Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
Klassiker im Strafrecht
Strafrechtsklassiker: Die Sprengfalle
Strafrechtsklassiker: Die Sprengfalle
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T montiert mit Tötungsabsicht eine Bombe an das Auto des O, nachdem dieser es in einem Wohngebiet vor seinem Haus abgestellt hat. Nach Vorstellung des T soll diese zünden, sobald O das Auto startet. Am nächsten Tag fährt ausnahmsweise die Frau des O (X) das Auto. Als X das Auto startet geht die Bombe hoch. X stirbt sofort.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
In diesem Klassiker ist zwischen einer aberratio ictus und einem error in persona abzugrenzen. Bei der aberratio ictus lenkt der Täter seinen Angriff auf ein bestimmtes, von ihm individualisiertes Tatobjekt. Dieser Angriff geht jedoch fehl und trifft ein anderes Objekt, das der Täter gar nicht anvisiert und in sein Bewusstsein aufgenommen hatte. Währenddessen irrt der Täter bei dem error in person über die Identität des konkret individualisierten Opfers. Bei sog. Sprengfallen platziert der Täter Sprengstoff, der eine andere Person treffen sollte als das tatsächliche Opfer. Bei Sprengstofffallen an einem Auto individualisiert der Täter das Opfers nur insoweit, als dass die Person getroffen wird, die als nächstes das Auto nutzt. Ist der Benutzer ein anderer als angedacht, stellt dies einen unbeachtlichen error in persona dar.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Könnte sich T wegen Totschlags strafbar gemacht haben (§ 212 Abs. 1 StGB), indem er die Bombe am Auto des O montierte, die zum Tod der X führte?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist T der tatbestandsmäßige Erfolg kausal und objektiv zurechenbar, bwohl abweichend vom Tatplan des T, die X mit dem Auto gefahren ist?
Genau, so ist das!
3. Richtet es sich danach, ob T auch vorsätzlich handelte, ob es sich beim versehentlichen Tod der X um ein Fehlgehen der Tat (aberratio ictus) handelt oder dies nur einen (unbeachtlichen) Irrtum über die Identität des Opfers darstellt (error in persona)?
Ja, in der Tat!
4. Hat sich Ts Vorsatz nach Auffassung der herrschenden Meinung auf O konkretisiert, sodass der Tod der X sich als Fehlgehen der Tat darstellt (aberratio ictus) und der Vorsatz entfällt?
Nein!
5. Müsste man ein Fehlgehen der Tat annehmen (aberratio ictus), wenn man bei der mittelbaren Individualisierung darauf abstellt, was sich der Täter vor seinem geistigen Auge vorstellt?
Genau, so ist das!
6. Könnte sich T durch das Anbringen der Autobombe zudem wegen Mordes strafbar gemacht haben (§ 211 StGB)?
Ja, in der Tat!
7. Hat T durch das Anbringen der Autobombe eines gemeingefährlichen Mittels bedient (§ 211 Abs. 1, Gr. 2, Alt. 3 StGB)?
Ja!
8. Hat T auch heimtückisch gehandelt (§ 211 Abs. 1, Gr. 2, Alt. 3 StGB)?
Genau, so ist das!
9. Hat T sich weiterhin durch das Anbringen der Bombe am Auto wegen versuchten Mordes gegenüber O strafbar gemacht (§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 StGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Nils
26.10.2023, 15:13:08
Ich finde es fraglich, dass das
gemeingefährliche Mittelbejaht wird, da hier keine weiteren Angaben zu der Gefährdung anderer Menschen gegeben sind und eine Bombe soweit ich weiß nicht einfach immer als
gemeingefährliches Mittelangesehen werden darf, da immer eine gewisse mindest Anzahl von Personen gefährdet sein muss.
