Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Anfechtung der Willenserklärung
Error in obiecto: Rindfleisch/Pferdefleisch
Error in obiecto: Rindfleisch/Pferdefleisch
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K bestellt in der Metzgerei des M eine Salami. Dabei übersieht sie, dass es sich um eine Pferdefleischmetzgerei handelt. Üblicherweise wird Salami aus Schweinefleisch hergestellt.
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Einordnung des Falls
Error in obiecto: Rindfleisch/Pferdefleisch
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K und M haben einen Kaufvertrag über eine Salami vom Pferd geschlossen (§ 433 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K kann ihre Willenserklärung wegen eines Eigenschaftsirrtums anfechten (§ 119 Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
3. Ein Irrtum über Eigenschaften einer Sache ist zugleich ein Inhaltsirrtum, wenn die Eigenschaften Bestandteil der abgegebenen Willenserklärung geworden sind.
Ja!
4. K unterlag einem Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
5. Der Eigenschaftsirrtums (§ 119 Abs. 2 BGB) schließt als lex specialis eine Anfechtung wegen eines Inhaltsirrtums aus.
Nein, das trifft nicht zu!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Daniel
9.4.2022, 19:14:22
Ist hier nicht eine Anfechtung wegen des Vorranges der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung ausgeschlossen, zumindest bezüglich § 119 Abs. 2 BGB?
Lukas_Mengestu
11.4.2022, 16:56:31
Hallo Daniel, sofern es hier bereits zur Übergabe der Salami gekommen ist (
Gefahrübergang), so würde in der Tat der Vorrang des Kaufmängelgewährleistungsrechts gelten und die Anfechtung wegen
Eigenschaftsirrtumsperren. Hier ist aber bislang lediglich der Kaufvertrag zustande gekommen. Die Kaufsache wurde noch nicht übergeben, weshalb insoweit eine Anfechtung noch möglich ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
12.4.2022, 09:22:22
Liegt hier überhaupt ein Sachmangel vor? Aus Sicht eines objektiven Dritten haben K und M einen Vertrag über den Kauf einer Salami vom Schwein geschlossen. Das Wursterzeugnis entsprach also sowohl den subjektiven als auch den objektiven Anforderungen im Sinne des 434 Abs. 1 BGB und war damit (ggf. im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs) frei von Sachmängeln.
deliaco
17.1.2024, 23:53:26
Die Frage von QuiGonTim habe ich mir auch gestellt. Wie kann man denn hier zu einem Mangel gelangen, wenn man annimmt, dass Übergabe bereits erfolgt ist? Was wäre ein Beispiel für ein Fall, in dem ein
Eigenschaftsirrtumeigentlich vorliegt, aber aufgrund Vorrangs des Mängelgewährleistungsrechts verdrängt wird und dann ein Mangel bejaht wird?
Pilea
7.10.2022, 09:06:32
Wäre es bereits zu einer Übergabe gekommen - wie wäre dann die (mangelrechtliche) Lage der K?
deliaco
18.1.2024, 00:01:15
Push
luc1502
15.3.2024, 09:26:02
Servus, hab vlt. gerade einen richtigen Hänger, aber ich verstehe partout nicht, wann die „Eigenschaft Bestandteil der WE“ ist. Müsste man z.B in seiner WE sagen/erklären „Salami vom Schwein“? oder ist etwas anderes gemeint mir „Eigenschaft als Bestandteil der WE“?
Unterfertigter
25.3.2024, 17:17:43
Habe ich mich auch gefragt. Ich vermute Folgendes: Wenn A denkt, er kaufe einfach nur eine Salami und erst danach feststellt, dass sie aus Pferdefleisch ist, er sich also beim Kaufentschluss gar keine Gedanken darüber gemacht hat, welches Fleisch vorliegt, kann es sich um keinen Inhaltsirrt handeln, weil er sich keine Vorstellungen gemacht hat, mithin nicht irren kann. Wenn A sich denkt, er kaufe nun Schweinesalami, obwohl es sich um Pferdesalami handelt, hat er sich Vorstellungen über das Fleisch gemacht, über die er irrte.
