Verteidiger 3 – Notwendige Verteidigung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T verprügelt den O und bricht ihm dabei beide Arme. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und geht von einer Straferwartung von 18 Monaten aus.
Einordnung des Falls
Verteidiger 3 – Notwendige Verteidigung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T kann sich im Ermittlungsverfahren einen Verteidiger nehmen.
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Ja, in der Tat!
2. Ein Beschuldigter muss zwingend einen Verteidiger haben.
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Nein!
3. Bei T liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor.
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Genau, so ist das!
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Jose
26.1.2022, 12:29:09
Sehe ich das richtig, dass hier nicht das LG, sondern das AG zuständig wäre? Muss man das auswendig lernen, dass § 140 Abs. 2 StPO anzunehmen ist, wenn die Straferwartung über ein Jahr ist oder ergibt sich das irgendwoher?
Victor
26.1.2022, 13:14:08
Genau hier wäre das AG-Strafrichter zuständig. Ansonsten würde ja schon § 140 I StPO greifen. Zudem kannst du die Straferwartung am Wortlaut „Schwere der Tat“ anknüpfen. Diese liegt idR eben bei einer Straferwartung von über 1 Jahr vor. Ansonsten gilt fürs 1. Examen auswendig lernen bzw. verstehen/merken & fürs 2. Examen kannst du das im Kommentar nachlesen.
Karolina
5.9.2022, 08:14:18
Inzwischen würde sich die Frage ja gar nicht mehr stellen, da bei Verfahren vor dem Schöffengericht immer ein Fall der notwendigen Verteidigung nach 140 Abs. Nr.1 gegeben ist. 😉

frausummer
20.1.2023, 13:18:03
Die Begründung überzeugt mich nicht. Ihr begründet die Schwere der Tat gem. § 140 Abs. 2 Var. 1 StPO mit einer Straferwartung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe. Genau das ist auch die Mindeststrafe für ein Verbrechen und wird bereits über § 140 Abs. 1 Nr. 2 abgedeckt. Für die Begründung der Schwere der Tat müsste daher für mich mehr im Raum stehen, als das Jahr Freiheitsstrafe (was man hier vll in den 18 Monaten sehen kann)

Nora Mommsen
20.1.2023, 16:04:23
Hallo frausummer, vielen Dank für deine Rückfrage. Dein Störgefühl hat dich nicht getäuscht. Die vorliegende Konstellation fällt seit der Neufassung unter § 140 Abs. 2 Var. 2 StPO. Die "Schwere der Tat" als eigene Kategorie hat seit der Normierung der "Schwere der Rechtsfolgen" an Bedeutung verloren und kommt höchstens noch in Fällen fahrlässiger Tötung zum Einsatz. Wir haben die Antwort entsprechend angepasst. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Raphaeljura
16.7.2023, 03:20:01
Körperverletzung ist ein Vergehen und fällt nicht unter § 140 I Nr. 2 StPO. Dementsprechend würde ggf. nur die Generalklausel nach § 140 II StPO greifen. Allerdings frage ich mich, wo das steht, dass diese greift, wenn eine Strafe von mind. 12 Monaten zu erwarten ist?
cvas
2.8.2023, 14:51:06
Verstehe ich es richtig, dass hier ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, da T einer schweren Köprerverletzung nach § 226 StGB beschuldigt ist und diese mit einer Mindeststrafe von einem Jah ein Verbrechen darstellt, d.h. § 140 I Nr. 2 wäre einschlägig? Sachlich zuständig wäre das Amtsgericht und innerhalb des AG das Schöffengericht als Spruchkörper, richtig?
cvas
2.8.2023, 14:53:22
Bzw. sorry, geht ihr hier wegen dem Bruch beider Arme von einer schweren Körperverletzung aus? Ansonsten würde ich mich freuen, wenn ihr begründen könntet, warum ab einer Strafe von mind. 12 Monaten von § 140 II StPO ausgegangen wird! LG :)