Zivilrecht
Kaufrecht
Sach- und Rechtsmängel
Sachmangel: Übliche Beschaffenheit, § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. Nr. 2b BGB
Sachmangel: Übliche Beschaffenheit, § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. Nr. 2b BGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft bei Händler V eine neue Waschmaschine (€1.500). Über den Funktionsumfang sprechen sie nicht. Nach Lieferung stellt K fest, dass die Spezialwaschprogramme aufgrund fehlerhafter Elektronik nicht funktionieren. Sie kann nur die Standard-Programme verwenden.
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Einordnung des Falls
Sachmangel: Übliche Beschaffenheit, § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. Nr. 2b BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V und K haben einen Kaufvertrag (§ 433 BGB) über die Waschmaschine geschlossen.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Waschmaschine hat einen Sachmangel, da sie von der„vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Die Waschmaschine hat einen Sachmangel, da ihr die Eignung für die „im Vertrag vorausgesetzte Verwendung“ fehlt (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
4. Die Waschmaschine hat einen Sachmangel, wenn sie zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht den objektiven Anforderungen genügt (§ 434 Abs. 1 BGB).
Ja!
5. Die Waschmaschine hat einen Sachmangel, da ihr die übliche und erwartbare Beschaffenheit fehlt (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2b BGB).
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Samir
7.3.2020, 11:47:46
Warum liegt bei der Waschmaschine keine Abweichung der
Beschaffenheitvor? Es handelt sich hier um eine NEUE. Daher ist bei NEU doch deutlich davon auszugehen dass die Elektronik fehlerfrei sein muss. Wenn ich einen neuen Wagen kaufe dann erwarte ich auch dass die Elektronik fehlerfrei ist.
Christian Leupold-Wendling
7.3.2020, 23:46:41
Hi, danke für die Frage? Sehen wir auch so: Die Waschmaschine eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung. Das ist in Hinweis 3 auch so dargestellt. Übersehen wir etwas?
Samir
8.3.2020, 00:01:39
Frage 2? Hier liegt eine Abweichung der
Beschaffenheitvor.. klickt man "ja stimmt" an seid ihr aber einer anderen Meinung;)
GingerCharme
30.4.2020, 10:41:59
@Samir Du musst ganz genau differenzieren: Gegen
Beschaffenheitsvereinbarungverstoßend (-) Gegen vertragliche Eignung verstoßend (-) Denn: du hast Recht es liegt ein Mangel vor und man darf erwarten, dass die Elektronik einer neuen Waschmaschine funktioniert, diese beiden Kriterien sind aber subjektiver Natur. K und V haben aber subjektiv und partei-intern im Kaufvertrag nichts besonderes vereinbart. Deshalb greifen diese beiden Modalitäten nicht, obwohl die Waschmaschine negativ beschaffen ist. Gegen gewöhnliche Verwendung verstoßend (+), denn dies ist nun objektiv zu bestimmen und wie du schon sagst, muss das eine neue Waschmaschine zweifelsfrei können, wenn die Programme zu ihr gehören.
Isabell
6.2.2021, 21:02:27
Ich hätte jetzt aber intuitiv auch den mittleren Mangelbegriff bejaht und den letzten verneint. Denn zur üblichen Verwendung - einfach Wäsche waschen - eignet sie sich trotz fehlerhafter Elektronik ha noch. Sie erbringt aber nicht mehr die ihr spezifischen und im Vertrag wenigstens durch die Artikelnumner mit enthaltenen Besonderheiten.
Padre
30.7.2020, 09:28:20
Ich bin durch den SV etwas irregeführt worden. Dort stand nicht, dass die Waschmaschine mit diesen Sonderprogrammen beschrieben/beworben wurde.
Eigentum verpflichtet 🏔️
30.7.2020, 16:30:15
Hallo Padre, danke für deine Nachricht! Bei § 434 Abs. 2 Nr. 2 BGB also der Eignung der Kaufsache zur gewöhnlichen Verwendung ist entscheidend, ob ein (normativ bestimmter) Durchschnittskäufer die übliche Eigenschaft einer Sache erwarten kann. Bei einer teuren, neuen Waschmaschine für 1500€ darf ein solcher natürlich erwarten, dass alle Waschprogramme der Waschmaschine funktionieren. Nur dann eignet sie sich für die gewöhnliche Verwendung. Es bedarf keines ausdrücklichen Hinweises, dass alle angebotenen Waschgänge auch wirklich funktionieren, da das von den Käufern als selbstverständlich angesehen wird. (Vgl. auch Jauernig-Berger
§ 434 BGB, Rn. 14.