Unterfertigter
25.3.2024, 17:19:02
Kurz gesagt: ausdrücklich sagen muss er es nicht, aber es muss im Zuge der internen Entscheidungsfindung bewusst Bestandteil der WE geworden sein
caulpoy
22.8.2024, 17:58:20
Angenommen die Übergabe sei erfolgt: Wäre dann aufgrund der Konkurrenzverhältnisse mit dem Mangelrecht ein
Eigenschaftsirrtumausgeschlossen und ein gegebenenfalls vorliegender Inhaltsirrtum möglich (dieser ist ja nicht gesperrt)?
caulpoy
22.8.2024, 18:02:59
Falls ja, erscheint mir das in folgender Hinsicht widersprüchlich: der Inhaltsirrtum ist ja erst durch vorliegen einer verkehrswesentlichen Eigenschaft denkbar. Nun wäre ab
Gefahrübergangeine Anfechtung wegen Inhaltsirrtum, nicht jedoch wegen
Eigenschaftsirrtummöglich.
Skra8
27.9.2024, 12:50:15
Hi @[caulpoy](245038), lass uns mal kurz einen Schritt zurückgehen, denn nur wenn man die dogmatische Einordnung des Inhaltsirrtums gem. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB und des Erklärungsirrtums gem. § 119 Abs. 2 BGB von der Konkurrenzenfrage trennt, wird denklogisch da ein Schuh draus: Es sind sicherlich einige Konstellationen denkbar, in denen der Erklärende sowohl einem
Eigenschaftsirrtumgem. Abs. 2 als auch einem Inhalts- oder gar Erklärungsirrtum nach Abs. 1 unterliegt. Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ziehen, dass jeder
Eigenschaftsirrtumauch automatisch ein Inhaltsirrtum ist. Dies begründet sich insofern, als nicht sämtliche Eigenschaften rechtsgeschäftlich geschuldet werden; vielmehr stellen die meisten Eigenschaften ein bloßes Motiv für den Erwerb eines Gegenstands dar und stimmen dann entsprechend mit der objektiven Erklärung und dem
Geschäftswillen überein. (BeckOGK/Rehberg, 1.6.2024, BGB § 119 Rn. 144, beck-online) Entsprechend erfasst der
Eigenschaftsirrtumi.S.d. § 119 Abs. 2 BGB auch Fälle jenseits der Irrtümer i.S.d. § 119 Abs. 1 BGB. (BeckOGK/Rehberg, 1.6.2024, BGB § 119 Rn. 144, beck-online) Gerade diese über § 119 Abs. 1 BGB hinausgehenden Fälle, also die, die von Abs. 2 erfasst werden, stehen im lex-specialis-Verhältnis zu den Regelungen nach §§ 434 ff. BGB. (BeckOGK/Rehberg, 1.6.2024, BGB § 119 Rn. 166, beck-online) Um es plastischer zu machen, ein Klassiker: Sachverhalt: A irrt über die Echtheit eines Kunstwerkes beim Kauf von einem Galeristen. Nach Übergabe des Kunstwerkes wird sich A dem Irrtum bewusst. Die Irrtümer aus Abs. 1 scheiden aus, denn dem A missglückt weder die praktische Umsetzung seines Erklärungswillens in eine dem Willen entsprechende Äußerung (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 46, beck-online), noch irrt A über den Bedeutungsgehalt, der seiner Kauferklärung nach dem
Empfängerhorizontobjektiv zugemessen wird (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 60, beck-online). A irrt lediglich über eine
verkehrswesentliche Eigenschaftder Urheberschaft. In dieser Konstellation ist die Anfechtung aus § 119 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, weil ein Sachmangel i.S.d. §§ 434 ff. BGB vorliegt, der nach dem lex-specialis-Prinzip Vorrang hat. Also ja, im Ergebnis ist es richtig, dass eine Anfechtung gemäß § 119 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein kann, aber eine Anfechtung im Rahmen des § 119 Abs. 1 BGB möglich, gerade weil die Anfechtunsgründe sich unterscheiden. Vielleicht hilft dir diese Einordnung?
