+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T zündet das Gartenhäuschen des A an, in dem sich viele Spielsachen der kleinen Tochter S befinden. Als das Häuschen schon in Flammen steht, rennt S hinein, um ihre Lieblingsspielautos zu retten. Dabei erleidet sie Atembeschwerden und bricht ihre Rettungsaktion ab.

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Einordnung des Falls

Retterschäden 3

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T das Gartenhaus des A angezündet hat, hat er sich wegen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB) strafbar gemacht.

Ja!

Das Gartenhäuschen ist eine Hütte, da es sich um ein Bauwerk handelt, das ein selbstständiges, unbewegliches Ganzes bildet, eine nicht nur geringfügige Bodenfläche bedeckt und ausreichend abgeschlossen ist. Es wurde auch in Brand gesetzt, da es in einer Weise vom Feuer erfasst ist, dass ein Weiterbrennen aus eigener Kraft möglich ist. Zudem befand es sich im Eigentum des A, sodass es für T fremd war.
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2. T hat sich wegen schwerer Brandstiftung (§ 306a Abs. 2 StGB) strafbar gemacht, wenn er "eine in § 306 Abs. 1 StGB bezeichnete Sache" "in Brand gesetzt" hat und "dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung" gebracht hat.

Genau, so ist das!

§ 306a Abs. 2 StGB ist ein selbstständiges Grunddelikt und keine Qualifikation zu § 306 StGB. Dies ergibt sich aus den unterschiedlichen Schutzrichtungen. § 306a Abs. 2 StGB schützt die Gesundheit, § 306 Abs. 1 StGB hingegen das Eigentum. Die Definitionen des Tatobjekts und der Tathandlung sind aber identisch.

3. T hat die S "in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung gebracht" (§ 306a Abs. 2 StGB).

Ja, in der Tat!

Gesundheitsschädigung (wie in § 223 StGB) meint das Hervorrufen oder Steigern eines wenn auch nur vorübergehenden pathologischen Zustandes. Konkrete Gefahr meint eine kritische Situation, in der die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Rechtsgutserfolges besteht und die (mögliche) Rechtsgutsverletzung lediglich zufällig ausbleibt. S hat hier bereits Atembeschwerden erlitten. Diese stellen eine Gesundheitsschädigung dar.

4. Die Gesundheitsgefährdung muss "durch" das Inbrandsetzen des T hervorgerufen worden sein.

Ja!

Erforderlich ist der spezifische Gefahrzusammenhang, d.h. in der Gesundheitsgefährdung muss sich gerade das der Brandstiftungshandlung innewohnende Risiko verwirklichen.

5. Da S aus bloßem Affektionsinteresse gehandelt hat, liegt eine freiverantwortliche Selbstgefährdung vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Schäden privater Retter stehen im Unmittelbarkeitszusammenhang zur Inbrandsetzung, soweit sie aus einer typischerweise erwartbaren Handlung herrühren. Verfolgt das Opfer bei der Rettungshandlung keine einsichtigen Motive, wird der Unmittelbarkeitszusammenhang durch das Eigenverantwortungsprinzip durchbrochen (freiverantwortliche Selbstgefährdung). Bei bloßem Affektionsinteresse oder zur Durchsetzung nachrangiger Ziele wird der Unmittelbarkeitszusammenhang regelmäßig durchbrochen. Erforderlich ist aber, dass der sich selbst Gefährdende vollverantwortlich handelt. Gefährdet sich eine nicht voll verantwortliche Person selbst, so ist dies dem Brandstifter - selbst bei irrationalen Gründen des Opfers - zuzurechnen. S ist ein Kind und damit eine nicht voll verantwortliche Person.
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