+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Köchin K möchte für ihr Restaurant eine neue Profi-Küchenmaschine bei V zum Preis von €10.000 kaufen. Da K nicht ausreichend liquide ist, bittet sie B, sich für die Verbindlichkeit zu verbürgen. B und V vereinbaren mündlich die Übernahme der Bürgschaft seitens der B für die Kaufpreiszahlung in Höhe von €10.000. K wird zahlungsunfähig. V möchte B in Anspruch nehmen. B hat bisher noch nicht gezahlt.

Einordnung des Falls

Schriftform, § 766 S. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat mündlich eine wirksame Willenserklärung gerichtet auf den Abschluss eines Bürgschaftsvertrages abgegeben.

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Nein, das trifft nicht zu!

Die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrags beurteilt sich nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 104ff. BGB). Die Bürgschaftserklärung ist nach § 125 S. 1 BGB nichtig, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht eingehalten wird. Die Bürgschaftserklärung ist schriftlich zu erteilen (§ 766 S. 1 BGB). Die genauen Anforderungen bestimmen sich nach § 126 BGB. Insbesondere eine eigenhändige Unterzeichnung der Bürgschaftserklärung ist erforderlich. Die mündliche Bürgschaftserklärung entspricht nicht den Anforderungen der Schriftform (§ 126 BGB, § 766 S. 1 BGB).

2. Die Willenserklärung des Gläubigers bedarf der Schriftform (§ 766 S.1 BGB).

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Nein!

Die Formvorschrift erfordert allein die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung (§ 766 S. 1 BGB). Die Willenserklärung des Gläubigers ist formfrei möglich. Die Willenserklärung der V konnte mündlich abgegeben werden.

3. Zweck der Formvorschrift ist der Übereilungsschutz.

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Genau, so ist das!

Die Übernahme einer Bürgschaft ist für den Bürgen mit erheblichen Risiken verbunden. Der Bürge steht im Fall der Inanspruchnahme für die Hauptschuld mit seinem ganzen Vermögen ein. Um den Bürgen dieses Risiko bewusst zu machen und vor einer übereilten Entscheidung zu schützen ist die schriftliche Erteilung erforderlich. Inhalt und Umfang der Bürgenhaftung sollen verdeutlicht werden. B steht mit ihrem ganzen Vermögen für die Bezahlung der Küchenmaschine ein.

4. Das Schriftformerfordernis bezieht sich inhaltlich nur auf den Willen, die Bürgschaft zu übernehmen.

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Nein, das trifft nicht zu!

Die gesetzliche Anordnung der Schriftform bezweckt die Warnfunktion. Diesem Schutzzweck entsprechend bezieht sich die Schriftform inhaltlich auf alle für die Bürgschaftserklärung wesentlichen Umstände (Person des Gläubigers / Hauptschuldners, Bezeichnung der Hauptschuld, Verbürgungswille). Erforderlich ist, dass die wesentlichen Umstände zumindest bestimmbar sind (Bestimmtheitsgrundsatz). Die Bürgschaftserklärung hätte schriftlich alle essentialia negotii festsetzen müssen.

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