Strafrecht
BT 6: Urkundsdelikte u.a.
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Unterschrift unter fremde Prüfungsleistung - Herstellen unechter Urkunde
Unterschrift unter fremde Prüfungsleistung - Herstellen unechter Urkunde
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Während der schriftlichen Prüfungsarbeiten für das Staatsexamen gelingt es T, den Sachverhalt für die StR Klausur aus dem Toilettenfenster an ihre Bekannte B weiterzuleiten. B erstellt schnell eine Lösung und gibt T diese kurz vor Abgabeschluss. T unterschreibt die Lösung mit ihrer Kennziffer.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Unterschrift unter fremde Prüfungsleistung - Herstellen unechter Urkunde
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Unterzeichnen der Prüfungsarbeit mit einer Kennziffer genügt den Anforderungen der Garantiefunktion, sodass die Prüfungsarbeit eine Urkunde darstellt.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Indem T die Lösung der B mit ihrer Kennziffer unterzeichnet, hat sie eine unechte Urkunde hergestellt (§ 267 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Nein!
3. T hat jedoch eine echte Urkunde verfälscht, indem sie die Lösung der B mit ihrer eigenen Kennziffer versehen hat (§ 267 Abs. 1 Var. 2 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
consul
16.8.2023, 09:22:55
Gibt es Kritik an der Entscheidung des BayOLG? Es erscheint mir unrichtig anzunehmen, dass nicht B, sondern T Aussteller sei (vor allem, da B den gedanklichen Inhalt der Lösung geschrieben hat).
Leo Lee
18.8.2023, 10:48:03
Hallo consul, in der Tat mag dies etwas befremdlich sein, dass nicht derjenige, der den Inhalt auch erstellt (also schreibt) der Aussteller ist. Beachte jedoch dabei die Funktion der Urkundenfälschung. Diese soll verhindern, dass der Rechtsverkehr über die Person getäuscht wird, die - vermeintlich - hinter dieser Erklärung "steht" (sog. Garantiefunktion). Mithin kommt es nur darauf an, ob die Person sich diese Erklärung "zu eigen machen will". Und hierfür reicht es dann aus, dass die Person - sowohl bildlich als auch wörtlich - den Inhalt am Ende nur unter seinem Namen "unterschreibt". D.h., dass die T solange Ausstellerin ist, wie sie diese Erklärung (Klausur) als eigene Gedanken darstellen will :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
consul
18.8.2023, 10:54:27
Vielen Dank für die Antwort!
Leo Lee
18.8.2023, 11:01:33
Sehr gerne :)
Tinki
8.11.2024, 21:24:30
Welche rechtserhebliche Tatsache wird durch die Erklärung, dass ich den Lösungsweg X für richtig halte, (mit) bewiesen? Welche Note am Ende für mein Ergebnis vergeben wird?
Leo Lee
10.11.2024, 05:15:40
Hallo Tinki, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Genauso ist es! Die rechtserhebliche Tatsache bei einer Examensklausur ist, dass der Kandidat diesen und jenen Lösungsweg aufgeschrieben hat bzgl. eines bestimmten Falles/einer bestimmten Aufgabenstellung und diese Lösung auch für richtig erachtet. Dies ist dann relevant für die Bewertung durch die Korrektoren und deshalb insofern rechtserheblich. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Erb § 267 Rn. 16 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo