Öffentliches Recht

Grundrechte

Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG)

Dimensionen der Meinungsfreiheit: Meinung muss nicht richtig sein

Dimensionen der Meinungsfreiheit: Meinung muss nicht richtig sein

7. April 2025

5 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der staatskritische Student S bezeichnet in einer Rede die Bundesflagge als „schwarz-rot-senf“. Er wird daraufhin wegen Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90a Abs. 1 Nr. 2 StGB) verurteilt. Eine derart alberne Aussage sei schließlich keine Meinung.

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Einordnung des Falls

Dimensionen der Meinungsfreiheit: Meinung muss nicht richtig sein

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) ist eröffnet, wenn die Kundgabe einer Meinung vorliegt.

Ja!

Der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) setzt eine Meinungsäußerung voraus. Ohne freien Meinungsdialog ist unsere Demokratie schlechthin undenkbar. Wegen dieser immensen Bedeutung der Meinungsfreiheit ist der Begriff der Meinung weit zu verstehen.
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2. Eine Meinung liegt nur dann vor, wenn die Äußerung richtig ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach dem BVerfG und h.L. kommt es gerade nicht auf die Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit der Äußerung von Werturteilen an. Andernfalls wäre die Freiheit der Meinungskundgabe enorm eingeschränkt. Auch würde eine solche Beschränkung dem Sinn und Zweck der Meinungsäußerung entgegenlaufen: Welche Meinung denn nun "richtig" oder "werthaltig" sei, soll gerade nicht der Staat bestimmen, sondern soll dem Grundrechtsträger selbst vorbehalten bleiben.

3. Der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) ist eröffnet.

Ja, in der Tat!

Eine Meinung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG umfasst das Werturteil. Unter einem Werturteil versteht man jede Äußerung, die durch ein subjektives Element der Stellungnahme oder des Dafürhaltens gekennzeichnet ist, ohne dass es auf die Qualität oder Richtigkeit der Äußerung ankommt. Die Bezeichnung der Farben der Bundesflagge als „schwarz-rot-senf“ lässt eine wertende Stellungnahme des S zur deutschen Bundesflagge erkennen. Auch wenn diese Aussage offensichtlich unrichtig ist - die Farben der Bundesflagge sind schwarz-rot-gold (Art. 22 Abs. 2 GG) -, ist sie als Werturteil durch die Meinungsfreiheit geschützt (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BARB

barbiesalesch

15.8.2023, 11:29:58

Werden die Definitionen für „

Werturteil

“ und „Meinung“ deckungsgleich verwendet?

Querky

Querky

25.10.2023, 13:02:42

Hallo barbiesalesch, ja die beiden Begriffe haben die gleiche Bedeutung und werden deckungsgleich verwendet. LG.

di203

di203

26.2.2025, 15:29:23

Ich sehe das Element der subjektiven Stellungnahme bei einer so kurzen Aussage nicht. Wieso handelt es sich hierbei nicht um eine ungeschützte, erwiesen unwahre Tatsache? Ist das eine Meinung, wenn ich sage, dass Polens Flagge Mayonnaise+Rot ist?🤭

di203

di203

26.2.2025, 15:31:11

Denn die Farben der Bundesflagge sind ja gerade der Wahrheitsprüfung zugänglich...

LELEE

Leo Lee

28.2.2025, 20:26:36

Hallo di203, vielen Dank für die sehr gute und wichtige und vor allem sehr amüsante Frage :D! Eine bewusst unwahre Tatsache ist deshalb etwas schwierig, weil die Farbe der deutschen Flagge - sowie jede Farbe eigentlich - nicht eindeutig als eine bestimmte Sache beschrieben werden kann. Während die Verfassungsgeber ein "Gold" in der Flagge sehen, gibt es auch Menschen, die das lediglich als "gelb" oder eben als "Senf" betrachten. In diesem Fall kommt noch dazu, dass der S staatskritisch ist und bewusst die Begrifflichkeit "Senf" wählt, um seinen Unmut ggü. dem Staat - durch eine gewisse Verächtlichmachung der Flagge als "Senf" - auszudrücken. In demselben Kontext würde nach der dt.

Meinungsfreiheit

der staatskritische S ebenfalls durch das Grundrecht der

Meinungsfreiheit

geschützt, wenn er behauptet, Polens - oder Österreichs - Flagge sei Mayonnaise und Ketchup. I.Ü. kannst du dir merken, dass der SB eines Grundrechts - insb. eines solch wichtigen Grundrechts wie das der

Meinungsfreiheit

- im Grunde immer zu bejahen sein wird, weil man immer auf der Ebene der RF eine Korrektur vornehmen kann; das macht das BVerfG auch so (Stichwort in dubio pro libertate) ;)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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