Schadensersatz & Gestaltungsrechte

20. Mai 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V verkauft am 15.1 eine Espressomaschine an K. Diese soll V am 1.2 liefern. Am 20.1 tritt K ihren Anspruch gegen V an Z ab und informiert V darüber. Am 15.2 hat V die Maschine immer noch nicht geliefert, obwohl Z ihn mehrfach hierzu aufgefordert hat.

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Einordnung des Falls

Schadensersatz & Gestaltungsrechte

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Am 15.1. hatte K gegen V einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Espressomaschine nach § 433 Abs. 1 BGB.

Ja!

Durch den Abschluss eines Kaufvertrages erwirbt der Käufer einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache (§ 433 Abs. 1 BGB). Der Kaufvertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande.K und V einigten sich am 15.1 wirksam über den Verkauf der Espressomaschine an K. Ein Kaufvertrag liegt somit vor.
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2. Steht K der Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Espressomaschine am 21.01 noch zu?

Nein, das ist nicht der Fall!

Durch die Abtretung der Forderung verliert der Zedent sein Forderungsrecht. Eine wirksame Abtretung setzt voraus: (1)Einigung zwischen Zedent und Zessionar (Abtretungsvertrag), (2) Bestand der Forderung, (3) Forderungsinhaberschaft des Zedent und (4) Abtretbarkeit der Forderung.Bereits am 20.01 hatten K und Z einen Abtretungsvertrag geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Forderung und K war Inhaberin. Abtretungsverbote bestehen nicht. Aufgrund der wirksamen Abtretung ist Z neue Inhaberin der Forderung (§ 398 S. 2 BGB).

3. Da V am 1.2 die Maschine nicht an Z geliefert hat, befindet sie sich im Schuldnerverzug (§ 286 BGB).

Ja, in der Tat!

Schuldnerverzug liegt vor, wenn die Forderung wirksam, durchsetzbar und fällig ist, angemahnt (sofern nicht nach § 286 Absatz 2 entbehrlich) und noch möglich ist und der Schuldner die Verzögerung zu vertreten hat.Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung ist wirksam und durchsetzbar. Er war am 1.2 fällig. Da eine Zeit nach dem Kalender vereinbart war, ist die Mahnung entbehrlich (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Lieferung ist weiterhin möglich. Das Vertretenmüssen des Verzuges wird nach § 286 Abs. 4 BGB vermutet.

4. Ist Z gegenüber V berechtigt Schäden, die durch die Verzögerung entstanden sind, nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB geltend zu machen?

Ja!

Die Abtretung führt nicht zu einem Wechsel der Vertragsparteien. Der Zedent bleibt daher berechtigt, Rechte geltend zu machen, die den ganzen Vertrag betreffen. Bloße Begleitschäden, die den Primäranspruch und den Vertrag unberührt lassen, kann der Zessionar indes selbst geltend machen.Der Verzögerungsschaden stellt einen Schaden neben der Leistung dar. Sofern Z diesen geltend macht, bleibt der Vertrag zwischen K und V davon unberührt.Kommt Dir das bekannt vor? Richtig! Auch beim Vertrag zugunsten Dritter hat der Dritte nach h.M. nur solche Rechte erworben, die den Vertrag als solches unberührt gelassen haben.

5. Da V am 15.2. trotz Aufforderung immer noch nicht geliefert hat, kann Z vom Kaufvertrag zurückzutreten (§§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Umstritten ist, in welchem Umfang der Zessionar Gestaltungsrechte geltend machen kann. Zumindest in Bezug auf das Rücktrittsrecht besteht aber weitgehend Einigkeit. Dieses soll beim Zedenten verbleiben, sofern es nicht ausdrücklich oder konkludent mitübertragen worden ist. Denn der Zessionar hat lediglich die Forderung und gerade nicht die vollständige Vertragsposition erlangt. Um die Rechte des Zessionars zu wahren, bedarf die Ausübung aber zumindest seiner Zustimmung (§ 351 BGB analog).K hat Z das Rücktrittsrecht nicht ausdrücklich übertragen. Auch für eine konkludente Übertragung ergeben sich im Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Folglich könnte nur K (mit Zustimmung des Z) vom Kaufvertrag zurücktreten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ISAB

Isabelle.Sophie

13.12.2023, 12:21:04

Ich finde solche Hinweise wie zB hier auf den VzD total super, da sie das Systemverständnis fördern! :) Eine Frage habe ich trotzdem: Muss der

Zedent

auf Verlangen des

Zessionar

s denn vom Vertrag zurücktreten?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

13.12.2023, 19:33:21

Hallo Isabelle.Sophie, das freut uns, dass Dir die Querverbindung hilft :-) Deine Nachfrage bezüglich des

Zedent

en lässt sich an dieser Stelle leider nicht ohne weiteres beantworten, da es hierfür auf die jeweilige Rechtsbeziehung zwischen

Zedent

und

Zessionar

ankommt (

schuld

rechtliches Geschäft). An sich hat der

Zessionar

aber überhaupt kein Interesse an einem

Rücktritt

, denn im Falle eines

Rücktritt

s müsste K zwar die Espressomaschine an V zurückübereignen, Zs Forderung würde dann aber erlöschen. Grundsätzlich könnte K aber natürlich den

Rücktritt

ausüben, er könnte das

Rücktrittsrecht

aber auch an Z übertragen oder Z zumindest zur Ausübung ermächtigen. Inwieweit er dazu verpflichtet ist, ist aber wie gesagt eine Frage des zugrundeliegenden

schuld

rechtlichen Geschäfts (vgl. MüKoBGB/Kieninger, 9. Aufl. 2022, BGB § 398 Rn. 97). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

G0d0fMischief

G0d0fMischief

18.12.2024, 16:43:57

@[Lukas_Mengestu](136780) Die Frage von @[Isabelle.Sophie](221527) mal andersrum gestellt: Wenn K nun aber im vorliegenden Fall, entgegen dem Willen von Z, vom Vertrag zurücktreten würde. Würde dann ein

Schaden

sersatzanspruch gem. §§ 398, 280 I, III, 283 BGB entstehen wegen (rechtlicher?)

