Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Statthaftigkeit Leistungsklage: Abgrenzung zur Anfechtungsklage: Durchsetzung eines Folgenbeseitigungsanspruchs

Statthaftigkeit Leistungsklage: Abgrenzung zur Anfechtungsklage: Durchsetzung eines Folgenbeseitigungsanspruchs

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gemeinde G lässt im Einklang mit dem öffentlichen Baurecht ein neues FKK-Freibad errichten. Bei den Bauarbeiten werden die Wasserleitungen der kleinen Hexe (H) beschädigt, die auf dem Waldgrundstück nebenan haust. H möchte, dass G die Leitungen repariert.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Leistungsklage: Abgrenzung zur Anfechtungsklage: Durchsetzung eines Folgenbeseitigungsanspruchs

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Antrag bei G klagt H. H will hier gegen schlichtes Verwaltungshandeln der G vorgehen. Ist die Anfechtungsklage statthaft?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn der Kläger die Aufhebung eines erlassenen Verwaltungsakts begehrt (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). Begehrt der Kläger ein schlichtes Verwaltungshandeln oder Unterlassen der Behörde, ist die allgemeine Leistungsklage statthaft.
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2. Ist die Anfechtungsklage statthaft, wenn der Kläger begehrt, dass die Folgen des Vollzugs eines rechtswidrigen Verwaltungsakts beseitigt werden?

Ja, in der Tat!

Ein Sonderfall der Anfechtungsklage ist die Durchsetzung eines Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs. Dieser entsteht, wenn durch den Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts subjektive Rechte des Klägers beeinträchtigt wurden und dieser rechtswidrige Zustand noch andauert. Der materielle Anspruch ist darauf gerichtet, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, also die Folgen des Vollzugs zu beseitigen. Prozessual durchgesetzt wird der Anspruch als Annexantrag (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO) im Rahmen der Anfechtungsklage, die sich auf den rechtswidrigen Verwaltungsakt richtet. Vorsicht! § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO ist keine Anspruchsgrundlage, nur eine prozessuale Regelung.

3. Die Beschädigung von Hs Leitungen sind die Folge des Vollzugs eines rechtswidrigen Verwaltungsakts. Statthaft ist die Anfechtungsklage.

Nein!

Wird der Bürger als Folge des Vollzugs eines rechtswidrigen Verwaltungsakts in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt, hat er einen Anspruch darauf, dass diese negativen Folgen beseitigt werden. Diesen Anspruch kann er gerichtlich geltend machen, indem er den vollzogenen Verwaltungsakt anficht und gleichzeitig einen Annexantrag nach § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO stellt. Die Leitungen wurden infolge der Bauarbeiten der Gemeinde beschädigt. Es liegt kein Verwaltungsakt vor. Die Beeinträchtigung von Hs Eigentum folgte damit nicht aus dem Vollzug eines (rechtswidrigen) Verwaltungsakts, gegen den H vorgehen könnte. Die Anfechtungsklage ist daher unstatthaft.

4. H begehrt ein Realhandeln der Gemeinde. Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage.

Genau, so ist das!

Folgt die Beeinträchtigung der subjektiven Rechte des Bürgers aus reinem Realhandeln der Behörde, hat der Bürger auch einen Anspruch auf Folgenbeseitigung. Aus seiner Sicht spielt es keine Rolle, worin genau der Ursprung der rechtswidrigen Beeinträchtigung liegt. Er begehrt, dass der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird - also ein schlichtes Verwaltungshandeln der Behörde. Statthaft ist in diesen Fällen die allgemeine Leistungsklage. H möchte, dass die Leitungen repariert werden. Sie begehrt damit ein reales Handeln der B.Der Folgenbeseitigungsanspruch setzt einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht voraus, durch den ein fortdauernder rechtswidriger Zustand geschaffen wurde. Ganz wichtig ist, dass Du den materiell-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch nicht verwechselst mit dessen prozessualer Durchsetzung! Da sieht der Korrektor rot.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

frausummer

frausummer

26.8.2021, 15:41:56

Könnte mir vll nochmal jemand erläutern, weshalb wir keinen

Folgenbeseitigungsanspruch

prüfen, sondern eine

Leistungsklage

? Ja, H möchte, dass die

Behörde

eine Handlung vornimmt. Aber letztlich geht es doch um Folgenbeseitigung🤔

VIC

Victor

27.8.2021, 10:37:12

Da liegst du richtig. Es gilt jedoch zwischen allgemeiner Folgenbeseitigung z.B. auch wegen rechtswidrigem Verwaltungshandeln und der Vollzugsfolgenbeseitigung zu unterscheiden. Da kein VA-Vollzug vorliegt scheitert zweiter einfach. Daneben ist natürlich der FBA möglich.

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

4.1.2022, 17:51:45

Hallo frausummer, hallo Viktor, ihr lieben, Vorsicht Vorsicht. Es scheint, als seid ihr beide einem beliebten Fehler aufgesessen: Ihr müsst bitte immer ganz streng unterscheiden zwischen dem materiellen Anspruch - hier der

Folgenbeseitigungsanspruch

- und der prozessualen Durchsetzung. Materiell-rechtlich prüfen wir hier tatsächlich einen

Folgenbeseitigungsanspruch

- in der Aufgabe benennen wir ihn auch. Schwerpunktmäßig geht es in dieser Aufgabe aber um die prozessuale Durchsetzung des

Folgenbeseitigungsanspruch

s. Je nach dem welche Konstellation vorliegt, wird der (materielle)

Folgenbeseitigungsanspruch

prozessual durchgesetzt mit der Anfechtungsklage (

Annexantrag

gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO zur Vollzugsfolgenbeseitigung) oder mit der allgemeinen

Leistungsklage

(Folgenbeseitigung hinsichtlich rechtswidrigen Realhandelns der Verwaltung). Im vorliegendem Fall ist mangels Vollzugs eines Verwaltungsakts die

allgemeine Leistungsklage

statthaft. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

frausummer

frausummer

4.1.2022, 20:34:04

Hey! Danke dir Wendelin für die Antwort. Woher weiß ich denn in der Klausur, was von mir geprüft werden soll? Die Klausurfragen sind ja oft sehr offen gehalten

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

6.1.2022, 17:53:22

Hallo frausummer, in der Klausur wirst du einen Sachverhalt haben, in dem eine Beeinträchtigung eines Rechtsguts erfolgt ist und die Betroffene den Zustand vor Beeinträchtigung wiederhergestellt sehen möchte. Sie kann diese Wiederherstellung mit dem

Folgenbeseitigungsanspruch

verlangen. In der Klausur wird die Betroffene nun auf dem Klagewege die Wiederherstellung verlangen. In der Zulässigkeit liegt ein Schwerpunkt auf der

Statthaftigkeit

: Hier prüfst du das oben dargestellte Problem, ob eine Anfechtungsklage oder eine

allgemeine Leistungsklage

vorliegt. In der

Begründetheit

prüfst du dann, ob die Voraussetzungen des

Folgenbeseitigungsanspruch

s vorliegen. Schwerpunkt liegt hier auf der Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

AL

AliDaei24

15.10.2021, 17:53:40

Ich fände es klasse, wenn ihr zur

Begründetheit

eines

Folgenbeseitigungsanspruch

s noch einen Fall einstellen könntet (Herleitung, Voraussetzungen etc.). Habe ich in der Suche jedenfalls nicht finden können.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.10.2021, 17:32:50

Lieben Dank für den Hinweis, AliDaei24! In der Tat ist der VwGO-Kurs leider noch nicht ganz vollständig. Wir bemühen uns nach Kräften unser Angebot auch hier noch weiter auszubauen, sodass schon bald der gesamte examensrelevante Stoff abgedeckt ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

29.8.2023, 17:07:09

Könntet ihr den Klausurhinweis etwas erläutern?

MAT

Matteo10

30.10.2023, 16:08:07

(siehe den Thread ganz unten) Es geht darum wie der FBA prozessual geltend gemacht werden kann. Das ist je nachdem mit der Anfechtungsklage und einem

Annexantrag

oder eben mit der allg.

Leistungsklage

statthaft. In der

begründetheit

prüfst du dann die Voraussetzungen für den FBA.

antoniasophie

antoniasophie

24.11.2023, 10:42:01

Wäre es im Fall der Anfechtungssituation eine objektive Klagehäufung?


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