[...Wird geladen]

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T verprügelt den O und bricht ihm dabei beide Arme. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und geht von einer Straferwartung von 18 Monaten aus.

Einordnung des Falls

Verteidiger 3 – Notwendige Verteidigung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T kann sich im Ermittlungsverfahren einen Verteidiger nehmen.

Ja, in der Tat!

Der Beschuldigte darf sich in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers bedienen (§ 137 Abs. 1), also bereits bei der ersten Ermittlungsmaßnahme gegen ihn. Über dieses Recht ist er bei Beginn seiner (ersten) Vernehmung zu belehren (§ 136 Abs. 1 S. 2). Die Verteidigung soll den notwendigen Schutz des Beschuldigten vor den Strafverfolgungsbehörden gewährleisten und für eine gewisse Waffengleichheit im Verfahren sorgen. So wird vor allem gewährleistet, dass der Beschuldigte im Strafprozess als Subjekt wahrgenommen nicht bloß als Objekt des Verfahrens behandelt wird. Im Ermittlungsverfahren hat T ein Recht auf einen Verteidiger.

2. Ein Beschuldigter muss zwingend einen Verteidiger haben.

Nein!

Nur in Fällen der notwendigen Verteidigung ist ein Verteidiger zwingend erforderlich (§ 140 StPO). Wenn der Beschuldigte in diesen Fällen noch keinen Verteidiger gewählt hat, wird ihm von Amts wegen ein Verteidiger beigeordnet (§§ 141 f. StPO). Ein solcher beigeordneter Verteidiger wird Pflichtverteidiger genannt.

3. Bei T liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor.

Genau, so ist das!

Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt insbesondere dann vor, wenn zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung in der ersten Instanz vor dem OLG, LG oder dem Schöffengericht (am AG) stattfindet (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO), dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO) oder er sich in Untersuchungshaft befindet (§ 140 Abs. 1 Nr. 4). Liegt kein Fall des § 140 Abs. 1 StPO vor, kann die Mitwirkung eines Verteidigers über die Generalklausel des § 140 Abs. 2 StPO erforderlich sein, insbesondere wenn die zu erwartende Strafe bei mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe liegt (§ 140 Abs. 2 Var. 2 StPO: Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge). Früher wurde diese Fallgruppe unter Schwere der Tat gem. § 140 Abs. 2 Var. 1 StPO a.F. subsumiert. Seit der Neufassung 2019 sind schweren Rechtsfolgen eine eigene Fallgruppe. Zwar handelt es sich hier nicht um einen Fall aus dem Katalog des § 140 Abs. 1 StPO, jedoch liegt die zu erwartende Strafe bei 18 Monaten Freiheitsstrafe.

Jurafuchs kostenlos testen


JO

Jose

26.1.2022, 12:29:09

Sehe ich das richtig, dass hier nicht das LG, sondern das AG zuständig wäre? Muss man das auswendig lernen, dass § 140 Abs. 2 StPO anzunehmen ist, wenn die Straferwartung über ein Jahr ist oder ergibt sich das irgendwoher?

VIC

Victor

26.1.2022, 13:14:08

Genau hier wäre das AG-Strafrichter zuständig. Ansonsten würde ja schon § 140 I StPO greifen. Zudem kannst du die Straferwartung am Wortlaut „Schwere der Tat“ anknüpfen. Diese liegt idR eben bei einer Straferwartung von über 1 Jahr vor. Ansonsten gilt fürs 1. Examen auswendig lernen bzw. verstehen/merken & fürs 2. Examen kannst du das im Kommentar nachlesen.

KAR

Karolina

5.9.2022, 08:14:18

Inzwischen würde sich die Frage ja gar nicht mehr stellen, da bei Verfahren vor dem Schöffengericht immer ein Fall der notwendigen Verteidigung nach 140 Abs. Nr.1 gegeben ist. 😉

frausummer

frausummer

20.1.2023, 13:18:03

Die Begründung überzeugt mich nicht. Ihr begründet die Schwere der Tat gem. § 140 Abs. 2 Var. 1 StPO mit einer Straferwartung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe. Genau das ist auch die Mindeststrafe für ein Verbrechen und wird bereits über § 140 Abs. 1 Nr. 2 abgedeckt. Für die Begründung der Schwere der Tat müsste daher für mich mehr im Raum stehen, als das Jahr Freiheitsstrafe (was man hier vll in den 18 Monaten sehen kann)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.1.2023, 16:04:23

Hallo frausummer, vielen Dank für deine Rückfrage. Dein Störgefühl hat dich nicht getäuscht. Die vorliegende Konstellation fällt seit der Neufassung unter § 140 Abs. 2 Var. 2 StPO. Die "Schwere der Tat" als eigene Kategorie hat seit der Normierung der "Schwere der Rechtsfolgen" an Bedeutung verloren und kommt höchstens noch in Fällen fahrlässiger Tötung zum Einsatz. Wir haben die Antwort entsprechend angepasst. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

RAP

Raphaeljura

16.7.2023, 03:20:01

Körperverletzung ist ein Vergehen und fällt nicht unter § 140 I Nr. 2 StPO. Dementsprechend würde ggf. nur die Generalklausel nach § 140 II StPO greifen. Allerdings frage ich mich, wo das steht, dass diese greift, wenn eine Strafe von mind. 12 Monaten zu erwarten ist?

CVA

cvas

2.8.2023, 14:51:06

Verstehe ich es richtig, dass hier ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, da T einer schweren Köprerverletzung nach § 226 StGB beschuldigt ist und diese mit einer Mindeststrafe von einem Jah ein Verbrechen darstellt, d.h. § 140 I Nr. 2 wäre einschlägig? Sachlich zuständig wäre das Amtsgericht und innerhalb des AG das Schöffengericht als Spruchkörper, richtig?

CVA

cvas

2.8.2023, 14:53:22

Bzw. sorry, geht ihr hier wegen dem Bruch beider Arme von einer schweren Körperverletzung aus? Ansonsten würde ich mich freuen, wenn ihr begründen könntet, warum ab einer Strafe von mind. 12 Monaten von § 140 II StPO ausgegangen wird! LG :)

FL

Flohm

7.3.2024, 10:23:04

Woran erkenne ich dass §140 II bei Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge mind. 1 Jahr verlangt ?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

8.3.2024, 12:23:00

Hallo Flohm, eine gute Frage! Ergibt sich aus dem Wortlaut des § 140 Abs. 2 StPO überhaupt nicht. Die Grenze hat sich überwiegend in der Rechtsprechung herausgebildet, wobei dies keinesfalls zwingend ist. So gibt es durchaus auch andere Stimmen, die eine deutlich höhere Grenze setzen, z.B. OLG Frankfurt a.M., StV 1984, 370. Dies dürfte in jedem Fall aber zu viel sein und muss enger ausgelegt werden nach der herrschenden Meinung. Wenn du dir einen Überblick verschaffen möchtest findest du beispielsweise im Meyer-Goßner § 140 Rn. 23a eine Vielzahl von Entscheidungen zitiert. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


© Jurafuchs 2024