Ala
17.10.2024, 17:21:29
@[Skra8](184520), danke für deine Ausführungen. Ich verstehe dennoch nicht den Unterschied zwischen dem von dir skizzierten Fall (Echtheit eines kunstwerkes) und dem Fall der Aufgabe zur
Beschaffenheitder Wurst. Beide Male hat der verkäufer eine Vorstellung von der
Beschaffenheitdes kaufobjekts im Kopf, die sich im Nachhinein als unwahr herausstellt. In dem einen Fall liegt sowohl ein Inhalts- als auch ein
Eigenschaftsirrtumvor und in dem anderen Fall keins von beiden. 🤯🙇🏻♀️🤷🏻♀️ Kann mir da jemand weiterhelfen?
Skra8
18.10.2024, 09:42:27
Hi @[Ala](241758), zugegebenermaßen ist das Thema ein klein wenig Haarspalterei. Beide Fälle sehen zwar auf den ersten Blick durchaus gleich aus, aber die Unterschiede stecken im Detail. Wichtig vorweg ist allerdings, dass es sich in beiden Fällen nicht um den Verkäufer dreht, sondern um den Käufer. Zunächst die Frage nach dem
Eigenschaftsirrtum: Im Fall (1) „Echtheit eines Kunstwerkes“ kauft A ein Kunstwerk, und dieses wird ihm auch übergeben. Im Fall (2) „Salami“ schließt K nur den Kaufvertrag ab; eine Übergabe ist mangels Angaben im Sachverhalt nicht gegeben. Entsprechend unterscheiden sich beide Fälle schon darin, dass im einen Fall („Salami“) nur der Kaufvertrag geschlossen wurde, während im anderen Fall („Echtheit eines Kunstwerkes“) das
Verfügungsgeschäftbereits vollzogen wurde. Genau diese Sachlage führt zu der Abweichung, dass im Fall („Salami“) der
Eigenschaftsirrtumgemäß § 119 Abs. 2 BGB anwendbar ist, während im Fall („Echtheit eines Kunstwerkes“) die Anwendbarkeit ausgeschlossen ist, weil ein Sachmangel im Sinne der §§ 434 ff. BGB vorliegt und diese Regelungen Vorrang genießen. Letztlich liegt aber in beiden Fällen dem Grunde nach ein
Eigenschaftsirrtumim Sinne von § 119 Abs. 2 BGB vor. In der Frage, ob nun auch in beiden Fällen ein Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB vorliegt, wird es dann ein wenig knifflig zu unterscheiden: Im Fall „Salami“ irrt K über den Bedeutungsgehalt ihrer Erklärung nach dem
objektiven Empfängerhorizontgemäß §§ 133, 157 BGB (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 60, beck-online), denn sie geht davon aus, dass 1x Salami gleich 1x Salami vom Schwein bedeutet, was in einer Pferdemetzgerei nicht der Fall ist. Im Fall „Echtheit eines Kunstwerkes“ stellt es sich anders dar: Der Wille des A und der Bedeutungsgehalt seiner Erklärung nach §§ 133, 157 BGB fallen gerade nicht auseinander, denn A erklärt, dass er in einer Galerie, in der viele verschiedene Kunstwerke von verschiedenen Künstlern ausgestellt sind, ein bestimmtes Bild kaufen möchte. Der Galerist versteht nach dem
objektiven Empfängerhorizontebenfalls genau dieses beschriebene Bild. Die Urheberschaft des Bildes ist hierbei nicht Teil der Willenserklärung geworden, obwohl die Urheberschaft sicherlich ein Motiv für den Kauf gewesen ist. Das Beispiel wird klarer, wenn wir den Fall „Echtheit eines Kunstwerkes“ so abwandeln, dass er vergleichbar mit dem Fall „Salami“ wird: A geht in die Galerie von O. O verkauft normalerweise nur Kunstwerke des Künstlers G. A weiß, dass O exklusiv die Werke von G anbietet. An dem Tag, an dem A die Galerie betritt, hat O jedoch nur Kunstwerke des Künstlers S ausgestellt. Dies wird von A übersehen. A bestellt bei O ein Bild aus der Galerie, in dem Glauben, es sei von G. Noch bevor es übergeben wird, merkt A, dass es nicht von G stammt. In der Abwandlung laufen Eigenschafts- und Inhaltsirrtum nebeneinander, weil die Eigenschaft der Urheberschaft Teil der abgegebenen Willenserklärung geworden ist, gerade weil A verkennt, was seine Erklärung nach dem
objektiven Empfängerhorizontan diesem Tag in der Galerie bedeutet. Da es auch nicht zu einer Übergabe kam, ist eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB möglich. Sorry, das ist jetzt etwas länger geworden, aber vielleicht hilft das?
