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Rechtsmangel: Öffentlich-rechtliche Beschränkungen – Gesetzliche Nutzungsbeschränkung
Rechtsmangel: Öffentlich-rechtliche Beschränkungen – Gesetzliche Nutzungsbeschränkung
20. Mai 2025
8 Kommentare
4,7 ★ (13.537 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft von seiner Gemeinde ein Grundstück. Nach Auflassung und Eintragung des Eigentümerwechsels erfährt er jedoch, dass ein Großteil des Grundstücks der Widmung als öffentliches Straßenland unterliegt.
Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rechtsmangel: Öffentlich-rechtliche Beschränkungen – Gesetzliche Nutzungsbeschränkung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein Rechtsmangel im Sinne des § 435 BGB kann sich aus einer öffentlich-rechtlichen Beschränkung ergeben.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Bei der Widmung als öffentliche Straße handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Beschränkung.
Ja!
3. Die Widmung als öffentliche Straße stellt einen Rechtsmangel im Sinne des § 435 BGB dar.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jonah
12.6.2023, 12:06:16
Liebes Team, kann der K hier nach 119 I, II BGB anfechten oder seine Rechte nur nach 437 BGB geltend machen? Vielen Dank.
Bilbo
7.8.2023, 19:18:22
Das interessiert mich ebenfalls @[Nora Mommsen](178057) :)
Sascha B.
30.8.2023, 18:01:56
@[Jonah](35257) Kommt auf die Umstände des Einzelfalles an, aber u. U. ja. So das OLG Hamm: " Nach den Umständen des Einzelfalls muss sich die ein Grundstück veräußernde Gemeinde im Rahmen der Frage, ob sie arglistig gehandelt hat (§ 438 III S. 1 BGB), den Inhalt ihrer Widmungskartei, die von einem anderen als den mit dem Verkauf befassten Fachbereich geführt wird, nicht zurechnen lassen." Siehe OLG Hamm NJW-RR 2016, 1253

Sebastian Schmitt
24.2.2025, 14:05:53
Hallo @[Jonah](197616), vorab in aller Kürze: tendenziell nur die Rechte nach § 437 BGB, aber str. Deine Frage läuft letztlich auf die Frage der Abgrenzung zwischen Sachmängelgewährleistungsrechten und dem Anfechtungsrecht nach § 119 BGB hinaus. In den Einzelheiten ist das eine sehr umstrittene Frage, insbesondere für die Frage der Anfechtung nach § 119 II BGB (wobei wir uns noch kurz näher anschauen müssten, ob die Widmung als öffentliche Straße eine
verkehrswesentliche Eigenschaftist), die den Rahmen eines Forumsposts leider sprengen würde. Ich würde Dich und auch @[Bilbo](210205) deshalb dazu zB auf MüKoBGB/Maultzsch, 9. Aufl 2024, § 437 Rn 80 ff oder ein ordentliches Lehrbuch zum
SchuldR/KaufR verweisen, wo das allgemein näher erläutert wird. Falls Ihr dann noch konkrete Fragen habt, können wir darüber natürlich gerne sprechen. Und zu Deinem Beitrag, @[Sascha B.](158832): Das ist richtig, bezieht sich allerdings nur auf das arglistige Verschweigen nach § 438 III BGB bzw höchstens noch eine
Anfechtung wegen arglistiger Täuschungnach
§ 123 BGB, nach der Jonah nicht gefragt hatte. Für die
arglistige Täuschungnach
§ 123 BGBist auch das Verhältnis zu §§ 434 ff BGB unproblematisch:
§ 123 BGBbleibt neben §§ 434 ff BGB anwendbar, weil der Täuschende nicht schutzwürdig ist (MüKoBGB/Maultzsch, 9. Aufl 2024, § 437 Rn 83). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Bilbo
26.2.2025, 11:42:00
Danke für Antwort und Empfehlung @[Sebastian Schmitt](263562)

Steinfan
13.5.2024, 18:31:12
Eine öffentlich-rechtliche Beschränkung kann ja auch einen Sachmangel begründen. Die Abgrenzung erfolgt meines Wissens danach, ob das Drittrecht in der
Beschaffenheitder Sache wurzelt (dann Sachmangel und kein Rechtsmängel). Im Urteil sehe ich hierzu keine Auseinandersetzung. Warum genau liegt hier nach diesem Maßstab kein Sachmangel vor? LG

Juraddicted
19.9.2024, 13:01:25
Das habe ich mich auch gefragt liebes Jurafuchs-Team :)

Sebastian Schmitt
24.2.2025, 13:38:27
Hallo @[Steinfan](235363), hallo @[Juraddicted](96780), die Abgrenzung lässt sich im Kern tatsächlich ganz gut darauf herunterbrechen, was Steinfan gesagt hat. Das OLG Hamm argumentierte in der unserem Fall zugrunde liegenden Entscheidungen allerdings etwas komplexer, konkret mit dem Vergleich zwischen der Widmung als öffentliche Straße (nach dem OLG ein
Rechtsmangel) und einer öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung (nach dem OLG ein Sachmangel): "Auch wenn es sich bei der Widmung als öffentliche Straße ebenfalls um eine auf dem öffentlichen Recht beruhende Beschränkung handelt, unterliegt sie einer anderen rechtlichen Bewertung als eine Baulast: Zu berücksichtigen ist nämlich, dass dem Eigentümer in der ersten Fallkonstellation kraft der bestehenden öffentlich-rechtlichen Bindung in deren Umfang das Grundstückseigentum selbst entzogen werden kann: § 11 I StrWG NRW sieht vor, dass der Träger der Straßenbaulast „das Eigentum an den der Straße dienenden Grundstücken erwerben soll“. Für den Fall, dass kein freihändiger Erwerb eines bereits für die Straße in Anspruch genommenen Grundstücks möglich ist, sehen § 11 Absatz III 1 StrWG NRW, § 2 I Nr. 1 EEG NRW bzw. § 42 StrWG NRW die Möglichkeit der Enteignung vor. Diese „Belastung“ eines Grundstücks mit einer Enteignungsmöglichkeit stellt insofern einen Rechtmangel dar, als der Verkäufer dem Käufer nur Eigentum ohne rechtlichen Bestand verschaffen konnte [...]." (OLG Hamm, NJW-RR 2016, 1253, 1256, Rn 72) Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team