Zivilrecht

Zivilprozessrecht

Gerichtszuständigkeit

Zuständigkeit am Ort der belegenen Sache

Zuständigkeit am Ort der belegenen Sache

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kläger K (Wohnsitz: Berlin) und Beklagter B (Wohnsitz: Hamburg) streiten über ein Münchener Grundstück. K verlangt von B die Auflassung.

Diesen Fall lösen 68,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Zuständigkeit am Ort der belegenen Sache

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn kein anderweitiger ausschließlicher Gerichtsstand besteht, kann K den B an dessen Wohnsitz - Hamburg - verklagen (§§ 12, 13 ZPO, allgemeiner Gerichtsstand).

Ja, in der Tat!

Die örtliche Zuständigkeit der Gerichte ergibt sich aus den §§ 12ff. ZPO.Grundsätzlich ist die Klage am (Wohn-)Sitz des Beklagten zu erheben (§§ 12, 13 ZPO). Da der Kläger es in der Hand hat, ob und wann er einen Gerichtsprozess beginnt, soll der Beklagte als Ausgleich möglichst keine Erschwernisse aufgrund langer Anfahrtswege haben. Neben diesen allgemeinen Gerichtsstand treten in bestimmten Fällen besondere Gerichtsstände. Der Kläger hat dann die Wahl, wo er klagt. Wenn ein ausschließlicher Gerichtsstand besteht, darf der Kläger nur dort klagen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Vorliegend besteht ein abweichender ausschließlicher Gerichtsstand.

Nein!

Der ausschließliche dingliche Gerichtsstand nach § 24 ZPO gilt für Streitigkeiten über bestehendes Immobiliareigentum, etwaige dingliche Belastungen sowie für Grenzscheidungs-, Teilungs- und Besitzklagen, die unbewegliche Sachen betreffen.Da hier allerdings K von B die Auflassung nach §§ 925, 873 Abs. 1 BGB begehrt, behauptet K nicht bereits Eigentümer des Grundstücks zu sein. Stattdessen macht er einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem Grundstück (etwa aus §§ 433, 311b Abs. 1 BGB oder § 346 Abs. 1 BGB oder §§ 516, 518 BGB oder § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB etc.) geltend. Für einen solchen Anspruch ist § 24 ZPO nicht einschlägig!
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GEL

gelöscht

17.6.2020, 11:36:58

Wenn K von B die Auflassung verlangt, heißt das doch, dass er logischerweise noch nicht Eigentümer ist und es auch nicht behauptet. Also enthält die gerichtliche Entscheidung doch keine über das Eigentum (sondern bloß über die Voraussetzungen des Auflassungsanspruchs aus § 433 BGB). Warum ist dann der dingliche Gerichtsstand aus § 24 ZPO einschlägig?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

17.6.2020, 13:18:40

Grundsätzlich stimmt das, unter 24 ZPO fällt nicht die Geltendmachung des Anspruchs auf Auflassung (vgl. MüKo/ZPO-Patzina, 5. Aufl. 2016, 24 Rn. 8.) Aber sei vorsichtig damit den Anspruch auf Auflassung automatisch auf 433 (311b I) zu beziehen. Ein solcher Anspruch kann sich aus diversen Anspruchsgrundlagen ergeben, insbesondere wichtig zB. 346 I; 516, 518; 812 I 1 Alt. 1 BGB etc.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

18.6.2020, 09:07:20

@Jan, @Eigentum verpflichtet, tolle Anmerkungen, vielen Dank!! So kann der Fall nicht stehen bleiben, es ist nicht eindeutig genug. Wir werden zwei Fälle daraus machen - einen, in dem K den Auflassungsanspruch aus Kaufvertrag geltend macht und einen, in dem er Eigentum behauptet.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

5.10.2020, 12:58:02

Hallo Jan, wir haben jetzt 2 Fälle dazu. § 24 ZPO findet richtigerweise keine Anwendung auf den Anspruch auf Auflassung!

Isabell

Isabell

8.11.2020, 13:25:33

Wie ist es denn nu? 24 einschlägig oder nicht? Die als richtig gewertete Antwort passt nicht zu den Kommentaren darunter 😅

Speetzchen

Speetzchen

11.1.2021, 08:12:40

die Antwort stimmt nicht, so wie es hier auch angezeigt wird

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.6.2021, 01:34:54

@Isabell, wir können wie Speetzchen hier auch keinen Widerspruch entdecken. § 24 ZPO ist nicht einschlägig, da es um den schuldrechtlichen Übertragungsanspruch geht, also gerade nicht einen Streit über ein dingliches Recht. Beste Grüße, Lukas

NI

Niro95

12.4.2024, 06:45:28

Wäre das hier dann im Ergebnis ein Fall des besonderen Gerichtsstandes des

Erfüllungsort

es nach

29 ZPO

und es wäre wahlweise in München oder Hamburg (13 ZPO) zu klagen?

Juratiopharm

Juratiopharm

3.6.2024, 10:17:06

Selbst wenn §

29 ZPO

einschlägig wäre, würde dass ja nur eine Möglichkeit eröffnen (kein ausschließlicher Gerichtsstand). Ich frage mich aber, ob der

Belegenheitsort

des Grundstücks bei einer Auflassung überhaupt der

Erfüllungsort

ist, mithin ist die Auflassung ja nicht auf dem Grundstück sondern bei einem Notar zu erklären.

LASE

LaserLasse69

20.8.2024, 18:22:31

Vielleicht wäre es noch sinnvoll neben die momentane Antwort einen Vertiefungshinweis auf § 26 ZPO zu geben. Da K von B ja gerade die Auflassung verlangt ist die Klage ja eine persönliche Klage gegen den Eigentümer als solchen, weshalb § 26 ZPO m.E. einschlägig ist. Dass § 26 ZPO aber "nur" einen besonderen- und gerade nicht einen ausschließlichen Gerichtsstand begründet (Patzina, in: MüKo ZPO, § 26 Rn. 1) musste ich erstmal nachgucken, wäre aber vielleicht ein hilfreicher Vertiefungshinweis.

robse27

robse27

23.8.2024, 02:01:03

Moin, § 26 ZPO sei wohl bei der Auflassung str.; s. am besten mal hier: https://www.haufe.de/hso-fv-sachsen-online-kompaktversion/pruettinggehrlein-zpo-kommentar-zpo-26-zpo-dinglicher-gerichtsstand-fuer-persoenliche-klagen_idesk_PI44601_HI14660027.html (bei Rn. 3) Bei § 26 soll wohl gemeint sein, dass der Anspruchsgegner unbedingt passivlegitimiert als Eigentümer/Besitzer sein muss (wie bei §§ 985, 566, 994 o.ä.) (d.h. dass das Attribut halt in der Anspruchsnorm so drin stehen muss, wenn ich es richtig verstehe). Bei der Auflassung geht es ja „nur“ um den

Übereignung

sanspruch aus dem Kaufvertrag (§ 433 I 1 oder bei Vormerkung halt noch § 888 I) und wäre demnach gegen den „Eigentümer“ (wenn das die andere Partei überhaupt ist) nicht in der Funktion als Eigentümer iSv § 26 ZPO gerichtet, sondern gegen ihn in seiner Funktion als Schuldner des

Übereignung

sanspruchs (so Rosenberg/Schwab/Gottwald § 36 Rn. 44 mwN). Vielleicht helfen dir die beiden von mir angegeben Quellen auch nochmal weiter, da sind einige Fundstellen mit weiteren Nachweisen bei. LG :)


© Jurafuchs 2024