Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Betrug (§ 263 StGB)

Vermögensschaden - Erwerb von abhanden gekommener Sachen

Vermögensschaden - Erwerb von abhanden gekommener Sachen

2. April 2025

16 Kommentare

4,8(8.699 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

K möchte das gute Wetter nutzen, um mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Er kauft daher auf Ebay Kleinanzeigen von D ein neuwertiges E-Bike für nur €150. K weiß nicht, dass D das E-Bike von X gestohlen hat.

Diesen Fall lösen 91,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Vermögensschaden - Erwerb von abhanden gekommener Sachen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D hat den K getäuscht.

Ja!

Eine Täuschung ist das Einwirken auf einen anderen mit dem Ziel, einen Irrtum zu erregen. D hat den K konkludent über seine Eigentümerstellung bzw. seine Verfügungsberechtigung getäuscht.
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2. K hat eine Vermögensverfügung getätigt.

Genau, so ist das!

Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. K hat D den Kaufpreis von €150 gezahlt in insoweit sein Vermögen vermindert.

3. D hat seine vertraglichen Pflichten erfüllt und K das E-Bike übereignet, sodass K keinen Vermögensschaden erlitten hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Vermögensschaden ist ein negativer Saldo, welches im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Zu- und Abflüsse im Zusammenhang mit der Vermögensverfügung ermittelt wird.. Sofern eine Sache abhanden gekommen ist, wird mangels Eigentumserwerbs (§ 935 I BGB) ein Vermögensschaden angenommen. D konnte dem K nicht wirksam Eigentum übertragen (§ 935 I BGB), weswegen dessen Kaufpreis keine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstand.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SHE

sherlock

16.11.2022, 11:42:01

Hier steht: „sodass D keinen

Schaden

erlitten hat“ - ich glaube hier müsste eigentlich fraglich sein, ob K einen

Schaden

erlitten hat oder? Was dann eben zu bejahen ist, da ihm das Fahrrad wegen § 935 I 1 BGB gar nicht übereignet werden konnte und er aufgrund seiner

Vermögensverfügung

iFd Zahlung von 150 Euro einen

Schaden

erlitten hat. Oder habe ich da was durcheinander gebracht?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.11.2022, 18:01:59

Hallo sherlock, die ganze Aussage hier stimmt nicht. Weil D seine vertraglichen Pflichten NICHT erfüllt hat, ist K hier ein

Schaden

entstanden. Hätte D dagegen seine vertraglichen Pflichten erfüllt, so wäre K KEIN

Schaden

entstanden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

MIA

miamiu

28.3.2024, 14:09:38

Fehlt es in diesem Fall nicht schon an einem Irrtum? K wusste doch, dass das Fahrrad gestohlen wurde und somit lag auch kein Auseinanderfallen der objektiven Wahrheit und der subjektiven Vorstellung vor.

LELEE

Leo Lee

29.3.2024, 04:26:33

Hallo miamiu, vielen Dank für die Frage! Beachte jedoch, dass im letzten Satz steht, dass K nicht um die Entwendung wusste :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

JO

JohnnyLbd

1.7.2024, 12:28:20

Hey, muss man hier eine Inzidentprüfung vornehmen oder reicht es aus wenn man kurz

abhandenkommen

definiert und dann feststellt ?

TI

Timurso

8.7.2024, 10:39:52

Ich würde sagen, dass das maßgeblich vom Kontext abhängt. Je gewichtiger dieses Problem in einer Klausur ist, desto feiner sollte man das prüfen und auch tiefer ins Zivilrecht gehen.

robse27

robse27

7.7.2024, 16:44:09

Hallo zusammen, kann man die

Vermögensverfügung

nicht auch schon im Abschluss des Kaufvertrages sehen (und nicht erst später im Bezahlen der 150€), so dass bereits ein

Eingehungsbetrug

vorliegen könnte (auch wenn das im Ergebnis hier dahinstehen könnte)? Danke und LG :)

TI

Timurso

8.7.2024, 10:18:50

Man kann im Abschluss des Vertrages eine

Vermögensverfügung

sehen, allerdings ist dadurch kein

Schaden

kausal eingetreten. Entweder es liegt ein Fall anfänglicher Unmöglichkeit vor, dann gibt es keine sich gegenüberstehenden Ansprüche und damit keinen

Schaden

. Oder der K erwirbt einen Anspruch gegen die D auf Übereignung des Fahrrads (oder eines der gleichen Gattung), dann ergibt die Saldierung auch keinen

Schaden

des K, da nach dem Sachverhalt ("neuwertiges Fahrrad für NUR 150 €") das Fahrrad wohl mehr wert ist als 150 €.