Unmöglichkeit

der Durchsetzung der Forderung aus dem AbtretungsV? Oder wäre hier

einfacher Schadensersatz

neben der Leistung gem. §§ 398, 280 I, 241 II BGB zu fordern? Man darf ja annehmen, dass K im Verhältnis zu Z „treuhänderisch“ gebunden ist. Ich fände einen Fall hierzu sehr interessant, um auch einmal die andere Seite der Abtretung zu sehen. Bisher haben wir nur immer festgestellt, das der

Zessionar

in der Ausübung der

Gestaltungsrechte

eingeschränkt ist, aber nicht inwieweit er im Falle der Ausübung von

Gestaltungsrechte

n durch den

Zedent

en Regress bei diesem nehmen kann.

LMA

Lt. Maverick

4.5.2025, 18:12:30

Das hängt wohl auch vom

Kausalgeschäft

ab. Handelt es sich bspw. um einen Forderungskauf (§ 453 BGB) und war die Forderung zum Zeitpunkt der

Erfüllung

(Abtretung) noch wirksam, dann scheiden mMn

Schaden

sersatzansprüche bzw. ein

Rücktritt

gegen den

Zedent

en aus. Gefahrübergang dürfte dann nämlich im Zeitpunkt der Übertragung der Forderung gegeben sein, also ähnlich wie beim Sachkauf, wenn der Verkäufer seine

Verfügungsgewalt

aufgibt und überträgt. Sinn und Zweck der Abtretung liegt doch maßgeblich darin sich mit der Durchsetzung der Forderung nicht mehr herumzuschlagen. Deshalb gibt es ja Inkassounternehmen, die einem diese lästigen Arbeiten abnehmen und dann das Schicksal der Forderung tragen. Wenn der

Rücktritt

erst nachträglich durch den

Zedent

en erklärt wurde, dann lag zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch kein Mangel vor bzw. bestand die Forderung noch. Die

Hauptleistungspflicht

zur Übertragung der Forderung ist bereits erfolgt und nicht unmöglich geworden. Es kann sich aber aus § 241 II BGB eine Rücksichtnahme- bzw. Unterlassungspflicht des

Zedent

en hinsichtlich der rechtlichen Interessen des

Zessionar

s ergeben. Das schließt einerseits die Nichteinziehung der Forderung ein und andererseits all jene nachteiligen Handlungen, die die Forderung zu einem Erlöschen bringen (z.B.

Rücktritt

, Erlass) oder deren Fälligkeit (z.B. Stundung) betreffen könnten. Ferner könnte man sich noch überlegen, ob z.B. im Fall einer arglistigen

Täuschung

zwischen

Zedent

und

Schuld

ner nicht möglicherweise auch ein Fall der arglistigen

Täuschung

zwischen

Zedent

und

Zessionar

bestand. Denn §

142 II BGB

legt fest, dass derjenige, der die Anfechtbarkeit kannte (das wird bei der arglistigen

Täuschung

regelmäßig gegeben sein), so behandelt wird, wie wenn er die Nichtigkeit des

Rechtsgeschäft

s kannte. Wenn der

Zedent

also von der Nichtigkeit des

Rechtsgeschäft

s wusste, aus dem die Forderung an den

Zessionar

übertragen wurde, dann kann sich hieraus eine

arglistige Täuschung

über das Bestehen der Forderung ergeben. Ansonsten könnte auch ein Anspruch aus

§ 826 BGB

einschlägig sein. Ich glaube,

bereicherungsrecht

liche Ansprüche dürften nicht durchgehen, soweit der Forderungskauf selbst nicht nichtig (s.

arglistige Täuschung

) ist. Vor dem Hintergrund ist es wohl smarter sich solche

Gestaltungsrechte

zusätzlich übertragen zu lassen.

TO

TomBombadil

6.5.2024, 20:24:26

Ich stelle mir hinsichtlich der Lieferung folgende Frage: Wenn der

Schuld

ner größere Aufwendungen hat, um die

Ware

n zu liefern, insbesondere weil der Weg weiter ist, kann er die Mehraufwendungen irgendwie geltend machen? Vielen Dank für die Antworten. :)

LS2024

LS2024

6.6.2024, 14:04:04

Unverändert bleibt grundsätzlich auch der Leistungsort des übergeleiteten Anspruchs. Hierfür ordnet § 269 Abs. 1 ausdrücklich die Geltung des bei Entstehung des

Schuld

verhältnisses vereinbarten Leistungsorts an. Der

Schuld

ner soll sich auf die Unveränderlichkeit des einmal fixierten Leistungsorts verlassen dürfen. Das gilt für Hol- und

Bringschuld

gleichermaßen. Für die

Schickschuld

und ihren abweichenden

Erfüllungsort

gilt § 270 Abs. 3. Danach hat der Gläubiger die zusätzlichen Transportkosten und das Transportrisiko zu tragen. BeckOGK/Lieder, 1.1.2024, BGB § 398 Rn. 182


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