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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Richterin R liebt das Reiten und vereinbart mit Pferdefan P, der Eigentümer des Pferdes Wendy (W) ist und für dessen Unterhalt aufkommt: R darf W gegen Kostenbeteiligung (€100/Monat) 3 Tage pro Woche ausreiten. An den Reittagen behält P die Entscheidungsbefugnis über W und gibt vor, auf welchen Flächen R reiten darf. R darf auch keine anderen Personen auf dem Pferd reiten lassen. An den Reittagen kümmert R sich auch um W, weil P beruflich keine Zeit dafür hat. R stürzt schwer, der Unfallhergang ist nicht aufklärbar.

Einordnung des Falls

Mithalter Reitbeteiligung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P ist Tierhalter.

Ja, in der Tat!

Tierhalter ist diejenige Person, der das Bestimmungsrecht über das Tier zusteht und die aus eigenem Interesse für seine Kosten aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt. P ist Eigentümer des Pferdes. Stirbt das Pferd, trifft der wirtschaftliche Verlust nur ihn. Insbesondere bestimmt auch nur er, wann und wo das Pferd von wem geritten wird. Zudem kommt er selbst für die Unterhaltskosten des Pferdes auf.

2. Sofern R Mithalterin ist, scheiden Ansprüche nach § 833 S. 1 BGB aus.

Ja!

Halter muss nicht notwendig eine einzige Person sein. Ein Tier kann auch mehrere Halter haben (Mithalter). Ansprüche der Mithalter untereinander fallen jedoch nicht in den Schutzbereich des § 833 BGB, weil jeder Mithalter für die Tiergefahr mitverantwortlich ist. Der Schutz des § 833 S. 1 BGB umfasst somit grundsätzlich nur Dritte.

3. R ist Mithalterin.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei mehreren Personen ist zur Bejahung der Tierhaltereigenschaft insbesondere maßgeblich, ob das Tier im eigenen Haushalt oder Wirtschaftsbetrieb im eigenen Interesse auf Dauer verwendet wird. R hatte auch an Tagen, an denen sie selbst ritt, kein Bestimmungsrecht über W. P entschied auch dann, auf welchen Flächen W geritten werden durfte. Ebenfalls untersagte P, andere Personen auf dem Pferd reiten zu lassen. Dieses durchgehende bestehenbleibende alleinige Bestimmungsrecht spricht gegen eine Haltereigenschaft der R. Das vereinbarte Entgelt von monatlich €100 ist niedrig und nicht ausreichend, um die Kosten der Haltung eines Pferdes abzudecken, weshalb auch insofern kein Argument für eine Haltereigenschaft der R besteht. § 833 S. 1 BGB ist daher anwendbar.

4. R ist Tieraufseherin (§ 834 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Tieraufseher ist, wer für den Halter "die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt" (§ 834 S. 1 BGB). Voraussetzung ist also, dass die Aufsicht vertraglich – sei es ausdrücklich oder konkludent – und nicht nur tatsächlich bzw. aus Gefälligkeit übernommen wird. OLG Nürnberg: An den vereinbarten Reittagen durfte R selbstständig mit W reiten. R habe sich an diesen Tagen auch sonst um das Pferd gekümmert. An den Reittagen sei P nicht anwesend gewesen, habe also im Notfall keine Möglichkeit gehabt, auf das Pferd einzuwirken. R sei an ihren Reittagen zur Tieraufseherin geworden.

5. Die Tieraufseherhaftung (§ 834 S. 1 BGB) ist eine Gefährdungshaftung.

Nein!

§ 834 S. 1 BGB begründet keine Gefährdungshaftung, sondern – wie § 831 BGB – nur eine Haftung aus vermutetem Verschulden und vermutetem ursächlichen Zusammenhang. § 834 S. 1 BGB unterscheidet nicht wie § 833 BGB zwischen Luxus- und Nutztieren, sondern unterwirft einheitlich die Aufsicht über alle Tierarten der Haftung aus vermutetem Verschulden.

6. P muss aufgrund seiner vorrangigen Gefährdungshaftung vollständig für den Schaden der R einstehen.

Nein, das ist nicht der Fall!

OLG Nürnberg: Die Beweislastregel des § 834 S. 1 BGB gelte zur Begrenzung der Tierhalterhaftung des Anspruchsgegners bei der Prüfung des Mitverschuldens des Anspruchsstellers, wenn dieser Tieraufseher war. P haftet der R verschuldensunabhängig aus Gefährdungshaftung (§ 833 S. 1 BGB). Die Unaufklärbarkeit des Reitunfalles führe hier dazu, dass das vermutete (Mit-)Verschulden der R anspruchsmindernd zu berücksichtigen sei (§ 834 S. 1 i.V.m. § 254 BGB analog). Mangels Aufklärbarkeit führt die Abwägung der Verursachungsanteile entsprechend § 254 Abs. 1 BGB dazu, dass die Haftung des P auf 50 % beschränkt sei.

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