Vincent

Vincent

5.2.2025, 13:19:43

@[robse27](211434) Da wäre ich sehr vorsichtig. Ich würde auch @[Timurso](197555) nicht zustimmen. Denn schließlich kann man hier die Unterscheidung nach Verpflichtungs und Verfügungsgeschäft treffen ein vermischen dieser beiden ist ein grober Fehler. Mit dem Abschluss des Kaufvertrages wird sich erst einmal nur verpflichtet. Die Verfügung ist ein davon abgegrenztes

Rechtsgeschäft
Vincent

Vincent

5.2.2025, 13:20:54

Des Weiteren stimmt auch der zweite Satz von @[Timurso](197555) nicht. Zwar ist das Rad objektiv mehr wert als der Kaufpreis, allerdings findet bei abhanden gekommenen Sachen eben kein

gutgläubiger Erwerb

statt. Dementsprechend hat der O auch keine Eigentumsrechtliche Stellung an dem Rad.

TI

Timurso

5.2.2025, 13:39:18

@[Vincent](211990) Ich glaube du hast meinen Kommentar falsch verstanden: Wenn sich der Kaufvertrag auf ganz konkret dieses Fahrrad bezieht (

Stückschuld

), dann liegt

anfängliche Unmöglichkeit

vor, weil das Rad gestohlen ist und der D daher das Eigentum daran nicht übertragen kann. Insofern entsteht mangels rechtlicher Wirkungen des Vertrags auch kein

Schaden

. Man könnte dann höchtens über eine

schadensgleiche Vermögensgefährdung

nachdenken. Satz 2 bezieht sich lediglich auf den Fall, dass man eine

Gattungsschuld

annimmt, also der D verpflichtet wird, irgendein solches Fahrrad zu übereignen. Das ist nicht unmöglich, er könnte ja wohl eines besorgen. In diesem Fall müsste sehr wohl eine Saldierung stattfinden, um einen

Schaden

festzustellen, da es sich dann um einen

Eingehungsbetrug

handeln würde. Ich sehe auch nicht, wo ich Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft vermischt hätte.

TI

Timurso

8.7.2024, 11:38:21

Hey, diese Aufgabe hat an mehreren Stellen Verbesserungsbedarf. 1. Fehlen Ausführungen zum Irrtum. Diese sollten entweder zwischen Frage 1 und 2 eingefügt werden oder jedenfalls in Frage 1 integriert werden, wenn die Aufgabe kürzer gehalten werden soll. Ohne solche fehlt ein Schritt im Schema, was didaktisch imo nicht empfehlenswert ist 2. Ist in der Subsumtion zu Frage 2 ein Schreibfehler, dort müsste "und" statt "in" stehen. 3. Insgesamt ist die Aufgabe imo nicht richtig gelöst. Wir haben vorliegend einen

Erfüllungsbetrug

mit einem wirksamen Kaufvertrag. Anders als beim

Eingehungsbetrug

sind dabei nicht die sich im Vertrag gegenüberstehenden Ansprüche zu saldieren, sondern der Anspruch auf das E-Bike und die geleistete Sache. Daher liegt die maßgebliche

Vermögensverfügung

nicht in der Zahlung der 150 €. Durch diese ist kausal kein

Schaden

entstanden, da der Anspruch der D gegen K in gleicher Höhe erloschen ist. Die Zahlung war also für das Vermögen neutral, der Vermögensabfluss ist kompensiert. Maßgeblich kommt es hier stattdessen auf die Erfüllung durch D an. Dabei könnte der

Schaden

im Erlöschen der Forderung des K auf Übereignung des E-Bikes liegen. Aufgrund des

Abhandenkommen

s ist jedoch keine Übereignung möglich, weshalb der Anspruch nicht erfüllt wurde und somit auch nicht erloschen ist. Davon weiß K allerdings nichts, deswegen liegt die

schadensgleiche Vermögensgefährdung

vor, dass K seinen Anspruch nicht geltend macht, obwohl er keine nachhaltige Rechtsposition erlangt hat. Die maßgebliche

Vermögensverfügung

muss daher das Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs auf Übereignung sein, da nur durch diese ein

Schaden

unmittelbar und kausal eingetreten ist. Die 150 € sind dagegen vollkommen irrelevant, auch wenn sie einen notariell beglaubigten Schenkungsvertrag geschlossen hätten, läge hier ein vollendeter Betrug vor. Falls ich mit meinen Ausführungen vollkommen auf dem Holzweg sein sollte, würde ich mich über eine Erklärung freuen, was daran falsch ist.


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