Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Entscheidungsgründe

Sachliche Zuständigkeit bei Mischmietverhältnis

Sachliche Zuständigkeit bei Mischmietverhältnis

12. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M mietet von V ein mehrstöckiges Haus. Die Räume im Erdgeschoss nutzt sie vereinbarungsgemäß für den Verkauf ihrer Insektenburger, den Rest zum Wohnen. Die Miete beträgt insgesamt €2.500. Als M mit drei Mieten in Rückstand gerät, will V klagen.

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Einordnung des Falls

Sachliche Zuständigkeit bei Mischmietverhältnis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei dem Mietvertrag über das Haus handelt es sich um ein Mischmietverhältnis.

Ja!

Ein Mischmietverhältnis liegt vor, wenn der vermietete Mietraum entsprechend der vertraglichen Vereinbarung sowohl gewerblich als auch zu Wohnzwecken genutzt werden soll.M will in den oberen Stockwerken leben, es also als Wohnraum nutzen. Das Erdgeschoss ist dagegen der gewerblichen Nutzung vorbehalten. Somit handelt es sich um ein Mischmietverhältnis.
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2. Bei Mischmietverhältnissen ist nach hM stets die sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte begründet (§ 23 Nr. 2a GVG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Teil der Instanzgerichte hatte die Auffassung vertreten, die ausschließliche Zuständigkeit für Wohnraummietverhältnisse schließe auch Mischmietverhältnisse stets mit ein.BGH: Der Gesetzgeber habe eine solch allumfassende sachliche Zuständigkeit nicht intendiert (Historie). Vielmehr habe er entgegen seiner anfänglichen Pläne lediglich im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit eine allumfassende Zuständigkeitsnorm geschaffen (§ 29 Abs. 1 ZPO). Bei der sachlichen Zuständigkeit habe es dagegen weiterhin bei unterschiedlichen Regelungen für Wohn- und Gewerberaummiete bleiben sollen [25].

3. Bei Mischmietverhältnissen ist nach hM danach abzugrenzen, welche Nutzungsart überwiegt.

Ja, in der Tat!

Entsprechend dem Parteiwillen behandelt die Rechtsprechung das Mischmietverhältnis einheitlich entweder als „Wohnraummietverhältnis“ oder als „Mietverhältnis über sonstige Räume“. Dabei gilt die „Übergewichtstheorie“. Maßgeblich für die Abgrenzung ist, welche Nutzungsart nach Zweck, Bedeutung und Wert überwiegen. Die überwiegende Nutzung ist jeweils durch eine Einzelfallprüfung festzustellen. Als (nicht abschließende) Indizien nennt der BGH u.a. Flächenverteilung, verwendetes Mietformular, gesonderte Mietanteile für verschiedene Nutzungen, bauliche Gegebenheiten, Umstände im Vorfeld des Vertragsschlusses [RdNr. 37].

4. Kann ein Überwiegen nicht festgestellt werden, so findet die allgemeine Zuständigkeitsabgrenzung entsprechend des Streitwerts statt (§ 23 Nr. 1 GVG).

Nein!

BGH: Lasse sich im Einzelfall ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen, sei von der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen. Ansonsten würden die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden Sonderregelungen unterlaufen [RdNr. 39].Zu den Sonderregelungen gehören im materiellen Recht u.a. die eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters (§§ 573, 543, 569 BGB) sowie prozessual die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2 a GVG).
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