Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Subjektiver Tatbestand

Strafrecht AT | Vorsatz | Irrtum über den Kausalverlauf (Herzkammer)

Strafrecht AT | Vorsatz | Irrtum über den Kausalverlauf (Herzkammer)

30. Juni 2025

6 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T will O durch einen Schuss in die linke Herzkammer töten. Wegen fehlender Übung im Schießen trifft er aber nicht die linke, sondern die rechte Herzkammer. O stirbt.

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Einordnung des Falls

Strafrecht AT | Vorsatz | Irrtum über den Kausalverlauf (Herzkammer)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Vorsatz des Täters muss sich auf den Kausalverlauf beziehen.

Ja, in der Tat!

Der Vorsatz muss sich auf alle Umstände beziehen, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB). Dazu gehört auch der Kausalverlauf. Da der Kausalverlauf vom Täter aber nie in allen Einzelheiten vorausgesehen werden kann, schließen Abweichungen des tatsächlichen Kausalverlaufs vom vorgestellten Kausalverlauf den Vorsatz nicht automatisch aus. Für den Vorsatz genügt es, wenn die Vorstellung des Täters vom Kausalverlauf dem tatsächlichen Geschehen im Wesentlichen entsprechen. Bei erheblichen Abweichungen liegt nur ein Versuch vor.
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2. Dass T die rechte Herzkammer getroffen hat, ist eine beachtliche Abweichung vom Kausalverlauf, den T sich vorgestellt hat (sog. atypischer Kausalverlauf).

Nein!

Der Täter hat Vorsatz, wenn er mit dem Willen zur Verwirklichung des Tatbestands (voluntatives Element) in Kenntnis aller objektiven Tatumstände (kognitives Element) handelt. Die Vorstellung des Täters vom Kausalverlauf muss dem tatsächlichen Geschehen im Wesentlichen. entsprechen. Eine wesentliche Abweichung im Kausalverlauf liegt dann vor, wenn sie sich nicht mehr in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält.Dass man bei einem Schuss statt der linken die rechte Herzkammer trifft, liegt im Rahmen der Lebenserfahrung und ist wertungsmäßig unbedeutend. Der Kausalverlauf nach dem Schuss (Treffen des Herzens) entsprach im Wesentlichen der Vorstellung des T.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

2.2.2022, 10:24:48

Wie genau entscheiden sich Fälle, in denen es auf

atypische Kausalverläufe

im Rahmen des Vorsatzes ankommt, von jenen, bei denen das Problem des atypischen Kausalverlaufs in der objektiven Zurechnung zu behandeln ist?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.2.2022, 13:32:21

Hallo QuiGonTim, die Fälle sind insoweit identisch. Die Lehre von der objektiven Zurechnung hat sich der BGH allerdings beim vollendeten, vorsätzlichen Delikt nicht als eigenständigen Prüfungspunkt zu eigen gemacht (dafür aber zB im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung). Während man in der Lehre den atypischen Kausalverlauf als Prüfungspunkt der objektiven Zurechnung ansprechen würde, berücksichtigt der BGH dies im Rahmen des Vorsatzes. Unterschiede ergeben sich hierdurch im Ergebnis nicht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Jonas22

Jonas22

6.6.2023, 20:17:29

Hallo

Lukas Mengestu

, also könnte man das Problem auch einfach schon im obj. TB bei der obj. Zurechnung ansprechen und würde beim Vorsatz dann gar kein Problem mehr aufmachen?

Nils

Nils

3.12.2024, 13:37:22

Die Rspr. prüft den atypischen Kausalverlauf im subjektiven Tatbestand, während ihn die hL im Rahmen der objektiven Zurechnung anspricht (kommt in der nächsten Aufgabe).

PAUL1

paul1ne

14.8.2024, 00:17:26

Wo endet denn der Rahmen, in dem die tatsächliche Tathandlung vom Kausalverlauf, auf den sich der Vorsatz bezieht, abweichen kann? Was, wenn er in den Hals trifft, der Schuss aber ebenfalls tödlich ist? Oder der Täter schießt vorbei, trifft aber ein Tier, das das Ipfer tödlich verletzt? Das wäre dann aber schon atypisch, nehme ich an😅

LUC1502

luc1502

9.9.2024, 15:39:39

Hi @[paul1ne](243719) Der BGH geht davon aus, dass eine Abweichung dann für den Vorsatz unbeachtlich ist, wenn sie noch iRd des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren liegt und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt. Man kann sich also die Frage stellen, ob der Erfolg die Realisierung derjenigen Gefahren ist, die der Täter durch seine vorsätzliche Handlung herbeigeführt hat. Wenn der Erfolg innderhalb dieser Gefahren liegt, dann wird man den Vorsatz bejahen; und wenn sich Gefahren realisieren, die nicht durch die vorsätzliche Täterhandlung herbeigeführt wurden, dann Vorsatz (-); i.E. wird es hier also idR meistens auf eine saubere Einzelfallargumentation ankommen.


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