Anspruch gegen den gutgläubigen Besitzer gem. § 1007 Abs. 2 BGB


mittel

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D stiehlt dem Besitzer B sein Auto. D veräußert es an den gutgläubigen G. B verlangt das Auto von G heraus.

Einordnung des Falls

Anspruch gegen den gutgläubigen Besitzer gem. § 1007 Abs. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat einen Herausgabeanspruch gegen G (§ 861 Abs. 1 BGB, possessorischer Besitzschutz)

Nein, das trifft nicht zu!

Der Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Besitzentzug beim Anspruchsteller durch verbotene Eigenmacht, (2) fehlerhafter Besitz des Anspruchsgegners, (3) kein Ausschluss nach § 861 Abs. 2 BGB, (4) kein Erlöschen nach § 864 BGB.D entzog B den Besitz mithin verbotener Eigenmacht (Diebstahl). Jedoch besitzt G nicht fehlerhaft gegenüber B. G muss den fehlerhaften Besitz des D nicht gegen sich gelten lassen. Er wusste als Nachfolger im Besitz nicht vom fehlerhaften Besitz des D (§ 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BGB) und ist auch nicht Rechtsnachfolger des D (§ 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BGB).

2. B hat einen Herausgabeanspruch gegen G (§ 1007 Abs. 2 S. 1 BGB, petitorischer Besitzschutz).

Ja!

Der Herausgabeanspruch aus § 1007 Abs. 2 S. 1 BGB hat folgende Voraussetzungen: (1) Früherer Besitz des Anspruchstellers an beweglicher Sache, (2) jetziger Besitz des Anspruchsgegners, (3) dem Anspruchsteller ist die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhandengekommen, (4) der Anspruchsgegner darf nicht Eigentümer sein oder ihm darf die Sache nicht vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhandengekommen sein, (5) kein Ausschluss des Anspruchs nach § 1007 Abs. 3 BGB.B war früherer Besitzer des Pkw. Durch den Verkauf von D an G wurde G Besitzer. D hat B den Wagen gestohlen. Da dem B der Wagen abhandengekommen ist (er hat den unmittelbaren Besitz ohne seinen Willen verloren), konnte G auch kein Eigentum erwerben (§ 935 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Anspruch ist auch nicht nach § 1007 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

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Sophiechen.2002

Sophiechen.2002

26.10.2023, 13:43:19

Hat G nicht gem. § 932 I 1 BGB gutgläubig Eigentum erlangt?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.10.2023, 11:28:58

Hallo Sophiechen.2002, danke für deine Frage. § 935 BGB schließt den gutgläubigen Erwerb nach § 923 ff. BGB aus, wenn die Sache dem Eigentümer zuvor gestohlen wurde oder abhanden gekommen ist. Heißt auch bei gutgläubigem Handeln des Zweit- oder Dritterwerbers ist ein Erwerb nicht möglich. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Sophiechen.2002

Sophiechen.2002

29.10.2023, 23:11:01

Vielen Dank, das hatten wir noch nicht in der Vorlesung und hat mir sehr geholfen!

Gruttmann

Gruttmann

26.10.2023, 15:12:55

Laut §935 BGB tritt der Erwerb des Eigentums auf Grund § §932 bis 934 nicht ein, weil die Sache den B gestohlen worden ist. Man kann nicht Eigentümer werden, obwohl man gutgläubig gehandelt hat, wenn die Sache gestohlen/verloren/abhanden gekommen ist. G ist zwar Besitzer, aber nicht Eigentümer.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.10.2023, 11:27:02

Hallo LeonardG, danke für die Zusammenfassung. Genauso ist es! Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

CI

circeofaeaea

15.2.2024, 15:01:23

Ist §1007 dann dogmatisch vergleichbar mit §985? :) also praktisch ein Herausgabeanspruch des "richtigen" Besitzers?

SEM

Sempex2

29.2.2024, 16:32:58

Ich denke hier sind sie praktisch identisch. Glaube in diesem Fall wäre §985 sogar die treffendere Norm gewesen. §1007 zielt ja eher auf das Recht zum Besitz ab, weshalb Fälle wo es nicht um Rechte aus Eigentum sondern aus Nießbrauch, Miete oder Leihe geht, passender wären.


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