Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungs- und Unterlassungklage

Statthaftigkeit Leistungsklage: Normerlassklage?

Statthaftigkeit Leistungsklage: Normerlassklage?

29. März 2025

11 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Illustration zur Normerlassklage, auf der die Person E. mit einer Gedankenblase zu sehen ist; in dieser Gedankenblase sieht man einen Promotionshut sowie den Schriftzug "Ab 12 Punkten!"
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Klassisches Klausurproblem

Die als Satzung erlassene Promotionsordnung der juristischen Fakultät der Uni U ermöglicht es grundsätzlich allen Absolventen, zu promovieren. Die Auswahl wird über die eingereichten Exposés getroffen. Einzelgänger E will, dass nur Absolventen ab einer Note von 12 Punkten promovieren können.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E will, dass die Promotionsordnung geändert wird. Dabei handelt es sich um den Erlass von untergesetzlichen Normen.

Ja!

Die Promotionsordnung einer Fakultät der öffentlich-rechtlichen Körperschaft der Universität ergeht als Satzung. Diese fasst die Rechtsvorschriften zusammen, die eine öffentlich-rechtliche Körperschaft für den jeweiligen Regelungsbereich erlässt. E möchte, dass eine Regelung erlassen wird, nach der nur Absolventen ab einer Gesamtnote von 12 Punkten promovieren können. Er begehrt der Erlass von untergesetzlichen Rechtsvorschriften.
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2. Nach einer älteren Meinung findet § 47 VwGO analog Anwendung, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt.

Genau, so ist das!

Früher war äußerst umstritten, welche Klageart statthaft ist, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt (sog. Normerlassklage). Eine ältere Meinung wollte § 47 VwGO analog anwenden, da diese Regelung in Bezug auf Rechtsnormen die speziellere Verfahrensart sei. Nach der h.M. fehlt es allerdings an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke. Denn die allgemeine Feststellungsklage oder die allgemeine Leistungsklage würden hinreichenden Rechtsschutz gewähren. Die ältere Meinung ist deswegen abzulehnen.

3. Nach einer Meinung spricht die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach einer Meinung ist die allgemeine Leistungsklage statthaft, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt. Dafür spreche die Subsidiaritätsklausel (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO), nach der die allgemeine Leistungsklage gegenüber der Feststellungsklage vorrangig ist. Zudem ist sie in den meisten Fällen rechtsschutzintensiver für den klagenden Bürger als die Feststellungsklage, weil der Bürger die begehrte Leistung direkt erhält.

4. Nach der überwiegenden Rspr. ist die Feststellungsklage statthaft, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt. Dafür spreche das Gewaltenteilungsprinzip.

Ja!

Nach der überwiegenden Rspr. ist die Feststellungsklage (§ 43 VwGO) statthaft. Der Anspruch auf Normerlass sei ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (§ 43 Abs. 1 VwGO). Zudem laufe die Subsidiaritätsklausel bei allgemeinen Leistungsklagen gegen Hoheitsträger leer. Denn es sei davon auszugehen, dass die Verwaltung wegen ihrer verfassungsmäßigen Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) die gerichtlich festgestellte Verpflichtung erfüllt. Für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage, gerichtet darauf, dass das Unterlassen eines Normerlasses rechtswidrig war, spricht auch das Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG). Denn der Normgeber wird dadurch nicht zum Erlass einer konkreten Norm gezwungen.

5. Aus Es Sicht ist die allgemeine Leistungsklage zwar rechtsschutzintensiver. Das Prinzip der Gewaltenteilung streitet jedoch für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage.

Genau, so ist das!

Die analoge Anwendung von § 47 VwGO scheidet mangels Regelungslücke aus. Als statthafte Klagearten für die Normerlassklage kommen die allgemeine Leistungsklage und die allgemeine Feststellungsklage in Betracht. Da eine konkrete hoheitliche Handlung begehrt wird, ist die allgemeine Leistungsklage rechtsschutzintensiver, weil sie - anders als die Feststellungsklage - vollstreckbar ist. Die allgemeine Feststellungsklage präjudiziert demgegenüber die Entscheidung der Verwaltung weniger und trägt so dem Grundsatz der Gewaltenteilung besser Rechnung. Beide Ansichten sind gut vertretbar. Wichtig ist, dass Du beide Ansätze sowie die dazugehörigen Argumente darstellst!
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