Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohende untergesetzliche Normen?

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohende untergesetzliche Normen?

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Die als Satzung erlassene Promotionsordnung der Uni U soll dahingehend geändert werden, dass in Jura nur noch promovieren darf, wer das erste Staatsexamen mit einer Note von 12 Punkten abgeschlossen hat. Studentin Lawra (L), die kurz vorm Examen steht, will das verhindern.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohende untergesetzliche Normen?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L will sich gegen den Erlass von untergesetzlichen Normen wenden. Statthaft ist eine vorbeugende Normenkontrolle (§ 47 VwGO).

Nein!

So, wie das Rechtsschutzsystem der VwGO keine vorbeugende Anfechtungsklage vorsieht, ist auch eine vorbeugende Normenkontrolle nicht vorgesehen und daher unstatthaft. Eine Normenkontrolle nach § 47 VwGO setzt eine bestehende untergesetzliche Rechtsvorschrift voraus. Die Promotionsordnung ist eine Satzung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft der Uni. L will sich also gegen untergesetzliche Normen wenden. Allerdings ist die Normenkontrolle unstatthaft, weil die Normen, gegen die sich L wenden will, noch nicht erlassen wurden.
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2. Es ist umstritten, ob ein Kläger sich vorbeugend gegen den bevorstehenden Erlass oder die Änderung untergesetzlicher Normen wenden kann.

Genau, so ist das!

Nach einer Ansicht kann ein Kläger die vorbeugende Unterlassungsklage gegen den bevorstehenden Erlass oder die Änderung einer untergesetzlichen Norm erheben. Problematisch ist in diesen Fällen, ob das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Klägers vorliegt. Dies dürfte meistens nicht der Fall sein. Es handelt sich hierbei aber um eine Frage, die erst im Rahmen der Klagebefugnis bzw. separat im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses thematisiert werden muss.

3. Teilweise wird eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen den Erlass von Normen für grundsätzlich unstatthaft gehalten.

Ja, in der Tat!

Nach einer Ansicht kann ein Kläger die vorbeugende Unterlassungsklage gegen den bevorstehenden Erlass oder die Änderung einer untergesetzlichen Norm erheben. Eine andere Auffassung hält dem entgegen, dass die allgemeine Leistungsklage nur auf die Vornahme oder Unterlassung behördlicher Einzelentscheidungen gerichtet werden kann. Zur Abwehr einer drohenden Normsetzung komme lediglich eine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO in Betracht, gerichtet auf die Feststellung, dass die Exekutive zu einer bestimmten Normsetzung nicht berechtigt ist.

4. Für die Statthaftigkeit der Leistungsklage spricht der Subsidiaritätsgrundsatz.

Ja!

Es ist umstritten, ob der Kläger eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohende untergesetzliche Normen erheben kann oder lediglich die Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, dass die Exekutive diese Art von Normen nicht erlassen darf. Für die vorbeugende Unterlassungsklage spricht die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO). Die Leistungsklage ist in den meisten Fällen auch rechtsschutzintensiver. Für L ist es vorteilhafter, wenn der Erlass der konkret geplanten Normen unterlassen werden muss. Statthaft ist die vorbeugende Unterlassungsklage. Ob L auf den repressiven Rechtsschutz verwiesen werden kann oder ob ausnahmsweise eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen die noch nicht erlassene neue Promotionsordnung wegen Unzumutbarkeit des repressiven Rechtsschutzes zulässig ist, ist eine Frage, die Du erst in Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses erörtern musst.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

suessmaus

suessmaus

25.8.2023, 11:39:41

sagt man nicht in dem Fall, dass die Exekutive auch im Rahmen der

Feststellungsklage

auch durch die Entscheidung ebenso gebunden ist wie bei der Leistungsklage (beides quasi verurteilung zum Nichterlass der Norm), sodass die grds. Subsidiarität nach § 43 II 1 VwGO nicht greift?

HAN

hannabuma

2.6.2024, 21:16:06

Könnte bei einer Satzung nicht auch ein Normenkontrollantrag im Eilverfahren gem. § 47 VI VwGO in Betracht kommen? Falls nicht: Warum?


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