gelöscht
18.8.2020, 20:57:22
.Ich finde die Formulierung sehr irreführend und unverständlich. Wenn man eine Waschmaschine kauft und es sind Programme angegeben also Funktionen, die aber fehlen,dann hat sie ja nicht dieselbe
Beschaffenheitwie eine Maschine die dieselbe Funktion und Produktbeschreibung hat und wo die Elektronik dafür verbaut ist. Wie in Paragraph 434 (1). 3 beschrieben. (Herstellerangaben und Werbung). Ich verstehe warum es ein Sachmangel ist, weil es für die gewöhnliche Verwendung nicht geeignet ist. Trotzdem ist in meinen Augen auch die
Beschaffenheitmangelhaft , da der Vertrag nicht vollständig erfüllt wird, wegen der fehlerhaften Produktbeschreibung
Eigentum verpflichtet 🏔️
22.8.2020, 17:47:33
Hallo John, danke für die Frage. Zunächst: Die Sachmangelhaftigkeit einer Kaufsache wird in der Reihenfolge geprüft: 1. § 434 I 1 BGB 2. § 434 I 2 Nr. 1 BGB 3. § 434 I 2 Nr. 2 BGB (dazu gehört auch § 434 I 3 BGB). Sobald du die Sachmangelhaftigkeit nach 1. / 2. festgestellt hast, prüfst du nicht mehr 3. 1. Eine
vereinbarte Beschaffenheitist nur möglich, wenn Verkäufer und Käufer ausdrücklich oder
konkludenteine
Beschaffenheitvereinbaren. Dafür bedarf es Anhaltspunkte im Sachverhalt. 2. Eine vertraglich vorausgesetzte
Beschaffenheitliegt vor, wenn der Käufer voraussetzt, dass die Sache eine
Beschaffenheithat und der Verkäufer dem
konkludentzustimmt (vgl. Jauernig-Berger § 434 Rn. 8ff.
Eigentum verpflichtet 🏔️
22.8.2020, 17:49:56
Da hier aber der Käufer weder etwas mit dem Verkäufer über die
Beschaffenheiten der Waschmaschine vereinbart hat, noch ein bestimmte
Beschaffenheitvorausgesetzt hat (dazu steht nichts im Sachverhalt), richtet sich das Vorliegen eines Sachmangels nur nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Danach liegt hier nach diesem objektiven Mangelbegriff ein Sachmangel vor (vgl. unsern Fall)
Fuchsfrauchen
15.10.2021, 15:32:51
Würde ich im Geschäft sehen, dass die Waschmaschine ein Spezialprogramm hat und ich sie mir daraufhin kaufe, wäre das dann eine vertraglich vorausgesetzte
Beschaffenheitoder
vereinbarte Beschaffenheit- oder würde hier auch nur der obj. Mangelbegriff zutreffen?
Pele
17.7.2021, 13:52:45
Auch ich verstehe die Lösung nicht, da hier doch offensichtlich ein Mangel vorliegt.
Lukas_Mengestu
22.12.2021, 12:38:03
Hallo Pele, das sehen wir genauso. Da der Sachverhalt allerdings keine genauen Angaben darüber enthält, was zwischen den Parteien vereinbart ist, kann man hier nicht unter die Definitionen der "subjektiven Mängel" subsumieren (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB). Es bleibt somit nur der "objektive Mangel" übrig (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Dieser liegt vor, da die Sache sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet bzw. nicht der üblichen
Beschaffenheitentspricht. Durch die Neuregelung zum 1.1.2022 wird dies noch einmal klarer. Dann ist einheitlich der Mangel in § 434 Abs. 1 BGB nF normiert und die Einzelheiten dann in Abs. 2 (subjektiver Mangel) bzw. Abs. 3 (objektiver Mangel) klarer voneinander getrennt. Beste Grüße Lukas - für das Jurafuchs-Team
PlatschekJünger
8.7.2022, 09:33:59
Handelt es sich hier nicht eher um einen Sachmangel nach § 434 III 1 Nr. 2a? Hier wurden doch keine öffentlichen Äußerungen getätigt oder? Dann wäre doch eher auf die übliche und erwartbare
Beschaffenheitder Sache nach abzustellen?
Nora Mommsen
23.7.2022, 11:48:07
Hallo PlatschekJünger, sowohl § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. a BGB also auch § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. b BGB stellen auf die übliche und erwartbare
Beschaffenheitab. Sie definieren lediglich unterschiedliche Maßstäbe aus denen sich die
übliche Beschaffenheitergeben kann. Zum einen nach Art der Sache, § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 lit. a BGB, zum anderen kann sich diese aus öffentlichen Äußerungen ergeben, § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. b BGB. Öffentliche Äußerungen sind hier nicht eng zu verstehen, sondern umfassen nach dem Wortlaut des Gesetzes und dem Telos auch Angaben auf dem Etikett oder einem Prospekt. Daher ist allein die Angabe auf dem Verkaufsschild oder der Verpackung über die Spezialprogramme eine öffentliche Äußerung i.S.d. § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 lit. b BGB. Diese die von dir angesprochene erwartbare
Beschaffenheitin der Hinsicht, als dass der Käufer erwarten darf, dass die auf dem Etikett angegebenen Funktionen tatsächlich vorliegen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team