Ala
18.10.2024, 10:26:36
Hey, vielen Dank noch mal. Ich glaube, ich bekomme so allmählich eine Ahnung von dem unterschied. Ich würde die Unterscheidung Inhalts-/
Eigenschaftsirrtumauch super gerne dahinstehen lassen, nur leider ist es ja entscheidend, welcher Irrtum vorliegt, aufgrund der Konkurrenz des
eigenschaftsirrtums zum Gewährleistungsrecht 😩 Übrigens dazu eine Anmerkung: in dem Kapitel „Konkurrenzen“ beim Kaufrecht wird beschrieben, dass nach hM im Rahmen eines Kaufvertrags auch VOR
Gefahrübergangeine Anfechtung wegen
Eigenschaftsirrtums ausgeschlossen ist: „Nach hM ist die Anfechtung des Käufers wegen eines
Eigenschaftsirrtums ausgeschlossen, wenn der Irrtum eine
verkehrswesentliche Eigenschaftbetrifft, deren Fehlen gleichzeitig einen (potenziellen) Sachmangel begründet (§§ 434f. BGB). Die §§ 437 ff. BGB enthalten insoweit eine abschließende Sonderregelung. Dies gilt nach hM auch bereits für den Zeitraum vor
Gefahrübergang, weil auch schon dann kaufrechtliche Sonderregeln umgangen werden könnten. Sonst könnte sich etwa der Käufer auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis vom Mangel vom Kaufvertrag lösen (entgegen § 442 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Rechte des Käufers können vor der Übergabe aber nicht weiter gehen als danach.“ Der Knackpunkt im Salami-Fall ist (glaube ich), dass der Irrtum zwar eine
verkehrswesentliche Eigenschaftbetrifft, deren Fehlen aber eben nicht einen (potenziellen) Sachmangel begründet, weil - und so wurde das in noch einem andern Fall hier auf Jurafuchs gelöst - man dem Käufer nicht vorwerfen kann, keine ausdrückliche Vereinbarung über diese Eigenschaft der Sache getroffen zu haben, wenn sie ihm doch so wichtig sei. Es gibt eine Beschaffensheitsvereinbarung, es handelt sich ja um konkret ausgewählte Salami. Lediglich die Vorstellung des Käufers vom Vereinbarten weicht ab. Ich versuche irgendwie die verschiedenen Puzzleteile aus den unterschiedlichen Aufgaben zusammenzuführen und einen roten Faden zu erkennen 🥴
Skra8
18.10.2024, 13:02:42
Hi @[Ala](241758), der Unterschied in diesen spezifischen Fällen ist auch nicht trivial, um ehrlich zu sein, aber im Hinblick auf eine Klausur ist er eigentlich sehr dankbar, denn falls es wirklich darauf ankommt, wirst Du mit großer Sicherheit deutliche Hinweise im Sachverhalt finden. Leider werden hier zwei sehr ähnliche Problemfelder vermischt: Problemfeld (1): Grobe Fahrlässigkeit beim Käufer vor Gefahrenübergang Problemfeld (2): Keine entsprechende
