Zerstörung durch Löschmittel
18. April 2025
12 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A plant, den Speicher und das dort eingelagerte Futter des ihm verhassten Landwirts B durch Entzünden eines Feuers zu zerstören. Er entfacht ein Feuer. Bevor sich dieses ausbreiten kann, löscht B das Feuer mit Löschmitteln. Dadurch wird das eingelagerte Futter unbrauchbar.
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Einordnung des Falls
Zerstörung durch Löschmittel
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat das eingelagerte Futter "durch Brandlegung zerstört" (§ 306 Abs. 1 Nr. 6 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Vorsatz des A umfasst nur eine "Zerstörung durch Feuer".
Ja!
3. A handelt ohne Vorsatz (§ 16 Abs. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Vulpes
3.8.2020, 15:42:29
Puh, also vom SV her könnt ich weder annehmen, dass A überhaupt vorsätzlich einen Brand gelegt hat, noch wie (wenn überhaupt) er sich vorgestellt hatte das Futter zu zerstören. Besonders spannend finde ich deswegen, dass die Antwort falsch ist, dass sein Täterwille sich lediglich auf die Zerstörung des Futters durch
Brandlegungerstreckt - woraus sollte man das geschlossen haben? Ich finde den SV ein bisschen zu allgemein für die gestellten Fragen.

Marilena
3.8.2020, 18:18:36
Danke für den Hinweis! Stimme Dir vollkommen zu, der SV war sehr oberflächlich. Habe ihn entsprechend geändert.

kithorx
23.11.2022, 19:09:03
Ist es nicht widersprüchlich, in Frage zwei anzunehmen, der
Vorsatzdes A beschränke sich auf eine Zerstörung durch Feuer, um ihm in Frage drei vorsätzliche (!) Brandstiftung (Nr. 6) aufgrund Unbrauchbarmachung des Futters durch die Löschmittel vorzuwerfen? Müsste in Frage zwei dann nicht korrekterweise schon der
Irrtum über den Kausalverlaufangesprochen, und der Vosatz bejaht werden? Danke! 😊

Nora Mommsen
5.12.2022, 13:44:58
Hallo kithorx, danke für deine Anmerkung. Bei der Rechtsfigur des Irrtums über den Kausalverlauf ist es wichtig zunächst herauszuarbeiten, dass die Vorstellung des Täters - also sein
Vorsatz- sich nicht auf den eingetretenen Umstand bezog. Dieser stellt ja gerade einen anderen Kausalverlauf dar, den er sich nicht vorstellte. Da dieser aber nach der Lebenserfahrung so "nah" dran ist, an dem vorgestellten, muss sich der Täter das in diesen Fällen anrechnen lassen zu seinem
Vorsatz. Der Irrtum ist so nebensächlich, dass er letztlich doch vorsätzlich handelte. Es ist aber auch zur Anwendung der Rechtsfigur des Irrtums über den Kausalverlauf wichtig, zunächst das Fehlen des
Vorsatzes darzustellen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Lorenz
3.7.2024, 16:13:28
aber hier wird es so dargestellt, als bezöge sich der Irrtum nicht nur auf die Kausalität, sondern (auch) auf das TBM "durch Feuer zerstört".
Wysiati
18.12.2024, 14:52:38
@[
Nora Mommsen](178057) Eine Präzisierung, wo im Gutachten das anzusprechen wäre, wäre hilfreich. Auf mich machte die Aufgabenstellung den Eindruck, der
Irrtum über den Kausalverlaufsei in der Kausalität zu prüfen, obwohl er ja im
Vorsatzzu prüfen ist. Das heißt, man prüft nach dem objektiven den subjektiven Tatbestand, und dort verneint man erst den
Vorsatz, um ihn dann aufgrund der Sonderkonstellation
Irrtum über Kausalverlaufdoch zu bejahen. So würde ich jedenfalls die Prüfung aufbauen. Das geht aus der Aufgabe jedoch für mich nicht klar hervor. Vielleicht könnte dazu ein kleiner Hinweis eingefügt werden.

HockHex
30.1.2025, 13:49:51
@[Wysiati](262458) Den
Vorsatzkomplett verneinen würde ich nicht, so steht das auch nich in der Aufgabe (ebensowenig, dass subjektive Vorstellungen (Irrtum) im objektiven Tatbestand (Kausalität) geprüft werden sollten). Der
Vorsatzmuss sich ja auf alle objektiven TBM beziehen, also auch auf die Kausalität und
objektive Zurechnung(den Kausalverlauf). Da kann man dann das Problem aufwerfen, dass sich der A was ganz anderes vorgestellt hat, aber das ja normal ist, dass man nicht immer alles ganz genau vorhersehen kann, insofern der Geschehensablauf noch vom
Vorsatzumfasst ist, wenn es sich ledlglich um einen unbeachtlichen
Irrtum über den Kausalverlaufhandelt. Dann kannst Du diskutieren, ob es eine unbeachtliche Abweichung war (hier (+)). Da muss man ein bisschen ein Gefühl für entwickeln. Zunächst wirkt das oft etwas lebensfremd, weil da immer auch viele wertende G
esichtspunkte drinstecken, da bietet sich Jurafuchs aber gut an, um ein paar Praxisfälle mitzubekommen, wann eine
Abweichung vom Kausalverlaufunbeachtlich ist oder nicht. Wenn Du mehr zu der Thematik lernen willst schau Dir mal die
Gubener Hetzjagdoder andere Fälle um § 227 an.

Moltisanti
16.6.2024, 20:59:16
in was für einem verhältnis steht 306e I zu 306 I Tathandlungen brand setzen und brand legen? ( den
vorsatzmal ausgeklammert) also wenn man davon ausgeht dass ein brand gesetzt wurde ( es kam zu einem selbstständigen weiterbrennen eines für den bestimmungsgemäßen wesentlichen Teils) und der täter löscht das feuer frewillig bevor ein erheblicher schaden entsteht. hinsichtlich des brandsetzens würde er nicht oder mild bestraft werden, ok. aber wenn dennoch eine teilweise zerstörung eingtreten ist, wie handhabt man das dann? stellt man in der weiterenmprüfung als handlung auf die löschung ab ? diese wäre aber keine handlung die zu einem brand führen sollte oder prüft man erst gar nicht mehr das brand setzen sondern direkt die
brandlegungTimurso
17.6.2024, 08:22:50
Du meinst, dass der erhebliche Schaden durch das Löschen eintritt?
Lorenz
3.7.2024, 16:10:42
Ich stelle mir die Frage, ob man mit Hilfe von § 16 I StGB sagen kann, dass der Täter nur
Vorsatzbez. des obj. TB haben kann, also Zerstörung durch Feuer, um dann den
Vorsatzdoch auf Löschmittelschäden auszudehnen, da nicht
atypische Kausalität. Einen Fall von "ungeplanter" Kausalität, die vom VS gedeckt wäre, würde ich annehmen, wenn ein Kurzschluss das Benzin entzündet, während der Täter nach seinem Feuerzeug sucht.

robse27
23.9.2024, 21:16:09
Moin, der Speicher (Warenlager, Nr. 3) ist es ja nicht. Bezogen wird sich hier ja nur auf das Futter. Fällt das dann unter Nr. 6 (Erzeugnisse)? Danke und LG :)
Leo Lee
28.9.2024, 07:42:54
Hallo robse27, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Genauso ist es. Das Futter fällt unter Nr. 6, wie man etwa im MüKo-StGB 4. Auflage, Radtke § 306 Rn. 45, dessen Lektüre ich i.Ü. sehr empfehlen kann, sehen kann :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo