Zivilrecht
Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse
Bürgschaft, §§ 765ff. BGB
Schriftform: Problem Telefax
Schriftform: Problem Telefax
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Hobby-Köchin K möchte sich eine neue Küchenmaschine bei V zum Preis von €1.000 kaufen. Da K nicht ausreichend liquide ist, bittet sie die B, sich für die Verbindlichkeit zu verbürgen. B erklärt per Fax die Übernahme der Bürgschaft für die Kaufpreiszahlung in Höhe von €1.000. K wird zahlungsunfähig. V möchte B in Anspruch nehmen. B hat bisher noch nicht gezahlt.
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Einordnung des Falls
Schriftform: Problem Telefax
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Erklärung des Bürgen ist formfrei möglich.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Anforderungen an die Form richten sich nach § 126 Abs. 1 BGB.
Genau, so ist das!
3. Das Fax wahrt die Anforderungen an die Eigenhändigkeit.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
onlyjura
20.6.2024, 11:17:46
Ein Fax oder Scan betrifft doch nur die Übermittlung der Erklärung. Sie kommt dann zwar nicht im Original an. Allerdings ändert das nichts daran, dass die Erklärung handschriftlich erstellt werden konnte. Ohne ein solches Original könnte ich auch nichts faxen oder scannen (es gibt dann nämlich keine Erklärung).
Blotgrim
29.6.2024, 08:16:10
Das wiederlegt dein Argument zwar nur teilweise, aber der Gläubiger muss die Erklärung zumindest vorübergehend im Original im Besitz haben. Brox/Walker sagt dazu (§33 RN.19): "Die schriftliche Erklärung muss "erteilt" sein. Erteilung ist die Entäußerung der Originalurkunde. Dazu genügt nicht die Unterzeichnung des
Schriftstücks; vielmehr ist es erforderlich, dass diese dem dem Gläubiger - wenn auch nur vorübergehend - zur Verfügung gestellt wird. Deshalb ist die Übermittlung des Urkundeninhalts an den Gläubiger durch Telefax nicht als schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung iSd § 766 S.1 anzusehen " Das Problem ist hier also, dass dem Gläubiger hier nie die originale Urkunde zur Verfügung gestellt wird.
Simon
1.8.2024, 15:21:41
spricht von der schriftlichen Erteilung der Bürgschaftserklärung. Diese ist eine empfangsbedürftige WE, welche nach § 130 I 1 BGB mit Zugang beim Empfänger wirksam wird. Gerade die dem Gläubiger zugehende Erklärung muss daher den Formanforderungen der § 766 S. 1, 126 I BGB genügen, da erst in diesem Zeitpunkt eine wirksame WE vorliegt. Mittelbar kann man auf § 126 II BGB abstellen, wo die Unterschriften auf derselben Urkunde erfolgen müssen, was nur möglich ist, wenn das dem Empfänger zugehende Exemplar eigenhändig unterschrieben ist. Auch lässt sich das aus einem Umkehrschluss zu § 127 II 1 BGB entnehmen, der eine telekommunikative Übermittlung (z.B. durch Telefax) genügen lässt. Ob das teleologisch vor dem Hintergrund der Warnfunktion des Bürgen gerechtfertigt ist, lässt sich m.E. aber durchaus bezweifeln.
Sebastian Schmitt
18.9.2024, 13:42:57
Hallo @[onlyjura](188741), @[Blotgrim](167544) und vor allem @[Simon](131793) haben Deine Frage schon sehr schön beantwortet. Mit den Argumenten von Simon lässt sich die Antwort sogar mittelbar der Systematik des Gesetzes entnehmen. Jedenfalls nach dem BGH reicht die von Dir genannte Variante also nicht, sondern es muss tatsächlich die Urkunde mit der Unterschrift selbst auch dem Erklärungsempfänger zugehen (konkret für die Bürgschaftsurkunde BGH NJW 1993, 1126, 1127). Das gilt jedenfalls dann, wenn mit der Form eine Warnfunktion verfolgt wird, wie es bei §§ 766 S 1, 126 BGB der Fall ist (näher MüKo-BGB/Einsele, 9. Aufl 2021, § 126 Rn 21). Ob das rechtspolitisch mehr als 30 Jahre nach der Entscheidung des BGH noch zeitgemäß und sinnvoll ist, kann man natürlich bezweifeln. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team