Abs. 4 ZPO). Es wäre auch nicht falsch zu tenorieren: „Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.“ Dennoch ist es empfehlenswert, die Haftung ausdrücklich klarzustellen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ZHE

Zhene4ka

29.5.2023, 16:05:08

Hallo :) Würde man in diesem Fall am Ende des Urteils schreiben, dass sich die

Kostenentscheidung

aus §100 IV ZPO ergibt?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.6.2023, 15:23:05

Hallo Zhene4ka, du würdest dort dann § 91 Abs. 1 iVm § 100 Abs. 4 ZPO zitieren. Denn die Kostengrundentscheidung (komplette Kostentragung) ergibt sich aus § 91 ZPO, die Verteilung auf die

Gesamtschuld

ner aus § 100 Abs. 4 ZPO. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EN

Entenpulli

6.12.2023, 17:20:52

Wie funktioniert das dann in der Praxis, wenn keiner alleine in der Lage ist, die volle Summe, jeder aber in der Lage ist, seinen Anteil zu begleichen? Darf der Kläger dann trotzdem nur gegen einen der

Gesamtschuld

ner vorgehen, wohl wissend, dass selbst im Wege der Zwangsvollstreckung nur ein Teil bei ihm zu holen wäre? Danke im Voraus

FL

Florian

11.6.2025, 12:14:29

Meiner Einschätzung nach ist der Kläger da dann komplett frei. Der Innenausgleich der

Gesamtschuld

ner ist dann ein Problem der Beklagten im Innenverhältnis.

Nocebo

Nocebo

8.7.2024, 16:45:24

Hier ist in der Antwort richtig, dass sich de Rechtsfolge bereits aus dem Gesetz ergibt - das ist bei der Frage zu § 100 Abs. 1 ZPO leider falsch und könnte einfach von hier übernommen werden.

FL

Florian

11.6.2025, 12:12:44

Aber es kann doch nicht in beiden Fällen die gleiche Formulierung verwendet werden. Entweder es muss immer ausdrücklich eine Kostentragung als

Gesamtschuld

ner tenoriert werden oder es muss im Fall des §100 Abs. 1 ZPO der jeweilige Anteil dargestellt werden, aber es darf nicht in beiden Fällen heißen "die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger". Was sagt ihr dazu? @[Sebastian Schmitt](263562) @[Tim Gottschalk](287974)

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

11.6.2025, 18:22:09

Hallo @[Nocebo](222699), das haben wir in der anderen Aufgabe angepasst. Vielen Dank für den Hinweis. @[Florian](48917) doch, tatsächlich ist in beiden Fällen einfach die Tenorierung der Kosten ohne besonderen Zusatz zulässig. Die genauen Rechtsfolgen können dann im Kostenfestsetzungsverfahren durch den Rechtspfleger anhand des Gesetzes und des Tenors in der Hauptsache bestimmt werden. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

FL

Florian

11.6.2025, 19:31:59

Es kann also - egal, ob eine Kostenhaftung als

Gesamtschuld

ner vorliegt oder nicht - immer tenoriert werden "die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten"? Und je nachdem, ob sie als

Gesamtschuld

ner in der Hauptsache verurteilt wurden oder nicht wird dann bei der Kostenfestsetzung unterschiedlich berechnet? @[Tim Gottschalk](287974)

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

11.6.2025, 19:44:03

Hallo @[Florian](48917), genau so ist es. Für die Klausur ist das aber natürlich nicht empfehlenswert, da der Korrektor so nicht sieht, ob man die richtige Rechtsfolge kennt. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team


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