Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Angebot und Annahme

Invitatio ad offerendum: Vertragsschluss per Internet („eBay-Fälle“)

Invitatio ad offerendum: Vertragsschluss per Internet („eBay-Fälle“)

20. Mai 2025

9 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Auf der Suche nach einer Hollywood-Schaukel für den nächsten Sommer stöbert S bei eBay Kleinanzeigen. Er entdeckt die Anzeige des V, der sein Modell für €50 loswerden will. S verliebt sich sofort in die grellen Polster, die sicher perfekt mit seinen Hawaiihemden harmonieren würden.

Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Invitatio ad offerendum: Vertragsschluss per Internet („eBay-Fälle“)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Stellt das Online-Inserat des V über die Schaukel zum Preis von €50 ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags dar, was S nur noch annehmen muss?

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein verbindliches Angebot (§ 145 BGB) setzt voraus, dass der Erklärende Rechtsbindungswillen (objektiver Tatbestand der WE) hat. Nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) möchte der Verkäufer bei einem Online-Inserat im Kleinanzeigen-Format noch kein verbindliches Angebot unterbreiten, das der Käufer einseitig annehmen kann. Er wäre ansonsten gegenüber jedem Kontakt suchenden Interessenten zur Leistung verpflichtet, ohne vorher über die Person des Käufers informiert zu sein und seine Rechtsbindung von den noch verfügbaren Beständen abhängig machen zu können. Die Anzeige ist mithin eine unverbindliche invitatio ad offerendum. Zum Thema Vertragsschluss im Internet siehe Grüneberg, 82.A. 2023, § 156 BGB RdNr. 3.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JURA

Juranus

3.12.2020, 07:11:48

Vielleicht könnte man, um denjenigen, die keine Erfahrung mit eBay Kleinanzeigen haben, einen Anhaltspunkt zu geben, herausstellen, dass im Gegensatz zu eBay nur Inserate geschaltet werden und der Vertragsschluss nicht durch AGB vorgegeben wird.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

6.12.2020, 18:58:27

Hey Juranus, das ergibt sich unseres Erachtens schon aus dem Wort "Anzeige" im Sachverhalt, anstelle "Auktion".

KO

Kolja

7.12.2021, 09:45:53

Meiner Meinung nach müsste hier §7 Nr. 2 der eBay AGB beachtet werden, wonach der Verkäufer mit Einstellen eines Artikels bereits ein verbindliches Angebot abgibt… oder irre ich mich da?🙈

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

7.12.2021, 10:06:31

Hallo Kolja, während es sich bei eBay um eine Auktionsplattform handelt und in deren AGB in der Tat bereits das Einstellen als verbindliches Angebot qualifiziert wird, so handelt es sich bei eBay Kleinanzeigen lediglich um eine Seite zum Schalten von Inseraten. Genau wie bei der Anzeige in einer Zeitung lässt sich hier - anders als in dem Auktionsformat - aber noch kein rechtsverbindlicher Wille ableiten, einen Vertrag abzuschließen. Es handelt sich lediglich um die Aufforderung, ein Angebot abzugeben (

invitatio ad offerendum

). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

VIC

Victor

7.12.2021, 17:48:46

Man könnte auch noch genauer sein und darauf abstellen, dass die eBay-AGB ja auch nur im Verhältnis zu eBay gelten und nicht im Hinblick auf die Nutzer untereinander. Daher muss noch unbedingt ein verbindliches Angebot vorliegen, obwohl die AGB dies angeben.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

7.12.2021, 19:46:15

Hallo Victor, in der Tat gelten die ebay-AGB bei der Auktion nicht direkt zwischen den Nutzern. Allerdings werden sie dort bei der Auslegung der Erklärungen herangezogen. Bei den Kleinanzeigen ist aber auch nicht unter Berücksichtigung der AGB von einem rechtsverbindlichen Angebot des Verkäufers auszugehen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

lexspecialia

lexspecialia

13.11.2023, 13:06:29

Die eBay-AGB werden trotzdem zur Auslegung der Erklärungen im Verhältnis Nutzer-Nutzer herangezogen, da jeder Ebay Nutzer bei Erstellung eines Kundenkonto den Ebay-AGB zustimmt und man deshalb nach der Verkehrsanschauung davon ausgehen darf, dass jeder Nutzer über die AGB Bescheid weiss und diese somit auch in diesem Verhältnis gelten.

Nocebo

Nocebo

27.12.2024, 13:32:06

Der Verwirrung und Verwechselung mit eBay wäre vielleicht abgeholfen, wenn man den Sachverhalt zu "Kleinanzeigen" ändert, da auch offiziell ein Namenswechsel erfolgt ist. Die beiden Plattformen haben nichts miteinander zu tun.

Adrian C

Adrian C

8.1.2025, 14:14:17

In meiner Probeklausur gab es einen ähnlichen Fall. Ein Designer-Pullover wurde auf eBay (ob Kleinanzeigen oder nicht wurde nicht spezifiziert) hochgeladen. Ich habe eine

invitatio ad offerendum

mit der Begründung des potentiell fehlenden RBW argumentiert, da der Verkäufer nur einen begrenzten Lagerbestand hat. Die Musterlösung teilte meine Ansicht nicht und bewertete den Fall als eine

offerta ad incertas personas

. Diese Unterscheidung scheint demnach sehr schwammig zu sein und erfordert Wissen über Plattformen, welche in Klausuren nicht näher erklärt werden. Ohne die Möglichkeit während der Klausur eBay (-Kleinanzeigen) herunterzuladen und auszuprobieren scheint es wie ein Ratespiel, ob die eigene Begründung Fuß fassen kann.


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