Strafrecht
Strafprozessrecht
Die Verfahrensbeteiligten
Verteidiger 2 – Unabhängiger Beistand, (Beratung bei der) Lüge vor Gericht
Verteidiger 2 – Unabhängiger Beistand, (Beratung bei der) Lüge vor Gericht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der Angeklagte A weist seinen Verteidiger V an, Beschwerde gegen eine Entscheidung des Richters einzulegen. V hält dies für aussichtslos. Stattdessen will er lieber lügen und in der Hauptverhandlung vortragen, der A habe sich in einer Notwehrsituation befunden.
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Einordnung des Falls
Verteidiger 2 – Unabhängiger Beistand, (Beratung bei der) Lüge vor Gericht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V ist an die Weisung des A gebunden.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. V darf vor Gericht lügen.
Nein!
3. V darf A empfehlen, selbst zu lügen.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jose
26.1.2022, 12:23:27
Heißt das, die ganzen Aussagedelikte beziehen sich nie auf den Angeklagten?
Lukas_Mengestu
26.1.2022, 12:30:15
Hallo Jose, zumindest eine Strafbarkeit nach den §§ 153 ff. StGB scheidet bereits tatbestandlich aus (Zeuge/Sachverständiger). Strafbar bleibt indes die falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) bzw. das Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Theo
18.3.2023, 15:00:48
Wenn der Verteidiger lediglich dem Mandanten zur Lüge rät, ohne diese irgendwie mitzugestalten, wäre das nicht eine (straflose) Anstiftung zu einer straffreien Haupttat wegen 258 IV StGB?
Nora Mommsen
20.3.2023, 14:13:10
Hallo Theo, es ist zu differenzieren. Grundsätzlich tatbestandsmäßig ist nur die zugunsten einer anderen Person geleistete Strafvereitelung. Der bloße Selbstschutz wird vom Tatbestand demgegenüber - wie du richtig erkannt hast - nicht erfasst. Entsprechend straflos sind auch solche Handlungen, die den Selbstschutz eines anderen lediglich unterstützen, sei dies als Anstiftung, sei dies als Beihilfe oder sei dies in Form von Strafverteidigungshandlungen. Bei der rechtlichen Beurteilung von Strafverteidigungshandlungen sind Besonderheiten zu beachten.Die in Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen Aufgabe und Pflicht geleistete Verteidigungstätigkeit ist von vornherein nicht tatbestandsmäßig. Die Ausübung prozessualer Handlungen durch die Verteidigung ist also danach zu beurteilen, ob sie sich im Rahmen des prozessual zulässigen bewegt. Wird der in der Strafprozessordnung gesetzlich geregelte Rahmen der Verteidigungstätigkeit hingegen im Sinne von Missbrauch überschritten, so kommt Strafvereitelung grundsätzlich in Betracht. Damit kommen wir zur eigentlichen Frage: Es ist zu differenzieren, ob der straflose Selbstschutz des Mandanten in bloß untergeordneter Rolle (durch Rat und Tat) unterstützt wird oder ob der Verteidiger in Vertretung des Mandanten oder durch Führung des Mandats bzw. Bestimmung des Mandanten das Geschehen in einer Weise prägt, dass ihm dieses in Täterschaft zuzurechnen ist. Eine Anstiftung zur Lüge, kann also eine täterschaftliche Strafvereitelung darstellen. Von einer tauglichen
Tathandlungwäre daher auch auszugehen, wenn der Verteidiger zum Nachteil der Wahrheit auf den Inhalt von (Zeugen-)Aussagen manipulierenden Einfluss nimmt. Das Prozessrecht gewährt die Verteidigungsbefugnisse lediglich zur Ermöglichung eines prozesskonformen bzw. prozessadäquaten Gebrauchs und nicht als Selbstzweck. Insofern ist dann auch das anwaltliche Berufs- und Standesrecht bedeutsam. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
cl@ra
10.9.2024, 13:39:27
Was ist, wenn der Angeklagte die Tat vor dem Verteidiger gestanden hat und vor Gericht schweigt. Darf der Verteidiger ebenfalls über das ihm gegenüber getätigte Geständnis schweigen oder muss er die Wahrheit sagen. Auch wenn eigentlich nur ersteres für mich Sinn ergibt, habe ich immer Probleme, das mit der Wahrheitspflicht des Verteidigers und einer möglichen Strafbarkeit nach § 258 StGB in Einklang zu bringen.
FW
24.9.2024, 13:34:55
Hi, Also der Verteidiger darf seinem Mandanten nicht raten zu lügen. Trotzdem muss er aber doch seinen Mandanten darüber aufklären, dass er er ein Recht zum Lügen hat, oder nicht? Im Endeffekt wird das ja in der Praxis kaum einen großen Unterschied machen, ob der Verteidiger dem Mandanten sagt, dass er Lügen darf oder dass er Lügen sollte.