Einleitung Gesetzgebung - "Erdnussabend I" [F]

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Am berüchtigten „Erdnussabend“ in der Jenaer Kneipe „Die Kneipe“ stellt sich Jurastudentin J auf eine Bierkiste und verkündet eine Vielzahl von spontan erfundenen „Gesetzen“, an die sich alle Menschen in Deutschland fortan halten sollen. Die Mehrheit der Gäste stimmt zu.

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Einordnung des Falls

Einleitung Gesetzgebung - "Erdnussabend I" [F]

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der siebte Abschnitt des Grundgesetzes über die Gesetzgebung des Bundes (Art. 70-82 GG) regelt die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern (Art. 70–74 GG) sowie das Gesetzgebungsverfahren, in dem Parlamentsgesetze verabschiedet werden (Art. 76–82 GG).

Ja, in der Tat!

Im Anschluss an die Staatsorgane (Art. 38-69 GG) regelt das Grundgesetz die Staatsgewalten bzw. die Staatsfunktionen der Gesetzgebung/Legislative (Art. 70-82 GG), Verwaltung/Exekutive (Art. 83-91 GG) und Rechtsprechung/Judikative (Art. 92-104 GG).
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2. Parlamentsgesetze sind die wichtigste Handlungsform im repräsentativ-demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes.

Ja!

Die Verwaltung und die Rechtsprechung sind im Rechtsstaat umfassend an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). So wird sichergestellt, dass sich die Ausübung von Staatsgewalt auf den Willen des - unmittelbar demokratisch legitimierten - Gesetzgebers zurückführen lässt. Der Wille des Volkes äußert sich in einer Demokratie also vor Allem durch den Erlass von Parlamentsgesetzen. Auch alle Rechtsverordnungen und Satzungen müssen sich auf Parlamentsgesetze stützen, also auf besondere Ermächtigungen des Parlaments. So wird die gesamte Verwaltung zur bloßen „Exekutive“, also zum ausführenden Organ für das Parlament und somit auch den Willen des Volkes. Die umfassende Gesetzesbindung von Verwaltung und Rechtsprechung sorgt somit für eine Verwirklichung des Volkswillens in allen Bereichen des Staates.

3. Parlamentsgesetze müssen formell verfassungsgemäß sein, um wirksam zu sein.

Genau, so ist das!

Um formell verfassungsgemäß zu sein, müssen Parlamentsgesetze vom zuständigen Gesetzgeber („Gesetzgebungskompetenz“) in dem durch die Verfassung vorgegebenen Verfahren („Gesetzgebungsverfahren“) erlassen werden. Manchmal sind noch weitere Anforderungen hinsichtlich der Form des Gesetzes zu beachten.

4. Sind die „Gesetze“ der J formell verfassungsgemäß?

Nein, das trifft nicht zu!

Um formell verfassungsgemäß zu sein, müssen Parlamentsgesetze vom zuständigen Gesetzgeber („Gesetzgebungskompetenz“) in dem durch die Verfassung vorgegebenen Verfahren („Gesetzgebungsverfahren“) erlassen werden. Manchmal sind noch weitere Anforderungen hinsichtlich der Form des Gesetzes zu beachten. J ist weder der Bund noch ein Land und kann daher keine Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 70-74 GG haben. Sie hat auch nicht das Gesetzgebungsverfahren im Sinne der Art. 76-82 GG eingehalten, als sie die spontan erfundenen Gesetze verkündete.

5. Parlamentsgesetze müssen auch materiell verfassungsgemäß sein, um wirksam zu sein.

Ja!

Bei der materiellen Verfassungsmäßigkeit eines Parlamentsgesetzes sind Verstöße gegen (nicht-formelle) verfassungsrechtliche Normen oder Rechtsgüter zu prüfen. Dazu zählen zum Beispiel Verstöße gegen die Staatsstrukturprinzipien (insbesondere Demokratieprinzip, Rechtsstaatsprinzip oder Bundesstaatsprinzip) und deren Ausprägungen (zum Beispiel Bestimmtheitsgebot, Rückwirkungsverbot oder Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). Auch Verstöße gegen sonstiges Verfassungsrecht kommen in Frage. Zudem kann die Verletzung von Grundrechten (insbesondere Art. 1-19 GG) oder grundrechtsgleichen Rechten geprüft werden.

6. Ein verfassungswidriges Gesetz ist „automatisch“ nichtig.

Nein, das ist nicht der Fall!

Dem BVerfG steht das sog. Verwerfungsmonopol zu. Ein durch das Parlament verabschiedetes Gesetz ist also im Sinne der Rechtssicherheit solange wirksam, bis das BVerfG etwas anderes sagt. Ein verfassungswidriges Gesetz wird vom BVerfG in der Regel für nichtig erklärt (vgl. nur §§ 78 S. 1; 95 Abs. 3 S. 1 BVerfGG). Das heißt, es muss so behandelt werden, als habe es nie existiert. Die drei Staatsgewalten und auch die Bürgerinnen können diese Parlamentsgesetze dann ignorieren. Daneben kann sich das BVerfG auch auf die Feststellung beschränken, dass ein Gesetz mit dem Grundgesetz unvereinbar ist („Unvereinbarerklärung“, vgl. §§ 31 Abs. 2; 79 Abs. 1 BVerfGG) und/oder an den Gesetzgeber appellieren, eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen („Appellentscheidung“.)

7. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Parlamentsgesetzen ist nur in staatsorganisationsrechtlichen Prüfungen relevant.

Nein, das trifft nicht zu!

Ob ein Parlamentsgesetz verfassungsgemäß ist oder nicht, ist unabhängig vom Rechtsgebiet für jede Art der Rechtsanwendung relevant. In juristischen Prüfungen werden sie auch in grundrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Prüfungen besonders gerne abgefragt. Allerdings können auch in zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Prüfungsarbeiten entsprechende Fertigkeiten erforderlich sein. Eingriffe in Grundrechte dürfen regelmäßig nur „durch Gesetz“ oder „aufgrund eines Gesetzes“ erfolgen. Und dieses Gesetz muss formell und materiell verfassungsgemäß sein (vgl. das Elfes-Urteil des BVerfG). Außerhalb von staatsorganisationsrechtlichen Klausuren ist die formelle Verfassungsmäßigkeit meistens nicht zentral für den Klausurerfolg. Fehlende oder unzureichende Prüfungen werden aber oft als fehlende Grundlagenkenntnisse betrachtet und entsprechend abgestraft.
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