Aberratio ictus (tatbestandliche Gleichwertigkeit der Objekte)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T will den ihm verhassten Konkurrenten O erschießen. Der gewandte O kann jedoch rechtzeitig ausweichen, sodass der Schuss versehentlich den unmittelbar hinter ihm stehenden X trifft, der dabei tödlich verletzt wird. T hatte den X bei Schussabgabe gar nicht wahrgenommen.
Einordnung des Falls
Aberratio ictus (tatbestandliche Gleichwertigkeit der Objekte)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T unterliegt bei der Schussabgabe einem error in persona vel objecto.
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Nein!
2. Der fehlgegangene Schuss des T stellt eine aberratio ictus (Fehlgehen der Tat) dar.
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Genau, so ist das!
3. Die hM bestraft den Täter im Fall der aberratio ictus bzgl. des anvisierten Objekts wegen Versuchs und bzgl. des getroffenen Objekts ggf. wegen fahrlässiger Tatbegehung.
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Ja, in der Tat!
4. Nach der Gleichwertigkeitstheorie wäre der T aufgrund tatbestandlicher Gleichwertigkeit der Tatobjekte wegen vorsätzlicher Tatbegehung am getroffenen Objekt zu bestrafen.
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Ja!
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WillezurGerechtigkeit
2.5.2021, 23:00:39
Ich habe mir dazu folgende gedankliche Eselsbrücke gemerkt: man stelle sich ein Fadenkreuz vor. So kann man gedanklich differenzieren, wer anvisiert und wer getroffen wurde :)
![Lukas_Mengestu](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__x133cq1so0il85q8i03wkixhy.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Lukas_Mengestu
3.5.2021, 15:05:13
Danke WillezurGerechtigkeit, für den nützlichen Merkposten!
![ShakespeareLebt](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__9gt9qvmg39a2800jasw4fs8nv.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
ShakespeareLebt
7.9.2021, 19:34:18
WillezurGerechzigkeit Könntest du deinen Merksatz noch erläutern?
![Nordisch](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__65tiy6kgvoln0uj5nmziol14w.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Nordisch
7.3.2023, 19:58:52
Ich hab mir den aberatio ictus mit Bud Spencer und Terence Hills Schlägereien gemerkt. Der eine soll eins auf die Nase bekommen, duckt sich weg und der dahinter stehende bekommt den Schlag ab. Eure Problemfeldkategorie finde ich großartig, das entzerrt die Stoffmenge etwas. Vielen Dank!
Jonas22
17.7.2023, 21:41:49
Wenn der in Notwehr handelnde Schütze auf den Angreifer schießt und einen anderen trifft und man der Gleichwertigkeitstheorie folgen würde (sodass der Vorsatz entfällt), kämen dann andere Rechtfertigungsgründe oder Entschuldigungsgründe in Betracht oder wäre der Schütze dann wirklich strafbar?
Leo Lee
5.8.2023, 13:03:10
Hallo Jonas, ich vermute, dass du meintest, dass der Vorsatz nicht entfällt sondern bejaht wird bei der Gleichwertigkeitstheorie :). Hier könnte man kurz bzgl. der getroffenen Person folgendes Prüfen: I. § 32 I StGB ((-), weil bereits kein Angriff von ihm ausgeht) II. § 34 I StGB (ebenfalls (-), weil der Schuss auf die getroffene Person bereits nicht geeignet und mithin nicht erforderlich war III. § 35 I StGB (hier ebenfalls (-) aus den gleichen Gründen wie bei 34 I StGB). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
![Jonas Neubert](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__05imki45ef1hkcdduhul496u6.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Jonas Neubert
7.8.2023, 19:23:05
Die Vertiefung ist hilfreich und schlüssig. Danke!