Fehlerhafte Auszahlung durch Bank

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A führt bei Bank B ein Girokonto. Für dieses hat C eine Kontovollmacht. Diese Vollmacht widerruft A bei B. B hinterlegt dies aber aufgrund eines internen Fehlers nicht im Banksystem. C, der vom Widerruf nichts weiß, hebt am Schalter €1000 ab.

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Einordnung des Falls

Fehlerhafte Auszahlung durch Bank

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat aus dem Girovertrag einen vertraglichen Anspruch gegen A auf Aufwendungsersatz in Höhe von €1000 (§§ 675c Abs. 1, 670 BGB).

Nein!

Zwischen der Bank und ihrem Kunden besteht ein Vertrag (§§ 675f, 675c Abs. 1 BGB). Die Bank hat einen Aufwendungsersatzanspruch, wenn sie in Ausführung eines Auftrags des Kunden handelt. Ein Auftrag ist eine Willenserklärung, untersteht also auch den Regeln über die Wirksamkeit von solchen. Ein Auftrag ist bspw. ein Zahlungsauftrag (§ 675j BGB), also eine bereicherungsrechtliche Anweisung. A hat die Kontovollmacht wirksam widerrufen. B hat trotz fehlender Berechtigung, an C auszuzahlen, die €1000 an C gezahlt. B hat demnach keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen A.
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2. Die Auszahlung der Bank B an C kann A trotz des Widerrufs zugerechnet werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Vorliegen einer Leistung setzt eine bewusste Vermögensmehrung voraus. Dies ist gegeben, wenn der Zahlende (Anweisende) die Zahlung veranlasst hat und auch ein objektiver Empfänger von einer Leistung ausgehen kann (Gutgläubigkeit des Empfängers). Vorliegend hat A die Zuwendung der B nicht veranlasst und auch keinen Rechtsschein der Veranlassung gesetzt. Die Zuwendung ist A nicht zurechenbar. Im vorliegenden Fall kommt es insoweit nicht auf die Besonderheiten des Zahlungsdiensterechts (§§ 675c ff. BGB) an, da A eine Zuwendung schon gar nicht veranlasst hat. Schon vor diesem Hintergrund scheidet eine Zurechnung aus.

3. B hat einen Anspruch auf Herausgabe der €1000 gegen C aus Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Der Anspruch aus Nichtleistungskondiktion ist gegeben, wenn der Bereicherungsschuldner (1) etwas (2) nicht durch Leistung auf Kosten des Bereicherungsgläubigers (3) ohne Rechtsgrund erlangt hat. C hat eine Auszahlung in Höhe von €1000 erlangt. Dies ist nicht durch Leistung (des A oder der B) geschehen. Diese Vermögensverschiebung war auf Kosten der B, da ihr gegenüber A kein Ersatzanspruch zusteht. Zuletzt war der Vermögenszuwachs ohne Rechtsgrund. Der Anspruch auf Herausgabe der €1000 gegen C besteht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

4.10.2022, 14:30:09

Könnte man nicht behaupten, dass A durch ursprüngliche Erteilung der Kontovollmacht die Auszahlung veranlasst hat?

CDE

corpus delicti

16.8.2023, 14:17:31

und dazu noch, dass A eventuell zumindest den widerruf der Vollmacht des C hätte erklären müssen um aus der veranlassung zu gelangen?

kaan00

kaan00

15.1.2024, 18:23:41

Das verwirrt mich auch etwas

Außenbereichsinsel

Außenbereichsinsel

28.1.2024, 00:17:33

Die alte Rspr. zu den Anweisungsfällen ist nach neuerer Rspr. des BGH iRd §§ 675c ff. überholt. Dies ergebe sich insb. aus den Wertungen der §§ 675j u. 675u, die zum Ausdruck bringen, dass eine nicht autorisierte oder nachträglich stornierte Zahlung dem Zahler (d.h. Kontoinhaber) nicht zuzurechnen ist. Das heißt, dass es hier gerade nicht darauf ankommt, ob die Auszahlung der A durch Erteilung der Kontovollmacht adäquat kausal zurechenbar ist, sondern nur, ob die Zahlung hier durch A rechtlich autorisiert war. Da A die Kontovollmacht des C hier widerrufen hat, ist die Auszahlung (§§ 675f II 1, IV 1 Var.3) gerade nicht gem. § 675u autorisiert. Das Gesetz erkennt den Zahlungsempfänger hier also nicht als schutzwürdig an.

Johannes Nebe

Johannes Nebe

29.3.2024, 11:59:52

Juristische Anmerkung: Der Sachverhalt spricht von einem internen Fehler bei der Bank. Es wäre schön, wenn das bei der Lösung noch angesprochen würde, auch wenn es am Ende am Herausgabeanspruch der Bank nichts ändert. Sprachliche Anmerkung: Ein Muttersprachler würde nicht sagen, dass ein Auftrag Regeln "untersteht", sondern unterliegt.

Sassun

Sassun

13.7.2024, 18:46:17

A hatte C eine Vollmacht erteilt. Wenn diese aus dem Banksystem genommen werden muss, musste sie ursprünglich der Bank auch angezeigt worden sein. Insofern hätte A doch einen Rechtsschein durch das Inverkehrbringen jener (inzwischen widerrufenen) Vollmacht gesetzt. Im Ergebnis müsste, soweit ich weiß, zwar ohnehin der von der Rspr. aus § 675u abgeleitete Gedanke greifen, aber warum schon bei A der zurechenbare Rechtsschein verneint wurde, erschließt sich mir nicht.

VALA

Vanilla Latte

23.7.2024, 15:33:01

Nein, deine Lösung ist nur bei Widerruf einer Anweisung richtig, wenn es sich nicht um Bankanweisungen handelt. Bei Bankanweisungen wird nur zugerechnet, wenn derjenige die Anweisung tatsächlich veranlasst. Das folgt aus einer EU-RI. Dann kommt es auch nicht mehr auf den obj.

Empfängerhorizont

an.

VALA

Vanilla Latte

23.7.2024, 15:39:20

Welche Ansprüche prüfe ich denn vorher bevor ich diese ablehne? A gegen C aus LK? Und fliege dann bei Leistung raus. Denn Anweisung war A nicht zurechenbar. Oder prüfe ich eine LK zwischen A und B? Da hat aber keiner von beiden etwas erlangt. Und schließlich dann ja die NLK zwischen B und C. Aber ich springe ja nicht direkt auf die Lösung oder?


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