Gesetzliche Annahmefrist § 147 Abs. 1: Angebot unter Anwesenden, fernmündlich (Erlöschen durch Gesprächsabbruch)


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V führt mit K ein Gespräch über FaceTime und fragt, ob sie ihm seinen frechen Hund Fridolin für €150 abkaufen möchte. K lässt sich die Sache durch den Kopf gehen. Dem genervten V dauert das zu lange, er legt auf.

Einordnung des Falls

Gesetzliche Annahmefrist § 147 Abs. 1: Angebot unter Anwesenden, fernmündlich (Erlöschen durch Gesprächsabbruch)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem V das FaceTime-Gespräch beendet hat, hat er konkludent das Erlöschen seines Antrags zum Ausdruck gebracht.

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Genau, so ist das!

Wird keine Annahmefrist vereinbart, kann der einem Anwesenden gemachte Antrag nur sofort angenommen werden (§ 147 Abs. 1 S. 1 BGB). Dies gilt auch bei einem Antrag, der mittels Fernsprecher oder sonstiger technischer Einrichtung (z.B. Videokonferenz) erfolgt (§ 147 Abs. 1 S. 2). „Sofort“ heißt, so schnell wie es objektiv möglich ist, den Antrag gedanklich zu erfassen und zu antworten. K muss sich nicht in Sekundenschnelle entscheiden. Sie darf sich die Sache durch den Kopf gehen lassen. Beendet V bewusst das Gespräch, bringt er hierdurch nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) konkludent das Erlöschen seines Antrags zum Ausdruck.

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GI

Gilgamesh

19.10.2019, 09:43:06

Sollte V nicht zumindest die objektiv angemessene Zeit lang an seinen Antrag gebunden sein? Wenn ein Antrag unter Abwesenden nicht vor Ablauf der Frist durch den Antragenden für erloschen erklärt werden kann, warum sollte das für einen Antrag unter Anwesenden anders sein?

GEL

gelöscht

3.11.2019, 18:38:55

Weil es im Gesetz steht. Es gibt bei mündlichen oder fernmündlich Angeboten keine Bindungsfristen. Es sei denn es ist etwas anderes vereinbart.

QUIG

QuiGonTim

31.1.2022, 17:49:58

Und selbst wenn man in das Wort “sofort” eine kurze Bedenkzeit hineinlesen wollte, hat V mit dem Auflegen konkludent erklärt, dass er sich nach 145 BGB nicht an seinen Antrag gebunden sähe. Darauf zielt auch die Fallfrage ab. Leider wird dies in der Antwort nicht ganz deutlich.

Kind als Schaden

Kind als Schaden

9.4.2024, 17:23:22

Welchen Sinn hat es hier überhaupt eine Auslegung des Auflegens vorzunehmen, wenn doch bereits aus dem Gesetz folgt, dass K wegen § 147 I 1 nicht mehr das Angebot annehmen kann. Ich brauche um diesen Fall zu lösen doch überhaupt nicht die §§ 133, 157.

Paulah

Paulah

13.4.2024, 13:39:38

Wie in der Erläuterung steht, heißt das "sofort" in § 147 I 1 BGB nicht "plötzlich" und "auf der Stelle" oder "ohne jedes Nachdenken". Demjenigen, dem das Angebot angetragen wurde, wird eine angemessene Überlegensfrist eingeräumt. Dann kommt der letzte Satz der Erklärung ins Spiel: "Maßgeblich ist, wie lange sich der Antragende annahmebereit zeigt." Deshalb muss die konkludente Erklärung des V über §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden, um feststellen zu können, dass er mit dieser Erklärung seine Annahmebereitschaft beendet hat und damit das Angebot.


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