Nora Mommsen
27.10.2023, 11:24:58
Hallo Nils, danke für deine Rückmeldung. Die Antwort stellt darauf ab, dass Bomben unkontrollierbar und daher regelmäßig (!) dazu geeignet sind, viele Menschen zu verletzten. Aus der Zeichnung geht auch hervor, dass das KfZ nicht in einem Steinbruch oder ähnlichem sondern vor einem Wohnhaus parkt. Es ist Teil des Konzeptes von Jurafuchs, dass die Skizze zum Sachverhalt gehört. Wir haben den Sachverhalt ebenfalls um die Info ergänzt, dass das Auto im Wohngebiet geparkt ist.Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
yive1dyk
2.4.2024, 13:50:06
s. Titel
Lukas_Mengestu
8.4.2024, 19:05:01
Hallo yive1dyk, könntest Du einmal probieren auf die aktuelle Browserversion (124.0.2) upzudaten? Dann sollte es eigentlich wieder funktionieren. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
yive1dyk
9.4.2024, 11:22:19
Als ich den Kommentar schrieb, war 124.0.1 die aktuelle Version. Mit 124.0.2 funktioniert es leider auch nicht :(
Lukas_Mengestu
9.4.2024, 12:04:58
Sehr merkwürdig, hab es gerade nochmal getestet und da lief es einwandfrei! Schauen wir uns gerne an. Wenn Du uns bei der Fehlersuche unterstützen möchtest, wäre es klasse, wenn Du einen kurzen Screencast von dem Fehler sowie Deine Gerätedaten (findest Du gesammelt über "Du", wenn Du 3x auf Profil klickst), an unseren technischen Support schicken könntest (support@jurafuchs.de). Dann versuchen wir das schnellstmöglich zu beheben. Beste Grüße, Lukas
L.Goldstyn
25.5.2024, 20:06:53
Vielleicht würde sich hier noch der Vertiefungshinweis anbieten, dass die Tötungsdelikte lediglich in mittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Fall 2 StGB) vorliegen (Fallgruppe des Opfers als Werkzeug gegen sich selbst).
Lukas_Mengestu
28.5.2024, 09:28:10
Hallo L.Goldstyn, in den Distanzfällen, zu denen die Sprengfalle oder die
Giftfallegehört, lässt sich in der Tat konstruktiv auch eine
mittelbare Täterschaftkonstruieren, da das Opfer als Werkzeug gegen sich selbst agiert. Ob die
mittelbare Täterschaftauch in Zwei-Personen-Verhältnissen anwendbar ist, ist zwar nicht ganz unumstritten, wird von der h.M. unter Verweis auf den offenen Wortlaut des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB bejaht. Nach h.M. stellt vorliegend aber bereits das Anbringen der Granate ein
unmittelbares Ansetzenzur Tat dar. In einem Fall wie diesem, in dem der Mitwirkungsakt des Opfers nur neben das Täterverhalten tritt, kann deshalb direkt eine un
mittelbare Täterschaftangenommen werden, wobei auch die Prüfung als
mittelbare Täterschaftvertretbar wäre. Es handelt sich insoweit um eine Aufbaufrage, die nicht näher begründet werden muss. Anders ist dies dagegen, in denen die Tatausführung gänzlich beim Opfer liegt (z.B. Sirius-Fall = BGHSt 32, 38, Stromschlag-Fall = LG München II, 20.01.2020 - 1 Ks 21 Js 5718/18), wo mangels eigener tatbestandsmäßiger Handlung des Hintermanns nur eine
mittelbare Täterschaftin Betracht kommt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Sophix58
13.10.2024, 14:54:38
An und für sich finde ich die Lösung der hM, die auf eine hinreichende Individualisierung abstellt nachvollziehbar und das Ergebnis, das zu einem unbeachtlichen
error in personakommt, ist auch konsequent aber irgendwie verbleibt bei mir ein restliches Störgefühl dahingehend, bezüglich des eigentlich beabsichtigten Opfers keinen Versuch zu prüfen...
Blackiel
14.10.2024, 00:00:49
Den Versuch kannst und solltest du auch prüfen, nur schnell wieder ablehnen, sofern du von den Korrektoren nicht in Grund und Boden gestampft werden möchtest🤷😂
B.H.
23.10.2024, 12:30:14
s.o.
Linne_Karlotta_
23.10.2024, 16:13:48
Hallo B.H. , vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team