Beschaffenheitsvereinbarung 1. Problemfeld Es ist richtig, dass die Frage umstritten ist, ob im Rahmen eines Kaufvertrages gemäß § 433 BGB in gewissen Fällen auch eine Anfechtung vor dem Gefahrenübergang ausgeschlossen ist (hierzu vgl. MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, BGB § 437 Rn. 54, beck-online). Wie immer dreht sich die Problematik um die Frage nach der Umgehung der seitens des Gesetzgebers vorgesehenen Spezialregelung. In diesem Fall geht es, wie von Dir schon gesagt, konkret um die Regelung des § 442 Abs. 1 S. 2 BGB, sprich, es betrifft solche Fälle, in denen der Käufer grob fahrlässig über die Eigenschaft irrt (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 32, beck-online). Und letztlich streitet man dann kurz: Meinung: Keine Anwendung von § 119 Abs. 2 BGB vor Gefahrenübergang bei grober Fahrlässigkeit des Käufers (+) Ansonsten Umgehung der Gewährleistungsrechte aus § 434 ff. BGB (+) Rechte des Käufers können nicht vor Übergabe weitergehen als danach Meinung: Anwendung des § 119 Abs. 2 BGB vor Gefahrenübergang bei grober Fahrlässigkeit des Käufers (+) Wortlaut des § 434 Abs. 1 BGB Hier würde ich im Zweifel die Anwendung ablehnen, wenn die Klausur viele kaufrechtliche Aspekte aufwirft. Aber, ehrlich gesagt, wenn Du das Problem in der Klausur erkennst, wird der Korrektor Dir salutieren. 2. Problemfeld Strittig war zumindest mal, ob der Ausschluss der Anfechtung auch solche verkehrswesentlichen Eigenschaften der Kaufsache betrifft, deren Fehler nicht zu Gewährleistungsansprüchen führt, weil keine entsprechende
Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt (MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, BGB § 437 Rn. 54, beck-online). Nochmal kurz zurück zum Fall „Salami“: Ich denke nicht, dass der Knackpunkt in diesem Fall in der Frage liegt, ob ein „potenzieller Sachmangel“ vorliegt. Ich würde auch davon abraten, sich aus den Fingern zu saugen, dass es eine
Beschaffenheitsvereinbarung zwischen M und K gab, da die Regelungen des § 434 Abs. 2 Nr. 2 BGB sich in dieser Konstellation praktisch aufdrängen. Hiernach kann K durchaus erwarten, dass es sich um Schweinesalami handelt, sodass ein Sachmangel potenziell vorliegt. Der Knackpunkt ist Problemfeld (1), und hier muss man die Frage stellen, ob K fahrlässig oder grob fahrlässig verkannt hat, dass sie in einer Pferdefleischmetzgerei einkauft. Bei dem vorliegenden Sachverhalt würde ich das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit jedoch nicht vertreten. Entsprechend dringt man hier gar nicht zu diesem Problemfeld vor, sodass die Lösung auch entsprechend ist. Oder ist mir hier ein Denkfehler unterlaufen?
