Miteigentum als „ein die Veräußerung hinderndes Recht“


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S und D schaffen sich gemeinsam einen zweiten Fernseher für ihre WG-Küche an. Weil sie noch streichen müssen, stellen sie ihn erst im Zimmer des S ab. G lässt eine Forderung gegen S vollstrecken und den Fernseher pfänden. D wehrt sich mit der Behauptung, sie sei Miteigentümerin.

Einordnung des Falls

Miteigentum als „ein die Veräußerung hinderndes Recht“

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D kann mit der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) gegen die Pfändung vorgehen.

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Nein!

Die Vollstreckungserinnerung ist nur statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsorgans mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. Sie kann grundsätzlich nicht auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt werden. Das Vollstreckungsorgan kann und soll materielle Rechtsfragen nicht prüfen. Die Eigentumsverhältnisse an dem Fernseher sind aber eine solche materiell-rechtliche Frage. Weil der Fernseher im Zimmer des S steht und D daher keinen Mitgewahrsam hat, verstößt der Gerichtsvollzieher auch nicht gegen § 809 ZPO.

2. Für D ist die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) zulässig.

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Genau, so ist das!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Zuständigkeit des Gerichts, (3) Rechtsschutzbedürfnis. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) ist statthaft, wenn der Kläger als Dritter ein die Veräußerung hinderndes Recht (Interventionsrecht) geltend macht (§ 771 Abs. 1 ZPO). Das behauptete (Mit-)Eigentum der D stellt ein solches Interventionsrecht dar. Ob das Eigentum und damit das Interventionsrecht tatsächlich besteht, prüfst Du in der Begründetheit.

3. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) ist begründet. Das Miteigentum der D an dem Fernseher genügt dafür.

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Ja, in der Tat!

Das Miteigentum unterscheidet sich vom Alleineigentum allein dadurch, dass die Sache mehreren gehört. Es ist aber trotzdem kein „Eigentum zweiter Klasse“. Würde der Fernseher im Rahmen der Zwangsvollstreckung verwertet (versteigert), würde D ihr (Mit-)Eigentum an ihm verlieren. Diesen Rechtsverlust kann sie mit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) erfolgreich verhindern. Ihr Miteigentum an dem Fernseher reicht daher für die Begründetheit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) aus.

4. Für die Tatsache, dass D Miteigentümerin des Fernsehers ist, trägt D im Prozess die Beweislast.

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Ja!

Nach den allgemeinen Regeln trägt derjenige, der im Prozess eine für ihn günstige Tatsache behauptet, für diese die Darlegungs- und Beweislast. Das von D behauptete Miteigentum an dem Fernseher ist für sie günstig, denn bei seinem Vorliegen besteht ein Interventionsrecht (§ 771 Abs. 1 ZPO) und die Klage der D ist begründet. D trägt daher die Darlegungs- und Beweislast. Den Beweis für ihr Miteigentum kann sie in der Praxis beispielsweise durch das Zeugnis des S und/oder den Kaufbeleg bzw. Zahlungen von ihr an S oder umgekehrt erbringen.

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