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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A plant, den Speicher und das dort eingelagerte Futter des ihm verhassten Landwirts B durch Entzünden eines Feuers zu zerstören. Er entfacht ein Feuer. Bevor sich dieses ausbreiten kann, löscht B das Feuer mit Löschmitteln. Dadurch wird das eingelagerte Futter unbrauchbar.

Einordnung des Falls

Zerstörung durch Löschmittel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat das eingelagerte Futter "durch Brandlegung zerstört" (§ 306 Abs. 1 Nr. 6 StGB).

Ja, in der Tat!

Das Tatbestandsmerkmal der "Zerstörung durch Brandlegung" erfasst die Fälle, in denen vollendete oder versuchte Inbrandsetzungen nicht zu einem selbständigen Weiterbrennen wesentlicher Bestandteile führen. Hierunter fallen auch Einwirkungen durch Löschmittel. Voraussetzung ist jedoch, dass das Tatobjekt durch den Löschmitteleinsatz zerstört und nicht beschädigt werden muss. Hier wurde das Futtermittel durch den Löschmitteleinsatz unbrauchbar, seine Gebrauchsfähigkeit wurde völlig aufgehoben. Eine Zerstörung liegt vor.

2. Der Vorsatz des A umfasst nur eine "Zerstörung durch Feuer".

Ja!

Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände. A wollte den Speicher und das darin eingelagerte Futter durch die Inbrandsetzung zerstören, nicht aber durch den Gebrauch von Löschmittel.

3. A handelt ohne Vorsatz (§ 16 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach der Lehre vom Irrtum über den Kausalverlauf liegt vorsätzliches Handeln vor, wenn (1) sich die Abweichungen des wirklichen vom vorgestellten Kausalverlauf noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren halten, (2) keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen und (3) auch im Hinblick auf den Verwirklichungswillen des Täters nicht zu einem inadäquaten Ergebnis führen. Der Löschmitteleinsatz des B liegt nicht außerhalb der Grenzen der allgemeinen Lebenserfahrung. A handelt also vorsätzlich und hat sich wegen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 6 StGB) strafbar gemacht.

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Vulpes

Vulpes

3.8.2020, 15:42:29

Puh, also vom SV her könnt ich weder annehmen, dass A überhaupt vorsätzlich einen Brand gelegt hat, noch wie (wenn überhaupt) er sich vorgestellt hatte das Futter zu zerstören. Besonders spannend finde ich deswegen, dass die Antwort falsch ist, dass sein Täterwille sich lediglich auf die Zerstörung des Futters durch Brandlegung erstreckt - woraus sollte man das geschlossen haben? Ich finde den SV ein bisschen zu allgemein für die gestellten Fragen.

Marilena

Marilena

3.8.2020, 18:18:36

Danke für den Hinweis! Stimme Dir vollkommen zu, der SV war sehr oberflächlich. Habe ihn entsprechend geändert.

KI

kithorx

23.11.2022, 19:09:03

Ist es nicht widersprüchlich, in Frage zwei anzunehmen, der Vorsatz des A beschränke sich auf eine Zerstörung durch Feuer, um ihm in Frage drei vorsätzliche (!) Brandstiftung (Nr. 6) aufgrund Unbrauchbarmachung des Futters durch die Löschmittel vorzuwerfen? Müsste in Frage zwei dann nicht korrekterweise schon der

Irrtum über den Kausalverlauf

angesprochen, und der Vosatz bejaht werden? Danke! 😊

Nora Mommsen

Nora Mommsen

5.12.2022, 13:44:58

Hallo kithorx, danke für deine Anmerkung. Bei der Rechtsfigur des Irrtums über den Kausalverlauf ist es wichtig zunächst herauszuarbeiten, dass die Vorstellung des Täters - also sein Vorsatz - sich nicht auf den eingetretenen Umstand bezog. Dieser stellt ja gerade einen anderen Kausalverlauf dar, den er sich nicht vorstellte. Da dieser aber nach der Lebenserfahrung so "nah" dran ist, an dem vorgestellten, muss sich der Täter das in diesen Fällen anrechnen lassen zu seinem Vorsatz. Der Irrtum ist so nebensächlich, dass er letztlich doch vorsätzlich handelte. Es ist aber auch zur Anwendung der Rechtsfigur des Irrtums über den Kausalverlauf wichtig, zunächst das Fehlen des Vorsatzes darzustellen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

LO

Lorenz

3.7.2024, 16:13:28

aber hier wird es so dargestellt, als bezöge sich der Irrtum nicht nur auf die Kausalität, sondern (auch) auf das TBM "durch Feuer zerstört".

Uncle Ruckus

Uncle Ruckus

16.6.2024, 20:59:16

in was für einem verhältnis steht 306e I zu 306 I Tathandlungen brand setzen und brand legen? ( den vorsatz mal ausgeklammert) also wenn man davon ausgeht dass ein brand gesetzt wurde ( es kam zu einem selbstständigen weiterbrennen eines für den bestimmungsgemäßen wesentlichen Teils) und der täter löscht das feuer frewillig bevor ein

erheblicher schaden

entsteht. hinsichtlich des brandsetzens würde er nicht oder mild bestraft werden, ok. aber wenn dennoch eine teilweise zerstörung eingtreten ist, wie handhabt man das dann? stellt man in der weiterenmprüfung als handlung auf die löschung ab ? diese wäre aber keine handlung die zu einem brand führen sollte oder prüft man erst gar nicht mehr das brand setzen sondern direkt die brandlegung

TI

Timurso

17.6.2024, 08:22:50

Du meinst, dass der erhebliche Schaden durch das Löschen eintritt?

LO

Lorenz

3.7.2024, 16:10:42

Ich stelle mir die Frage, ob man mit Hilfe von § 16 I StGB sagen kann, dass der Täter nur Vorsatz bez. des obj. TB haben kann, also Zerstörung durch Feuer, um dann den Vorsatz doch auf Löschmittelschäden auszudehnen, da nicht atypische Kausalität. Einen Fall von "ungeplanter" Kausalität, die vom VS gedeckt wäre, würde ich annehmen, wenn ein Kurzschluss das Benzin entzündet, während der Täter nach seinem Feuerzeug sucht.


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