schwemmely
28.10.2024, 13:06:09
@[Skra8](184520) mega nice, dass du die so viel Mühe bei den detaillierte Ausführungen gemacht hast! Jetzt verstehe ich es viel besser :))
Skra8
28.10.2024, 17:52:43
Hi @[Ala](241758), ich tue mich tatsächlich gerade in dieser Konstellation auch regelmäßig schwer, eine klare Abgrenzung vorzunehmen. Entsprechend bist Du da nicht allein. Aber ich finde, die Abgrenzung in der aktuellen Kommentierung im Münchener Kommentar ist ziemlich gut gemacht: Nach der aktuellen Kommentierung im Münchener Kommentar ist es grundsätzlich möglich, dass Vorstellungen über Eigenschaften von Sachen Teil einer Willenserklärung werden können (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 83, beck-online). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Willenserklärung konkret auf eine Sache bezieht; dabei wird zugleich die Eigenschaft, die der Sache nach der Vorstellung des Erklärenden zukommt, von dem Gewollten erfasst. (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 83, beck-online) Nach dieser Kommentierung liegt ein Inhaltsirrtum vor, wenn jemand „Cognac“ bestellt und dabei irrig der Ansicht ist, darunter sei ausschließlich französischer Cognac zu verstehen. (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 84, beck-online) Gerade dieses Beispiel liegt ziemlich nahe an unserem Salami-Fall. Zu Deiner Anmerkung zum Kapitel „Konkurrenzen“ weiß ich nicht, ob ich so weit gehen würde und das als herrschende Auffassung abzustempeln. Aber ja, es ist richtig, dass u. a. Armbrüster vertritt, dass eine Anfechtung wegen Eigenschaft gemäß §§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 2 BGB auch vor
Gefahrübergangausgeschlossen ist. (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 32, beck-online; BeckOGK/Rehberg, 1.6.2024, BGB § 119 Rn. 167, beck-online; BeckOK BGB/Wendtland, 71. Ed. 1.8.2024, BGB § 119 Rn. 8, beck-online) In einer Klausur meine ich aber, dass diese Problematik vernünftig angelegt werden würde, sodass Du meiner Meinung nach da nicht unbemerkt drüber stolpern kannst (z. B. Fälle des § 442 Abs. 1 BGB). Wenn es mal wirklich darauf ankommen sollte, würde ich darüber wie folgt streiten: Meinung: Keine Anwendung von § 119 Abs. 2 BGB vor Gefahrenübergang bei grober Fahrlässigkeit des Käufers (+) Ansonsten Umgehung der Gewährleistungsrechte aus § 434 ff. BGB (+) Rechte des Käufers können nicht vor Übergabe weitergehen als danach Meinung: Anwendung des § 119 Abs. 2 BGB vor Gefahrenübergang bei grober Fahrlässigkeit des Käufers (+) Wortlaut des § 434 Abs. 1 BGB Allerdings würde ich da keine grundsätzliche Thematik draus machen; das muss aber jeder so ein wenig für sich selbst abwägen. In der Frage, inwiefern sich der Fall-Salami von dem von Dir angesprochenen Fall im Kaufrecht unterscheidet oder ähnelt, kann ich Dir leider nicht sagen, da ich den Fall eben auf die Schnelle nicht gefunden habe. Aber ich wäre bei dieser Einschätzung, dass im vorliegenden Fall kein „potentieller Sachmangel“ vorliegt, vorsichtiger. Insbesondere mit Blick auf die objektiven Anforderungen gemäß § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. a) BGB. Der Knackpunkt, warum in diesem Fall die Problematik nicht aufgegriffen wurde, könnte sich ggf. daraus ergeben, dass als diese Aufgabe erstellt wurde, die Meinung von Armbrüster noch nicht stark oder bekannt war. Alternativ könnten die Aufgaben auch von verschiedenen Autoren gestellt worden sein, die die Relevanz dieses Streits unterschiedlich eingeordnet haben. Entsprechend bin ich der Sache nach bei Dir, dass man in einem Vertiefungshinweis zumindest darauf hinweisen könnte, dass die Frage nicht ganz unumstritten ist. @[schwemmely](114183)– Klar, gerne, kein Thema! Vielleicht nimmt das Jurafuchs-Team den Thread hier zum Anlass für einen Ergänzungshinweis oder eine anderweitige Erklärung, wo die Unterschiede in diesen Fällen liegen. @[Christian Leupold-Wendling](29773) (Sorry, ich weiß nicht, wen von Euch aus dem Team ich für dieses Kapitel/ diese Rubrik taggen soll/kann!)